In einem Pressegespräch bezifferte Stadtwerkechef Jörg-Arne Bias die Mehrkosten für einen vierköpfigen Durchschnittshaushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden auf 1000 bis 1600 Euro. Beim Gas müssen die Kunden bei einem Jahresverbrauch von 18 000 Kilowattstunden mit Mehrkosten von 1000 bis 1200 Euro rechnen. Im Oktober erfolgt die endgültige Kalkulation für das neue Geschäftsjahr, die vom Aufsichtsrat der Stadtwerke Pfullendorf GmbH noch verabschiedet werden muss.

Spekulanten sind am Energiemarkt aktiv

Die aktuellen Entwicklungen an Energiebörsen bezeichneten Bias wie auch Bürgermeister Thomas Kugler als „bizarr“ und „verrückt.“ Nach Angaben des Stadtwerkechefs sind längst Spekulanten in den Strommarkt eingestiegen und sorgen für explodierende Kosten beim Strom, begünstigt durch eine seit Jahrzehnten geltende Preisfeststellung, die auf der letzten zugekauften Einheit basiert. Wenn es an der Börse keine günstig erzeugten Mengen aus Biogas-, Wind- Photovoltaik-, Kohle- oder Atomstrom mehr gibt, sondern nur noch von Gaskraftwerken produzierten Strom, dann explodiert der Preis. Denn wegen der Gasknappheit ist das verstromte Gas besonders teuer. Die Politik könnte diesen Preismechanismus ändern, tut es aber nicht, denn man wolle nicht in den Markt eingreifen.

Quersubventionierung von Freibad und Parkhaus durch die Stadtwerke

„Energieversorgung hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun“, gerät Stadtwerkechef Bias schier in Rage, denn Energie gehöre wie Wasser zur Grundversorgung der Menschen, die der Staat garantieren müsse und nicht gewinnorientierte Unternehmen. Dass die Stadtwerke auch Gewinne erzielen, ist für Bias und Kugler kein Widerspruch, denn dank dieser Erlöse könne man das Freibad oder auch das städtische Parkhaus betreiben, die ansonsten durch höhere Steuern finanziert werden müssten. Für die Preiserhöhung beim Gas ist auch die von die Bundesregierung beschlossene Gasumlage von 2,4 Cent je Kilowattstunde verantwortlich. Denn ab 1. Oktober dürfen Lieferanten die Umlage als Kosten an die Verbraucher weitergeben. Als Entlastung hat die Regierung entschieden, statt die Mehrwertsteuer für Gas von 19 auf sieben Prozent zu senken. Nach Ansicht von Jörg-Arne Bias hätte man diese Reduktion rückwirkend zum 1. Januar 2022 machen sollen, was die Entlastungswirkung vergrößert hätte.

Stadtwerke wollen Photovoltaik weiter ausbauen

Deutlich machen Bias und Kugler, dass die Preissteigerungen noch höher wären, wenn die Stadtwerke nicht seit Jahren den Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben hätten, die aktuell etwa 60 Prozent zur Stromerzeugung beitragen. Konkret beziffern lasse sich dieser „Dämpfungseffekt“ nicht, verweist der Stadtwerkechef auf eine SÜDKURIER-Frage, dass man mit dem Bau einer Freiflächenphotovoltaikanlage im Gewann „Hülsten“, unterhalb des Wohngebietes „Vogelsang“, die Energiewende in Pfullendorf sowie die Autarkie bei der Energieversorgung aber weiter voranbringe. Mit der Anlage, die im Januar 2023 gebaut und im März 2023 in Betrieb gehen soll, könne man den Strombedarf von 700 Haushalten abdecken und spare jährlich 1200 Tonnen CO2 ein.

Installation von privaten Photovoltaikanlagen wird begrüßt

Die Stadtwerke wollen die Photovoltaik weiter ausbauen und deshalb gibt es vom Geschäftsführer ein klares Ja auf die Frage, ob das Stadtwerkenetz auch viele zusätzliche private PV-Anlagen aufnehmen könne. Wobei Privatanlagen zuerst für den Eigenverbrauch genutzt werden sollten. Überhaupt macht aus seiner Sicht jede Mini-PV-Anlage, die betrieben wird, durchaus Sinn, und wenn die Strommenge nur für den Fernsehbetrieb reiche oder zum Aufladen von Mobilfunkgeräten.

Appell zum Energiesparen

Abschließend appellierten Bias und Kugler an die Verbraucher, jede Einsparmöglichkeit beim Energieverbrauch zu nutzen. Denn die eigentliche Belastungssituation komme erst noch, da die aktuellen Preisschockwellen den Verbraucher noch nicht erreicht hätten.