Der Vorschlag für die Nordumfahrung von Villingen durch den Fortbau der Bundesstraße B523 ist bei regionalen Akteuren unterschiedlich aufgenommen worden.

Während die Stadt Villingen-Schwenningen und die IHK den Vorschlag des Regierungspräsidiums Freiburg für die Anbindung der künftigen Ost-West-Verbindung an die B31 bei Mönchweiler in weiten Teilen begrüßen, spricht sich die Initiative „Nordzubringer Nein Danke“ vehement gegen diesen Vorschlag aus.

Stadt begrüßt Variantenvorschlag weitgehend

„Der geplante Neubau des zweiten Bauabschnitts ist geeignet, zentrale Herausforderungen der Verkehrsbelastung im Stadtgebiet zu adressieren“, heißt es in einer Stellungnahme der Stadtverwaltung. Die jetzt vorgestellte Trasse führe zu wesentlichen Effekten.

Die städtische Pressesprecherin Madlen Falke nennt in diesem Zusammenhang eine erhebliche Entlastung des Nordrings in Villingen, der VS-Stadtteile Weilersbach und Obereschach sowie einiger Streckenabschnitte im innerstädtischen Straßennetz. In einzelnen Ortsdurchfahrten reduziere sich der Verkehr um die Hälfte.

Diese Trassenführung liegt nun auf dem Tisch. Stadt und IHK begrüßen die neue Entwicklung, die Bürgerinitiative Nordzubringer Nein Danke ...
Diese Trassenführung liegt nun auf dem Tisch. Stadt und IHK begrüßen die neue Entwicklung, die Bürgerinitiative Nordzubringer Nein Danke bleibt äußerst skeptisch. | Bild: Schönlein, Ute

Vorteil für städtebauliche Entwicklung

Einen weiteren Vorteil sieht man bei der Stadt darin, dass sich mit einer Umfahrung die städtebauliche Entwicklung im Zentralbereich und hier vor allem im Gebiet Lämmlisgrund, der Salzgrube und im Umfeld des geplanten Freizeitbades entscheidend verbessere.

„Dies betrifft sowohl die Wohnraumentwicklung als auch gewerbliche Potenziale“, betont die Pressesprecherin auf eine entsprechende Anfrage des SÜDKURIER.

Zudem reduziere sich durch die Bündelung des Durchgangsverkehrs das Unfallrisiko in den betroffenen Stadt- und Ortsteilen und schaffe einen höhere Aufenthaltsqualität im Wohnumfeld.

Die Einschränkung

So ganz zufrieden ist man bei der Stadtverwaltung allerdings nicht mit der jetzt favorisierten Variante. „Kritisch zu sehen ist aus Sicht der Stadt, dass die L178 und die K5709 nicht an die neue B523 angebunden werden sollen“, heißt es in der Stellungnahme.

Dies könne zu Verkehrsverlagerungen auf untergeordnete Straßen führen und schränke die Direktanbindung insbesondere aus südlichen und östlichen Richtungen ein.

Doch abgesehen von diesen Bedenken zeigt man sich bei der Stadt zufrieden, dass nun Bewegung in dieses Projekt gerät.

Das Fazit der Stadtverwaltung lautet: Die durchgehende Anbindung der B523 an die B33 führe grundsätzlich zu einer Verbesserung der Verbindung zwischen den Autobahnen A81 und A5 und entlaste damit nicht nur Villingen-Schwenningen, sondern auch die angrenzenden Kommunen und Landstraßen. 

IHK froh über die Fortschritte

Auch bei der regionalen Wirtschaft ist man erleichtert, dass die Planungen auf eine neue Stufe gehoben wurden. „Es geht voran“, sagt Philipp Hilsenbek, Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. Der Infrastrukturausbau werde ernstgenommen.

Er zeigte sich sehr zufrieden mit der Genauigkeit der Planungen, die eine sehr gute Grundlage seien für die Umsetzung des Projekts. Der regionale Schulterschluss für eine entsprechende Lösung habe nun Wirkung gezeigt.

Er nannte in diesem Zusammenhang die Bemühungen der Stadt Villingen-Schwenningen, der Kommunen, der Abgeordneten und der IHK, dieses Verkehrsprojekt voranzutreiben.

Das Thema brennt der regionalen Wirtschaft schon länger unter den Nägeln: Erst im Jahr 2022 erneuerte die Vollversammlung der Kammer ihren Appell, in dieser Sache endlich voranzukommen.

Philipp Hilsenbek, Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg, begrüßt ...
Philipp Hilsenbek, Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg, begrüßt die neuen Vorschläge in Sachen Lückenschluss. | Bild: IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg

Kammer erkennt „gutes Zeichen für das Oberzentrum“

Welche Variante letztlich den Zuschlag erhält, ist aus Sicht Hilsenbeks zweitrangig. Wichtig für die örtliche Wirtschaft sei, dass nun Bewegung in die Sache komme. Gleichzeitig macht er deutlich, dass dieses Verkehrsprojekt nicht nur die Wünsche der Wirtschaft erfülle, sondern auch im öffentlichen Interesse sei.

Pendler kämen damit schneller an, aber auch für den Warenverkehr gebe es Verbesserungen. Die bessere Anbindung an die A5 und die A81 sei ein wichtiger Faktor. „Da kann eine Viertelstunde durchaus einen Unterschied machen“, sagte der IHK-Geschäftsbereichsleiter.

Die aktuellen Pläne sieht man bei der IHK als „gutes Zeichen für das Oberzentrum“ und als ein Motor für die Wertschöpfung dort. Noch steht freilich nicht fest, in welchem Zeitraum das Vorhaben umgesetzt wird. „Wir wünschen uns jetzt noch zeitliche Perspektiven“, sagte Hilsenbek.

Bürgerinitiative bleibt bei ihrer Ablehnung

Ganz anders fällt das Urteil der Bürgerinitiative „Nordzubringer Nein Danke“ aus. „Nach einer ersten Durchsicht der Unterlagen haben wir den Eindruck gewonnen, dass der zweite Bauabschnitt der B523 wohl unbedingt durchgezogen werden soll, obwohl die umwelt- und artenschutzrechtlichen Bedenken überhaupt nicht ausgeräumt sind“, betont Peter Sachse, einer der beiden Sprecher der Bürgerinitiative.

Die jetzt prognostizierten Kosten in Höhe von 78,8 Millionen Euro seien das Dreifache des ursprünglich im Bundesverkehrswegeplan 2030 angesetzten Betrags. Auch hegt man bei der Bürgerinitiative große Zweifel am Nutzen des Projekts, dessen Faktor nur noch bei 1,3 liege. Das Projekt schramme damit knapp an der Grenze zur Unwirtschaftlichkeit vorbei, dürfe doch bei einem Faktor von eins und niedriger gar nicht mehr gebaut werden.

Peter Sachse, Sprecher der Bürgerinitiative Nordzubringer Nein Danke, ist von den aktuellen Planungen nicht überzeugt.
Peter Sachse, Sprecher der Bürgerinitiative Nordzubringer Nein Danke, ist von den aktuellen Planungen nicht überzeugt. | Bild: Cornelia Putschbach

Verweis auf mögliche Zusatzkosten

Zudem fürchtet die Bürgerinitiative weitere Zusatzkosten, etwa in Folge einer Verteuerung des Projekts durch Sicherungsmaßnahmen oder die Entsorgung von schadstoffbelastetem Erdaushub im Bereich des Biswurmgeländes, einem ehemaligen Verbrennungsplatz für Abfälle.

„Um die Kosten zu senken, hat man wohl einfach die billigste Variante ausgewählt“, vermutet Thomas Schumacher, der zweite Sprecher der BI. Das betreffe etwa den Knoten zwischen dem zweiten Bauabschnitt der B523 und der B33 unterhalb des Mönchsees, der jetzt mit einer doppelten Brückenkonstruktion mit einem halben Kleeblatt von Auf- und Abfahren geplant sei. „In diesem Bereich gibt es aber eine Biber- und Fledermauspopulation“, gibt die Bürgerinitiative zu bedenken.

Höhere Belastung für Anwohner

Auch im Bereich der Ziegelei habe man mit der Südtangente die preisgünstigste Variante gewählt, die jetzt aber am nächsten an den Wohngebieten Haslach und Wöschhalde vorbeiführe.

Auch wenn die Straße tiefergelegt in der Landschaft geführt werden soll und die Schalluntersuchung besage, dass sich die künftigen Lärmwerte „im Normbereich“ bewegen würden, werde es dadurch zu einer neuen, bisher nicht vorhandenen Verkehrsbelastung der Anwohner kommen, warnen die BI-Sprecher. Diese befürchten zudem die Beschädigung eines großen Waldbestands und die Zerstörung des beliebten Naherholungsgebiets.

Bedenken wegen hoher Kosten

„Wenn man bedenkt, welche riesigen Finanzlücken im Bundeshaushalt klaffen, wo überall Gelder viel nötiger wären, halten wir es für unverantwortlich, hier mit der B523 an die 80 Millionen Euro oder mehr zu vergraben, nur um eine angeblich leistungsfähige Ost-West-Verbindung zwischen den Autobahnen A5 und A81 herzustellen“, so Peter Sachse.

Im Sinne des Klimaschutzes wäre es aus seiner Sicht ein Gebot der Stunde, dass die Politik lenkend in die Entwicklung des Individualverkehrs eingreife und nicht blind den Verkehrsprognosen durch immer neuen Straßenbau Folge leiste.

Varianten sind noch nicht abgesegnet

Heike Spannagel, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums, betont, dass diese jetzt vorgestellte Variante noch nicht von den zuständigen Ministerien auf Landes- und Bundesebene abgesegnet ist. Es könne also noch zu Änderungen kommen. Die Straße ist eine Bundesstraße und wird damit auch vom Bund finanziert.