Die Firma Steuer etabliert eine neue Bauweise, die Projekte effizienter und wetterunabhängiger realisierbar macht. Dabei basiert die Zukunftsvision auf einer alten Idee: Vorgefertigte Bauteile gibt es schließlich schon lange.
Dirk Baumgärtner, Geschäftsführer der Steuer Bau GmbH, erläutert die Herausforderungen und Chancen dieser innovativen Technik, wobei er als Erstes die Vorteile für die Menschen auf der Baustelle sieht: „Der Bau mit vorgefertigten Modulen reduziert die körperliche Belastung unserer Mitarbeiter deutlich. Auf der Baustelle fallen schwere Arbeiten wie Bücken und Heben weg, weil die Elemente bereits vorgefertigt ankommen und mithilfe von Kränen eingesetzt werden“, erklärt Baumgärtner. „Und die Produktion der Elemente in der blauen Halle geschieht mit viel Maschinenunterstützung und mit deutlich geringerem Körpereinsatz.“
Nachwuchs ist Mangelware
Dies ist ein zentraler Vorteil in einer Branche, die mit drastisch fehlendem Nachwuchs zu kämpfen hat. „Im Moment gibt es gerade noch eine Handvoll Auszubildende im Landkreis, zu meiner Zeit waren wir noch 75 Berufsanfänger, die ins Arbeitsleben gestartet sind. Wir versuchen mit unserer Technologie, diese Lücke zu schließen, die uns in ein paar Jahren massiv treffen wird“, betont er weiter.
„Ja, das stimmt“, bestätigt Petra Schlitt-Kuhnt von der Handwerkskammer Konstanz. „Die Ausbildungszahlen im Maurerhandwerk sind in den letzten Jahren stark rückläufig und nicht mehr mit denen vor 30 Jahren vergleichbar. Aktuell sind im Schwarzwald-Baar Kreis gerade mal acht Personen in der Ausbildung.“
Wetterunabhängig und schnell
Die industrielle Vorfertigung der Baumodule ist aber nicht nur rückenschonend, sondern bedeutet eine signifikante Zeitersparnis auf der Baustelle. So konnte beispielsweise der Rohbau einer Seniorenwohnanlage mit 24 Wohneinheiten in Blumberg in Rekordzeit abgeschlossen werden – trotz Winterwetter. „Mit unserem Ansatz sind wir deutlich unabhängiger von Wetterbedingungen, schließlich können wir die Module in der geheizten Halle zusammenbauen. Das bedeutet geringere Bauzeit und letztlich auch geringere Kosten“, erklärt Baumgärtner.
Ein weiterer Vorteil der modularen Bauweise ist die Flexibilität bei den verwendeten Materialien. „Wir sind nicht an einen bestimmten Hersteller gebunden. Unsere Modulwände können aus verschiedenen Materialien gefertigt werden, je nach den individuellen Anforderungen des Projekts“, so Baumgärtner. „Und wir bauen in die Module auf Wunsch auch gleich Fenster, Rolladenkästen und Stromleitungen ein – und liefern die Elemente auf Wunsch sogar verputzt“.

Ziemlich nachhaltig
Auch in puncto Nachhaltigkeit spielt der neue Ansatz eine besondere Rolle. „Bei der Produktion der Bauelemente entsteht kaum Abfall – außer den Befestigungsbändern aus Metall, die aber problemlos der Wiederverwendung zugeführt werden können“ erläutert Baumgärtner.
Zwar ist die Lieferkette, also die zugekauften Ziegel, an sich nicht CO₂-neutral, aber Steuer setzt auf eine ressourcenschonende und nachhaltige Produktion der Module. Kaum Abfall, keine Emissionen und der Strom der Fußbodenheizung in der blauen Halle kommt von der hauseigenen Solaranlage.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Betrachtung eines kleinen Abschnitts innerhalb der Wertschöpfungskette am Bau zu einer falschen Einschätzung führen kann. Die Nachhaltigkeitsbilanz des Endprodukts ist letztlich maßgeblich, und bis dahin ist noch einiges zu tun.
Innovation am Bau ist zweischneidig
Doch der Einsatz vorgefertigter Module ist nicht nur eine Antwort auf den Fachkräftemangel und die steigenden Baukosten. Baumgärtner sieht darin eine notwendige Modernisierung der Bauindustrie: „Die Massivbauweise hat lange Zeit auf Innovationen verzichtet, während der Holzbau uns in vielen Bereichen überholt hat. Jetzt holen wir auf und bieten eine konkurrenzfähige Alternative, die zudem den hohen Qualitätsansprüchen gerecht wird.“

Trotz der Effizienzsteigerung, die das Unternehmen durch seine Methode erreicht, gibt es überraschenderweise wenig Nachfrage nach schnellen Bauzeiten. „Viele kleinere Bauunternehmen haben aktuell weniger Aufträge und wollen gar keine Effizienzsteigerung“, erläutert Baumgärtner. „Und wenn die Branche wieder Konjunktur hat, fällt denen das hoffentlich nicht auf die Füße“.
Größere Bauprojekte zeigen jedoch, dass die Technologie im industriellen Bau heute bereits hochgeschätzt wird. Hier gibt es einen Bedarf an schnellen und kosteneffizienten Bauweisen, die die modulare Bauweise erfüllt.
Antizyklisch investiert
Für die Zukunft plant das Unternehmen, seine Kapazitäten weiter auszubauen und auch den privaten Wohnungsbau verstärkt mit schlüsselfertigen Lösungen zu bedienen. „Wir haben bereits mehrere Bauprojekte erfolgreich umgesetzt, darunter auch ein großes Wohnprojekt in Radolfzell. Dabei übernehmen wir die gesamte Bauplanung und -ausführung bis hin zur schlüsselfertigen Übergabe“, erklärt Baumgärtner.
Trotz wirtschaftlicher Herausforderungen, wie der zurückgegangenen KfW-Förderung und gestiegenen Zinsen, bleibt Baumgärtner optimistisch: „Wir haben die Entscheidung, in die modulare Bauweise zu investieren, vor Jahren getroffen. Jetzt gilt es, diese Entscheidung weiterzuverfolgen und nicht den Mut zu verlieren. Wir setzen darauf, dass sich die Baukonjunktur bald wieder erholen wird. Und wenn der neue Bedarf dann auf fehlende Fachkräfte trifft, sind wir bestens aufgestellt“.