Mehr als 100 Ausstellungen, zahlreiche Konzerte, Lesungen, Vorträge, Präsentationen, Kurse, Führungen und Filmabende zeigen: Vor 40 Jahren entwickelte sich im Weiler Laubbach, der zu Ostrach gehört, ein kultureller Hotspot, das Atelier Laubbach. Nun schließt das Galeristenehepaar Sigrid und Peter Weydemann Ende des Monats den Galeriebetrieb. Der Druckgrafiker Peter Weydemann möchte sich wieder stärker auf sein eigenes Schaffen konzentrieren. Der Skulpturenpark hinter dem Haus bleibt bestehen und kann jederzeit besucht werden.

Zufall führte das Ehepaar nach Laubbach

Dass Weydemanns 1978 in Laubbach landeten, ist ein für die Region glücklicher Zufall. Klar war beiden, dass sie nicht im aufregenden und damals noch geteilten Berlin bleiben wollten, wo sie geboren wurden und studierten. Am Bodensee lebten Freunde, in deren Nähe es sie zog. In Laubbach fanden sie einen Platz, an dem der freischaffende Maler und Grafiker Raum und Umfeld für seine Arbeit bekam. Sigrid Weydemann startete als Gymnasiallehrerin für Deutsch und Biologie in Wilhelmsdorf. Insofern gehörten die Pädagogik, die Kunstvermittlung und das Kunstschaffen bei beiden immer zusammen.

Heimatgeschichte als Türöffner

Vor 40 Jahren gab es für Künstler in Oberschwaben kaum Galerien und Museen, in denen sie ihre Werke zeigen konnten. Darum beschlossen Sigrid und Peter Weydemann, eine eigene Galerie zu eröffnen, das Atelier Laubbach. 1985 startete es dann in der neben dem Wohnhaus erbauten Werkstatt als nicht kommerzieller Ort der kulturellen Begegnung und des künstlerischen Austauschs.

Die Druckstöcke haben als Skulptur eine ganz eigene Ästhetik. Diese Ausstellung endet am Wochenende 29. und 30. Juni.
Die Druckstöcke haben als Skulptur eine ganz eigene Ästhetik. Diese Ausstellung endet am Wochenende 29. und 30. Juni. | Bild: Michelberger, Isabell

Die erste Ausstellung zeigte Fotografien des Künstlers Ferdinand Joesten, ein knappes Jahr später widmete sich die zweite Schau der Geschichte Laubbachs. Hierfür hatte Sigrid Weydemann, teilweise zusammen mit Schülern, lange in Archiven recherchiert. „Wir haben zu jeder Familie in Laubbach etwas herausgefunden“, erzählt sie noch immer mit Freude. Vor allem war diese Ausstellung der große Türöffner für das ganze Dorf, das seine Geschichte nachvollziehen konnte und darüber miteinander in Austausch kam. „Wir sind im Ort von Anfang an positiv aufgenommen worden. Alle waren immer freundlich und hilfsbereit“, bestätigt Sigrid Weydemann den guten Zusammenhalt. Sowohl die Kunst von Peter Weydemann erfuhr vor Ort Wertschätzung als auch die verschiedenen Ausstellungen.

Überregionale professionelle Kunst

Fünf Jahre habe es gedauert, bis sich ein großes Stammpublikum entwickelte. „Wir wollten keine Galerie für Regionalkunst sein“, erläutert Peter Weydemann. Die Galerie sollte überregionale professionelle Kunst zeigen mit dem Schwerpunkt auf das Figürliche. Etliche Künstler, deren Arbeiten im Atelier Laubbach zu sehen waren, leben in Weydemanns alter Heimat Berlin. Das liege auch daran, dass in der ehemaligen DDR der Schwerpunkt auf Grafik und Druckgrafik lag. Mit den Jahrzehnten entwickelte die Galerie einen solch guten Ruf, dass sich Kunstschaffende aus ganz Deutschland für eine Ausstellung bewarben.

Lockere Atmosphäre und Verkauf bis zum letzten Tag

Nach dem Vorteil einer ländlichen Galerie befragt, erklärt Peter Weydemann, dass es in den Galerien der Großstädte viel Laufpublikum gebe, die mal schnell hereinkommen und auch schnell wieder gehen. Die Weydemanns hingegen freuen sich darüber, dass bei ihnen die Gäste lange vor den Bildern oder Plastiken stehen, um sie zu betrachten. Wenn in einer Stadtgalerie die Eröffnung kein Erfolg sei, auch nicht kommerziell, sei die ganze Ausstellung schon gelaufen. „Wir verkaufen hingegen bis zum letzten Tag“, berichtet Sigrid Weydemann. „Wir werden über die gesamte Ausstellungszeit hinweg gleichmäßig besucht“, ergänzt ihr Mann. Bei der Eröffnung setzten sie nie auf große Reden und Bilderklärungen, sondern brachten in lockerer Atmosphäre die Kunstschaffenden untereinander und mit dem Publikum ins Gespräch. Das schätzen die Gäste.

Galerie bedeutet riesigen Zeit- und Arbeitsaufwand

In 40 Jahren habe sich in Bezug auf den Kunstkonsum einiges verändert. Früher hätten Interessierte mehr für die Schublade gekauft und gesammelt. Heute möchten die Leute verstärkt ihre Wohnung mit Kunst gestalten.

Sigrid und Peter Weydemann freuen sich nach wie vor über Interessierte, die ihr Skulpturenfeld in Laubbach besuchen.
Sigrid und Peter Weydemann freuen sich nach wie vor über Interessierte, die ihr Skulpturenfeld in Laubbach besuchen. | Bild: Michelberger, Isabell

Fragt man das Galeristenehepaar, ob sie es heute jemandem empfehlen würden, eine Galerie zu eröffnen, sind sie geteilter Meinung. Zum einen bedeute es einen riesigen Zeit- und Arbeitsaufwand, der sich finanziell nicht wirklich lohne, wenn man fair mit den Künstlern umgehe und keine Prominenten ausstelle. Zum anderen seien die Kontakte, die Beschäftigung mit den Themen und Menschen äußerst anregend. „Es war eine tolle Zeit“, sind sich beide einig. Die wertvolle kulturelle Tätigkeit und das soziale Engagement der Weydemanns, die auch Kinder an die Kunst heranführten, zeichneten zurecht das Kulturforum Landkreis Sigmaringen und die Volks- und Raiffeisenbanken im Landkreis Sigmaringen im Jahr 2018 mit dem 10. Kulturpreis des Dreiländerkreises Sigmaringen aus.

Zurzeit wird Druckgrafik von Peter Weydemann gezeigt

Peter Weydemann widmet sich nach Beendigung der Galeristentätigkeit konzentriert seiner Kunst-Werkstatt und den eigenen Werken.
Peter Weydemann widmet sich nach Beendigung der Galeristentätigkeit konzentriert seiner Kunst-Werkstatt und den eigenen Werken. | Bild: Michelberger, Isabell

Diese Ausstellung geht am Wochenende 29. und 30. Juni zu Ende. Wie gewohnt werden Sigrid und Peter Weydemann an beiden Tagen von 11 bis 18 Uhr persönlich in der Ausstellung sein, um sich von den Stammgästen, den Besuchern der Galerie sowie den Freunden entsprechend ihres Mottos „Kunst im Dialog“ zu verabschieden.