Was vor Jahren noch undenkbar erschien, wurde in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates binnen weniger Minuten im Prinzip einstimmig beschlossen – Pfullendorf bekommt eine Gemeinschaftsschule. Die Sechslindenschule wird einem Veränderungsprozess unterworfen, Konzepte müssen erstellt und entsprechende Verfahrensschritte eingeleitet werden. Die Neuausrichtung der bisherigen Werkrealschule ist die Konsequenz aus der Änderung des Schulgesetzes, die von der grün-schwarzen Landesregierung beziehungsweise dem Landtag beschlossen oder wie Kritiker monieren, durchgedrückt wurde.

Mindestzahl wird erreicht

In Baden-Württemberg wird es keinen Werkrealschulabschluss geben, gleichwohl können entsprechende Schulstandorte erhalten bleiben. Als „Mogelpackung“ bezeichnete denn auch Bürgermeister Ralph Gerster solche Verlautbarungen der Landespolitiker. Klar ist, dass die Werkrealschule mit sinkenden Anmeldezahlen für die Fünftklässler zu kämpfen hat, wie Rektor Frank Höller ausführte. Im Schuljahr 2023/24 meldeten lediglich ein Dutzend Eltern ihre Kinder an und Stand Mai 2025, erreichte man die Mindestzahl von 16. Das Schulgesetz gibt vor, dass, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Jahren diese Mindestzahl nicht erreicht wird, im Prinzip die Schule aufgelöst werden muss, wobei es in wenigen Fällen auch Ausnahmegenehmigungen gibt.

Neue Konzepte und Angebote

Schulleiter Höller erläuterte, dass die Sechslindenschule mit neuen Konzepten und Angeboten gegensteuerte, um die Attraktivität zu erhöhen und die Anmeldezahlen zu erhöhen. Für die Fünftklässler wurden beispielsweise Förderstunden angeboten. „Und unser Trumpf war der Werkrealabschluss“, erklärte Höller, dass die Schulgesetzänderung deshalb der „Todesstoß“ war. Eine Lösung wäre, dass die Sechslindenschule mit der Realschule einen Verbund bildet, was aufgrund der räumlichen Entfernung im Prinzip nicht möglich ist. „Ein Verbund ist nur an einem Standort umsetzbar“, ist Höller überzeugt.

Einzige Möglichkeit

Wenn man die Anmeldezahlen nicht erreicht, bedeute dies in letzter Konsequenz, dass der Schulstandort wegfalle und Pfullendorf keine Schule mit Ganztagsbetrieb hätte. Deshalb verbleibt auch für den Rektor der Sechslindenschule die Entwicklung hin zur Ganztagsschule als einzige Möglichkeit.

„Es war gut, dass wir uns Zeit genommen haben.“
Ralph Gerster, Bürgermeister

Bürgermeister Gerster hatte zu Beginn auch auf die bestehende Platznot der Realschule hingewiesen, die beim Wegfall des Sechslindenschulstandorts noch größer würde. „Es war gut, dass wir uns Zeit genommen haben“, erklärte er mit Blick auf die Pläne, die vor einigen Jahren mit der Etablierung einer großen Verbundlösung mitsamt millionenschwerer Um- und Neubauten am Schulstandort Sechslinden geschmiedet worden waren.

CDU ist kein Befürworter

Nach dem Bekenntnis von Rektor und Bürgermeister pro Gemeinschaftsschule trugen die Sprecher der Ratsfraktionen ihre Statements vor. „Wir wollen keine Schule verlieren“, bezeichnete Philipp Dürr für die CDU die Entscheidung für eine Gemeinschaftsschule als alternativlos. Seine Partei sei bekanntlich kein Befürworter dieser Schulform, aber es gelte eine Entscheidung für Pfullendorf zu treffen, um die Vielgliedrigkeit der Schullandschaft zu erhalten.

„Das ist ein typisches Beispiel für den Regierungsstil von oben nach unten.“
Thomas Jacob, Fraktionsvorsitzender Freie Wähler

„Das ist ein typisches Beispiel für den Regierungsstil von oben nach unten“, titulierte FW-Fraktionschef Thomas Jacob die Schulgesetzänderung des Landtages, die nun von den Kommunen umgesetzt werden müsse. Man reckt eine Hand zustimmend nach oben, während die andere zur Faust geballt in der Tasche bleibe. Auch Jacob bezeichnete die Zustimmung als alternativlos.

Eine Enthaltung

UL-Sprecher Michael Zoller konstatierte, dass in vielen Gemeinschaftsschulen gute Arbeit geleistet werde und seine Fraktion zustimme. Nur sein Ratskollege Thomas Aberle enthielt sich bei der Abstimmung als einziges Gremiumsmitglied. Bürgermeister Gerster machte klar, dass Pfullendorf bei der Umsetzung der Gemeinschaftsschule die versprochene Unterstützung von Schulamt, Landtag und Landesregierung einfordern wird.