Im Tarifstreit im öffentlichen Dienst hat es eine Einigung gegeben. Der SÜDKURIER sprach mit den Kämmerern in Pfullendorf, Wald, Herdwangen-Schönach und Illmensee über daraus resultierenden zusätzlichen Personalkosten und wie sie das in den Tarifverhandlungen erzielte Ergebnis bewerten.

290 Mitarbeiter der Stadt Pfullendorf betroffen

In Pfullendorf ist Kämmerer Michael Traub Herr der Zahlen des städtischen Haushalts. Gemeinsam mit Hauptamtsleiter Simon Klaiber teilt er mit, dass bei der Stadt 290 Mitarbeiter von den Tarifabschlüssen betroffen seien. Die Mehrkosten seien nicht gering: „Nach einer überschlägigen Rechnung gehen wir im Jahr 2023 von Mehraufwendungen in Höhe von rund 430.000 Euro aus“, hat Traub errechnet.

Aktuell kein Rotstift bei den Investitionen

Mit Mehrkosten habe man im aktuellen Haushaltsplan bereits kalkuliert. Für das laufende Jahr 2023 gebe es deshalb keine Auswirkungen; für das kommende Jahr 2024 rechnet Traub mit 300.000 Euro Mehrkosten. Die Frage, ob deshalb bei geplanten Investitionen in diesem Jahr der Rotstift angesetzt werden müsse, verneint der Kämmerer. Auch Gebührenerhöhungen seien zum jetzigen Zeitpunkt nicht geplant. Als Kämmerer findet Traub die Erhöhungen gerechtfertigt.

Übertragung auf die Beamten geplant

In Wald ist Kämmerer Tobias Keller für die Finanzen zuständig. „Aktuell sind 30 Mitarbeiter vom Tarifabschluss betroffen. Da der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst auch auf die Beamten übertragen werden soll, kommen zu einem späteren Zeitpunkt noch drei weitere Mitarbeiter hinzu“, berichtet er.

Tobias Keller, Kämmer der Gemeinde Wald, hält den Tarifabschluss für gerechtfertigt.
Tobias Keller, Kämmer der Gemeinde Wald, hält den Tarifabschluss für gerechtfertigt. | Bild: Gemeinde Wald

Der Inflationsausgleich 2023 wirke sich auf den Haushalt 2023 mit rund 76.800 Euro aus. Im Haushalt 2024 sei mit Mehrkosten von rund 102.000 Euro zu rechnen. „Insgesamt belaufen sich die Mehrkosten für die Jahre 2023 und 2024 auf 178.500 Euro“, rechnet er aus.

Einige Vorhaben sind unter Vorbehalt eingeplant

Im Haushalt 2023 sei eine Tariferhöhung von 3,5 Prozent berücksichtigt. Auf die Frage, ob Investitionen gestrichen werden müssen, berichtet Tobias Keller, dass im Haushalt 2023 mehrere investive Vorhaben unter Vorbehalt eingeplant worden seien. „Dies muss im Einzelfall entschieden werden. Grundsätzlich sind keine weiteren Investitionen durch den Tarifabschluss gefährdet“, informiert Keller.

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Nach seiner Bewertung befragt, meint der Kämmerer, dass aus Sicht der von der Tariferhöhung begünstigten Kollegen bei einer Inflationsrate von derzeit 7,5 Prozent der Tarifabschluss sicherlich gerechtfertigt sei. „Als Kämmerer und damit Hüter der Finanzen ist die Tariferhöhung deutlich kritischer zu betrachten, da sie den Spielraum der Gemeinde für künftige Investitionen, beziehungsweise laufende Unterhaltungsmaßnahmen deutlich einschränkt“, betont er.

47 Mitarbeiter in der Verwaltung von Herdwangen-Schönach betroffen

Andrea Rothmund ist in Herdwangen-Schönach Chefin in Sachen Gemeindefinanzen. 47 Mitarbeiter der Gemeinde seien betroffen. Für 2023 rechnet sie mit rund 100.000 Euro Mehrkosten gegenüber dem Jahr 2022 und für 2024 mit rund 240.000 Euro gegenüber 2022. Im Haushaltsplan 2023 seien sechs Prozent Lohnsteigerung eingeplant. Der Tarifabschluss bringe für 2023 den Inflationsausgleich und erst 2024 weitere Steigerungen.

Andrea Rothmund, Kämmerin von Herdwangen-Schönach begrüßt als Personalverantwortliche den Abschluss.
Andrea Rothmund, Kämmerin von Herdwangen-Schönach begrüßt als Personalverantwortliche den Abschluss. | Bild: Stefanie Lorenz

„2023 bewegt sich damit innerhalb des bereits geplanten Rahmens, sodass dies keine Änderung erforderlich macht“, sagt Rothmund. 2023 müssten keine Investitionen gestrichen werden. „Gebührenerhöhungen ab 2024 können nicht ausgeschlossen werden, allerdings nicht nur wegen gestiegener Personalkosten, sondern auch wegen gestiegener Energiekosten.“

Erhöhungen werden 2024 Ausgabenkürzungen zur Folge haben

Rothmund betont, dass sie als Personalverantwortliche den Abschluss für die Mitarbeiter begrüße. Er sei aufgrund der erhöhten Lebenshaltungskosten sicherlich gerechtfertigt. „Als Kämmerin habe ich allerdings bereits bei der Haushaltsplanung 2023 quer über den Haushalt geprüft, welche Ausgabenansätze gekürzt werden können, um einen Haushaltsausgleich zu erreichen. Die Erhöhungen für 2024 werden weitere Ausgabenkürzungen nach sich ziehen, was eine Herausforderung werden wird“, meint Rothmund.

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Mehraufwand bis Ende 2024 liegt bei rund 100.000 Euro

In Illmensee nimmt Kämmerer Michael Sonntag Stellung. Bei der Gemeinde Illmensee sind 11,64 Stellen betroffen. Überschlägig rechne er mit einem Mehraufwand bis 31. Dezember 2024 von insgesamt 100.000 Euro. Die Mehrkosten verteilen sich auf das Jahr 2023 mit 30.000 Euro und auf das Jahr 2024 mit 70.000 Euro. Mit Mehrkosten habe er schon geplant: „Der Ansatz für die Personalkosten im Haushalt 2023 wird ausreichend sein. Für 2024 wird entsprechend der Ansatz erhöht werden müssen“, so Sonntag. Die Finanzierung der Mehrausgaben in 2024 werde im Rahmen der Haushaltsplanung vorgenommen.

Der Illmenseer Kämmerer Michael Sonntag hofft, dass der Abschluss den öffentlichen Dienst attraktiver machen wird.
Der Illmenseer Kämmerer Michael Sonntag hofft, dass der Abschluss den öffentlichen Dienst attraktiver machen wird. | Bild: Gemeinde Illmensee

„Nach jetzigem Kenntnisstand wird es nicht notwendig sein, Investitionen zu reduzieren. Auch sind keine Steuer- oder Gebührenerhöhungen aufgrund des Tarifabschlusses geplant“, kündigt er an. Sonntag erklärt, dass es als Kämmerer eine Herausforderung sei, solche Tarifabschlüsse im Haushalt darzustellen und zu finanzieren. „Oftmals geschieht dies zu Lasten der Unterhaltungsmaßnahmen, was einen zukünftigen Unterhaltungsstau verursacht. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt“, betont Sonntag.

Tarifabschluss soll Attraktivität erhöhen

Persönlich sehe er, dass es zunehmend schwieriger werde, geeignetes Personal zu finden. „Es gilt zu hoffen, dass ein Tarifabschluss in dieser Höhe die Attraktivität des öffentlichen Dienstes wieder etwas erhöht. Insofern halte ich diesen Abschluss für gerechtfertigt, hoffe aber darauf, dass Verdi aber zukünftig auch die Lasten der Arbeitgeber im Blick hat“, so Sonntag.