Josef Glovotz wäre am 23. Juli 104 Jahre alt geworden. Der älteste Einwohner Pfullendorfs ist am Mittwochmorgen in einem Pfullendorfer Pflegeheim verstorben. Bis zuletzt war er geistig fit und spielte mit seinem Freund Ekkehard Busson aus Frickingen noch regelmäßig Schach. „Er war ein fröhlicher Mann, der bis zuletzt geistig fit war“, erzählt Busson im Gespräch mit dieser Zeitung. Josef Glovotz sorgte 2019 überregional für Schlagzeilen, als er seinen 100. Geburtstag in der Linzgaustadt feierte und den Gästen Artistik vorführte. Dabei schwebte der Hundertjährige über dem Küchentisch.

Als Hundertjähriger noch im eigenen Haushalt

Damals lebte der Verstorbene noch in seiner eigenen Wohnung und wurde lediglich durch einen ambulanten Dienst im Haushalt unterstützt. Gekocht hat er als 100-Jähriger noch selbst. „Ich koche natürlich selbst“, sagte er dem SÜDKURIER-Mitarbeiter, der ihn anlässlich seines Geburtstags zu Hause besuchte. Damals schwebte der Jubilar über seinem Küchentisch waagrecht, nur gestützt auf seine beiden Arme. Fitter als mancher 50-Jähriger, wurde er beschrieben. Abgesehen vom nachlassenden Gehör schwärmte Josef Glovotz damals von seiner ausgezeichneten Gesundheit.

„Bewegung hält fit“, zeigte sich der Hundertjährige 2019 überzeugt.
„Bewegung hält fit“, zeigte sich der Hundertjährige 2019 überzeugt. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

Ein halbes Gläschen Ramazzotti zum Essen

Das Lebenselixier des Hundertjährigen damals: vor dem Essen ein halbes Gläschen Ramazotti und zum Essen gern mal ein Glas Rotwein. Als seine Kräfte nachließen, zog er in eine Pfullendorfer Pflegeeinrichtung, war nach Angaben von Ekkehard Busson aber geistig fit genug, um regelmäßig Schach mit ihm zu spielen. Die Freundschaft lebte nach der SÜDKURIER-Berichterstattung über den Geburtstag des Hundertjährigen wieder auf. Gekannt haben sich die beiden Schachspieler schon viel länger. „Als Rentner hatte ich Zeit, ihn regelmäßig zu besuchen und mit ihm eine Partie zu spielen“. Dabei plauderten sie auch über die bewegte Lebensgeschichte von Josef Glovotz, der aus Ungarn stammte.

Der Verstorbene stammt aus Ungarn

Der Verstorbene wurde am 23. Juli 1920 im ungarischen Belapatvalva geboren. 1924 zog die Familie nach Budapest, wo Josef Glovotz den Beruf des Werkzeugmachers erlernt hat. Schon mit 13 Jahren entdeckte er seine Liebe zur Lyrik. Seine Verse erschienen in diversen Anthologien in ungarischer Sprache. Außerdem veröffentlichte er einen eigenen Gedichtband unter dem Titel „Lebensblätter“ in deutscher Sprache. Es sind Geschichten über die Liebe und das Leben, das für Glovotz christlich geprägt war. Glovotz war seit 1955 Mitglied der Glaubensgemeinschaft Zeugen Jehovas.

1941 lebte der Jubilar noch in Ungarn.
1941 lebte der Jubilar noch in Ungarn. | Bild: privat

Josef Glovotz war im Konzentrationslager

Wegen seiner freiheitlichen Ideale war er 1944 in das Konzentrationslager Dachau verschleppt worden. Später kam er in die Außenstelle nach Spaichingen, wo er Zwangsarbeit leisten musste. Am 18. April 1945 mussten die Gefangenen zu einem Fußmarsch nach Denkingen aufbrechen. Es handelte sich dabei um einen der sogenannten Todesmärsche. Wegen Entkräftung ließen die SS-Männer einige Gefangene, darunter auch den Ungarn, zurück und sperrten sie in einem kleinen Raum neben dem Feuerwehrgerätehaus ein. Am nächsten Tag kamen zwei SS-Männer zurück und überließen den Schlüssel einem Kaufmann, mit dem Hinweis, dass sie wiederkommen. Allerdings mussten sie vor den anrückenden Alliierten fliehen. Das rettete Josef Glovotz und einigen anderen Häftlingen das Leben. Nach sieben Wochen im Krankenhaus wurde Glovotz entlassen und fand Arbeit in einem Landmaschinenbetrieb in Waldbeuren.

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Von Pfullendorf nach Venezuela und zurück

1950 heiratete er in Pfullendorf Gretel Gonschorek. Das Paar wanderte nach Venezuela aus, wo 1951 Sohn Peter zur Welt kam. Einige Jahre später zog die Familie zurück in den Linzgau und Pfullendorf wurde endgültig zur Heimat des Ungarn. 1955 kam Tochter Roswitha zur Welt. Der Werkzeugmacher arbeitete viele Jahre bei der Maschinenfabrik Roßknecht, die heute längst nicht mehr existiert. Neben dem Schach spielen verbrachte Josef Glovotz viel Zeit mit lesen sowie der Musik. Geistig hielt er sich zudem mit dem Schachspielen fit. „Es ist bemerkenswert, dass man mit 103 Jahren noch Schach spielen kann“, schwärmt sein Freund Busson, der ihn auch während der Pandemie weiterhin besuchte – sofern möglich. Auch das Weltgeschehen habe er noch lange verfolgt, erzählt er. Die Frau von Josef Glovotz verstarb bereits vor 20 Jahren. Sie war seine große Stütze und Lebensliebe, wie er einmal sagte. Nun ist auch Josef Glovotz verstorben.

Ein glückliches Paar im Jahr 1951: Gretel und Josef Glovotz (von rechts).
Ein glückliches Paar im Jahr 1951: Gretel und Josef Glovotz (von rechts). | Bild: privat