Bis vor einem Jahr war er als Generalinspekteur der Bundeswehr der ranghöchste Soldat Deutschlands, und heute reist der einstige oberste Bürger in Uniform nach eigenen Angaben durch Deutschland, um den Bürgern die Sicherheitspolitik näher zu bringen. Eberhard Zorn, General a.D., der mit Amtsantritt von Verteidigungsminister Boris Pistorius seinen militärischen Spitzenposten verloren hat, referierte beim Neujahrsempfang in der Stadthalle über „Wehrhaftigkeit-Resilienz-Nachhaltigkeit: Welche Beiträge leistet die Bundeswehr zur integrierten Sicherheit?“
Sicherheitsstrategie ohne Kostenpläne
Die Bundesregierung habe 2023 zwar eine 90-seitige nationalen Sicherheitsstrategie vorgelegt, allerdings ohne Zeit- und Kostenpläne, fordert Zorn von der Politik jetzt Entscheidungen. Der Ukraine-Kriege befinde sich in der Phase eines Abnutzungskriegs mit einer 1200 Kilometer langen Frontlinie, rechnet der Ex-General damit, dass dieser Krieg noch länger dauert.

Sorgen bereitet ihm, dass die Wirtschaftssanktionen gegen Russland zunehmend unterlaufen werden. Der Putin-Staat wird von der Nato ausdrücklich als „größte Bedrohung“ bezeichnet. Zorn schätzt, dass Russland fünf bis zehn Jahre benötige, um seine militärische Schlagkraft wieder zu erlangen, demnach müssten Deutschland und die Nato bis 2028 die eigene Wehrhaftigkeit herstellen. Zudem verfolge China das Ziel, mit 2,5 Millionen Soldaten die weltgrößte Armee aufzubauen, wobei das „Land der Mitte“ schon jetzt über die größte Flotte verfüge. Ab 2026 sei China in der Lage, militärisch tätig zu werden: „Deshalb brauchen wir Entscheidungen, und zwar jetzt.“
General nennt benennt Kosten für die Bundeswehr
Die Aufrüstung der Bundeswehr kostet viel Geld, bezifferte Zorn allein die Ausgaben für Munition bis 2031 auf 31 Milliarden Euro. Die Sanierung der 300 Bundeswehrstandorte und 1500 Liegenschaften bis 2040 verschlinge weitere 55 Milliarden Euro. Und um gleichzeitig die klimapolitischen Ziele zu erreichen, benötige man weitere 25 Milliarden Euro. Die Wehrbeauftragte Eva Högl hat nach Angaben von Zorn den Finanzbedarf der Bundeswehr sogar auf 300 Milliarden Euro taxiert.
Forderung nach einer wehrhaften Demokratie
Optimistisch ist er bezüglich des „100-Milliarden-Euro-Sondervermögens“, wo man schon zwei Drittel der Projekte unter Vertrag habe und bis Ende 2024 den Rest. Aber deren Umsetzung werde man erst 2030 bis 2035 spüren.
Zudem habe sich die Verfahrensdauer innerhalb der Bundeswehr um drei bis sechs Monate beschleunigt. Derzeit befinden sich 2200 Soldaten in weltweit 17 Einsätzen und die Bundeswehr stellt rund 16.000 Soldaten für die Nato ab und die geplante Aufstellung einer Brigade in Litauen könnte 2027 abgeschlossen sein. Die Gesellschaft habe die schwierige sicherheitspolitische Lage durchaus erkannt, aber die Politik müsse mehr erklären, fordert Zorn auch beim Thema „Wehr- oder Dienstpflicht“ einer breitere politische Diskussion im Bundestag. Er könne sich eine einjährige Dienstpflicht für alle mit Wahlmöglichkeit vorstellen. „Wir brauchen eine wehrhafte Demokratie nach innen und außen“, schloss er seinen Vortrag, den die Besucher mit viel Beifall quittierten.