St. Georgen – Wie viele Einwohner hat die Stadt St. Georgen wirklich? Laut Zensus-Stichtag vom 15. Mai 2022 sollen es zu diesem Zeitpunkt 12.265 Bürger gewesen sein. Die Stadt hatte damals allerdings laut Melderegister 13.047 Einwohner. Wie kommt dieser Unterschied zustande? Und was bedeutet das für die Stadt? Bürgermeister Michael Rieger erläutert die Zusammenhänge. Und weshalb 782 fehlende Einwohner für ihn und die Stadtkasse „ein Dilemma“ sind.
Laut Einwohnermeldeamt haben aktuell 13.224 (Stand: Dezember 2024) ihren Wohnsitz in St. Georgen. Ob St. Georgen im Einwohnerranking auf dem dritten oder vierten Platz der größten Städte im Schwarzwald-Baar-Kreis rangiert, ist zunächst unerheblich. Nicht unerheblich dagegen ist, weshalb bei der Zensus-Berechnung plötzlich 782 Einwohner einfach verschwunden sind. Wie kann das sein, und wo sind diese Menschen hin?
Eine Erklärung dafür hat Michael Rieger nicht. Eine große Abwanderung hält er für unwahrscheinlich. „In 2024 sind 638 Personen neu nach St.Georgen gezogen“, sagt er. Ohne die weggezogenen Personen sei die Zahl immer noch wesentlich höher als die Berechnung des Zensus ergibt.
Das Zensus-Ergebnis schmerzt Bürgermeister Michael Rieger. Denn die Kommunen stehen untereinander im Wettbewerb um Einwohner. Fakt ist; jeder Einwohner bringt einer Stadt bares Geld vom Land. Je mehr Einwohner eine Stadt also hat, desto mehr Einnahmen vom Land gibt es.
Zusätzlich erhält die Stadt einen Anteil am Steueraufkommen. Fehlende Einwohner bedeuten weniger Zuweisungen. Im Fall St. Georgen bedeutet dies, dass im Jahr 2025 rund 700.000 Euro in der Stadtkasse fehlen. Für das Jahr 2026 könnten es sogar rund 1,5 Millionen Euro sein, die der Stadt jährlich fehlen, sollte der Verteilerschlüssel nicht geändert werden. „Das ist ein Dilemma für uns.“ Denn mit diesen Einnahmen finanziert die Stadt ihren Haushalt zu großen Teilen.“
Mit dem Zensusergebnis will sich die Stadt deswegen nicht ohne weiteres abfinden. „Wir haben Widerspruch gegen die Zensus-Bewertung eingelegt“, sagt Rieger. Die Stadt habe sich hierfür einer Sammelklage mit anderen Gemeinden angeschlossen. Ob diese von Erfolg gekrönt sein werde, könne er nicht sagen. Aber Rieger hegt Kritik an der Erhebung. „Wenn man nur ein paar wenige Prozente erhebt und das Ergebnis aufgrund dieser Erhebung hochrechnet, bleibt Raum für Spekulationen.“
Rieger erläutert auch, welche Auswirkungen diese fehlenden Einnahmen wiederum für die Einwohner haben werden. „Als Kommune sind wir von diesen Einnahmen abhängig. Wir können die Einnahmen nicht steuern wie ein Unternehmen in der Wirtschaft.“ Die Ausgaben blieben, auch bei geringeren Einnahmen, gleich hoch oder würden sogar noch steigen. Die Frage sei deshalb, „wie lange wir als Kommune überhaupt noch gestalten können und nicht nur verwalten, weil uns das Geld aus der Tasche gezogen wird“, weist der Bürgermeister auf den Ernst der Situation hin.
Was kann die Stadt tun, um die Einwohnerzahl wieder zu steigern? „Wir müssen uns die Frage stellen, was veranlasst die Menschen, nach St. Georgen zu ziehen.“ Hier zählt Rieger die wichtigen Standortfaktoren auf. „Das beginnt bei der Kinderbetreuung über das schulische und Freizeitangebot und Einkaufsmöglichkeiten bis zu einem einladenden Stadtbild.“ Hier sei die Stadt mit Betreuungs- Schul- und Einkaufsangebot generell gut aufgestellt.
Um Menschen, die St. Georgen als attraktiven Wohnort aussuchen, die Möglichkeiten zu bieten, hält die Stadt verschiedene Optionen vor. „Wir haben uns 2018 anhand des Flächennutzungsplans Flächen gesichert“, sagt Rieger. Demnach stehen in Peterzell, in Brigach und in der Verlängerung der Goethestraße, potenziell Entwicklungsflächen für neue Baugebiete zur Verfügung. Derzeit bebaut wird das Wohngebiet Glashöfe. Zudem haben private Investoren Bauflächen, so etwa in der Bahnhofstraße auf der Fläche der ehemaligen Fabrik Haller.
Rieger weiß aber auch, dass der Immobilien- und Wohnungsmarkt derzeit sehr schwierig ist. Hohe Quadratmeterpreise bei Bauplätzen und hohe Mietpreise seien eine Herausforderung: „Der Markt für solch hohe Mieten ist hier nicht vorhanden.“