Viel Fläche, viele Räume, altersgerechtes Mobiliar, behindertengerechte Mobilitätshilfen, eine Gemeinschaftsküche und ein motiviertes Team erwartet die Gäste des Tagestreffs St. Elisabeth, der am 6. April offiziell eröffnet wird. Bei einem Rundgang durch die 365 Quadratmeter im ersten Obergeschoss des Gebäudes mit Eingang an der Unteren Hauptstraße erklären Pflegedienstleiterin Melanie Reimer und Tagestreffleiterin Sonia Heckele die Räumlichkeiten samt Konzeption.
Wegen Corona Zugang über den hinteren Eingang
Coronabedingt ist der Treff derzeit nur über den hinteren Eingang zu erreichen, und ein neuer Lift ermöglicht auch Rollstuhlfahrern den Zugang. Stühle, Tische und Ruhesessel stehen in vielen Räumen, in der Küche kann gemeinsam gekocht oder auch gefrühstückt werden. „Wir haben hier viele Möglichkeiten. Von der Einzelbetreuung, Kleingruppe bis zum gemütlichen Zusammensein in der Gruppe“, erklärt Melanie Reimer, seit vier Jahren Pflegedienstleiterin bei der Sozialstation St. Elisabeth. Die ausgebildete gerontopsychiatrische Fachkraft hat ihr Know-How bei der Entwicklung eines Konzepts für Demenzkranke eingebracht, die auch im Tagestreff betreut werden sollen.

Therapiehund ist Teil des Beteuungskonzepts
Derzeit wird ein Therapiehund ausgebildet, der später im Tagestreff eingesetzt wird. „Tiere lösen bei Demenzkranken Emotionen aus, wecken Kindheitserinnerungen und die Menschen werden ruhiger“, berichtet Melanie Reimer aus ihrer jahrelangen Praxis. Als „Türöffner“ bezeichnet sie Tiere, die mithelfen, dass die Erkrankten wieder Vertrauen zu den Menschen aufbauten.

Überzeugend erklärt die Fachfrau, dass viele Demenzkranke in ihrer vertrauten Umgebung durchaus zurechtkommen: „Sie kennen sich aus und die Automatismen greifen.“ Das tatsächliche Ausmaß der Krankheit zeige sich oft, wenn Betroffene umziehen oder ins Krankenhaus müssen. Aber die Mehrzahl der Menschen komme klar und gefährdet seien nur wenige. Ein Therapieansatz bei Demenzkranken ist Biografiearbeit, das heißt, man beschäftigt sich mit dem Leben der Menschen, deren Unruhe oder schier endlose Frage- und Kommunikationsschleifen einen Grund habe. Melanie Reimer erzählt von einem demenzkranken Mann, der immer forderte, dass er „runter wolle“ obwohl er im Erdgeschoss lebte. Es stellte sich heraus, dass er früher gern im Garten arbeitete, und in seinem ehemaligen Wohnhaus nach „unten“ musste, um in den Garten zu kommen: „Wir sind mit ihm im Aufzug in den ersten Stock gefahren, dann wieder runter. Er hat zwar weiter gefragt, aber deutlich weniger und er wurde ruhiger.“
Sozialstation betreut insgesamt 615 Menschen
Dass man coronabedingt nur mit zehn Tagesgästen starten kann, birgt für Leiterin Sonia Heckele den Vorteil, dass das vierköpfige Betreuungsteam die Arbeitsabläufe einüben, und so Routine vorhanden ist, wenn die Gästezahl auf die geplanten 20 Frauen und Männer steigt, wobei sich entsprechend auch die Zahl der Pflegekräfte erhöhen wird. Bevor ein Gast die neuen Räumlichkeiten nutzt, steht ein Hausbesuch der Pflegedienstleitung an, um Betroffene und Angehörigen kennenzulernen. In ihrem Einzugsgebiet Pfullendorf, Ostrach und Wald betreuen die Mitarbeiter der Sozialstation derzeit übrigens 615 Personen.
Auf die SÜDKURIER-Frage, was denn der Aufenthalt im Tagestreff kostet, erläutert Leiterin Reimer die Kosten anhand eines Klienten, der in Pflegegrad 2 eingestuft ist und zuhause gepflegt wird. Wenn Angehörige diese Pflege übernehmen, erhalten sie monatlich 689 Euro von der Pflegekasse. Zusätzlich hat der Pflegebedürftige monatlich Anspruch auf dieselbe Summe, also 689 Euro, um Dienste wie die Tagespflege in Anspruch zu nehmen. „Das heißt, die Kosten für die Tagespflege wird Angehörigen nicht von dem Monatsbetrag abgezogen“, kennt die Pflegedienstleiterin solche Befürchtungen. Als Pauschale für den Besuch einer Tagespflege sind 93 Euro festgesetzt, demnach könnte jemand mit Pflegegrad 2 etwa sieben Tage monatlich diesen Dienst nutzen.
Kostenverhandlungen mit den Pflegekassen
Allerdings sind mit diesem Betrag nicht alle Kosten gedeckt, so wie für Essen, Fahrdienst und Investitionskostenanteil. Deshalb muss der Betroffene zusätzlich einen eigenen Beitrag leisten. Wenn jemand einmal pro Woche, also vier Mal im Monat, den Tagestreff St. Elisabeth besucht, muss er insgesamt etwa 136 Euro selbst zahlen, rechnen Reimer und Heckele vor. Nach ihren Angaben laufen derzeit noch die Kostenverhandlungen mit den Pflegekassen. Denn klar ist, dass es zur Umsetzung des speziellen Demenz-Konzepts mehr und besser qualifiziertes Personal braucht, was wiederum mehr Geld kostet. Abhängig von diesen Kostenträgerverhandlungen ist, ob die Gästezahl künftig bei 20 oder weniger liegen wird.