Keinen Bock mehr auf den alten Job? Aussteigen und etwas völlig Neues ausprobieren? Davon träumen viele, nur wenige trauen sich. Stephan Peltzer (48) hat sich getraut. Er war einst erfolgreicher Unternehmer in der IT-Branche. Heute züchtet er Edel-Rinder. Er hat Tipps, wie man aus der Tretmühle des stressigen Alltags rauskommt.
Stephan Peltzer aus St. Georgen im Schwarzwald hat sein Leben grundlegend entschleunigt. Der Gründer des ersten Online-Kaufhauses Yatego, das es lange vor Amazon gab, hatte Arbeitstage von bis zu 16 Stunden. „Ich wollte als Unternehmer frei sein. Aber als Unternehmer bist du nicht frei. Man hat kaum Urlaub, ist fremdgesteuert“, sagt er. Mit Yatego hat er 2003 nicht nur das erste Online-Kaufhaus gegründet. Vielmehr habe er „ein Monster erschaffen“.
Neue Berufung nach Sinnkrise
Ein moderner Dr. Frankenstein wollte Peltzer nicht sein. Er verkaufte die Firma, zwei Jahre später stieg er aus dem Geschäft aus. Dann kam die Sinnkrise. „Auf einmal bist du nicht mehr wichtig. Niemand will mehr etwas von dir“, sagt der Aussteiger.
Er kaufte einen verfallenen Bauernhof, den er selbst umbaute. Und startete viele Testballons. Er probierte sich in der Kunstszene aus und bot spirituelle Camps auf seinem Grundstück an. Alles fühlte sich nicht richtig an. „Da stand immer die Frage im Raum, was ich mit fünf Hektar Land anfangen soll“, erinnert er sich.
Rinder züchten war eine Option. Allerdings sollten es besondere Rinder sein. Also besorgte er sich ein halbes Dutzend trächtige Wagyu-Rinder samt Zuchtbullen. Die Rasse ist japanischer Abstammung und liefert das teuerste Rindfleisch der Welt.
Wagyu-Rinder stehen fast ganzjährig draußen
Versorgt wurden die ersten Tiere bei einem benachbarten Landwirt, der bereits die Weideflächen pflegte. Dieser hatte die Milchviehhaltung aufgegeben und einen leeren Kuhstall. Wobei die Wagyu-Rinder auch im rauen Klima der Schwarzwaldhöhen nahezu das ganze Jahr draußen stehen können.
Nach zwei Jahren wurden die ersten Tiere geschlachtet und das Edelfleisch vermarktet. Inzwischen hat Stephan Peltzer 100 Wagyu-Rinder aus eigener Nachzucht, die auf verschiedenen Höfen im Schwarzwald stehen. Die Tierpflege übernehmen die Landwirte, das Schlachten ein Metzger vom Bodensee, der das Tier auf der Weide tötet, um ihm lange Transportwege zu ersparen.
Technik der Zerlegung stammt aus Japan
Die Steuerung und Vermarktung obliegt Peltzer selbst. Er ist bei der Zerlegung jedes einzelnen Rindes dabei, damit die Metzger die „Edel-Cuts“ aus dem Fleisch schneiden. Die Techniken dafür hat er in Japan kennengelernt. Also ist er doch wieder Manager? „Ja, aber es ist ein Unterschied, ob man sechs bis acht Stunden entspannt oder 16 Stunden am Tag unter Volldampf arbeitet.“
Warum das Fleisch der Wagyu-Rinder so teuer ist, kann Peltzer erklären. „Die Tiere leben deutlich länger als herkömmliche Rinder. Jeder Tag kostet Geld für Stall, Futter, Mast.“ Zudem ist das Fleisch immer noch selten zu bekommen. „Und gesünder ist es auch.“
Welche Tipps hat er, wenn jemand mit seinem Job unzufrieden ist und etwas Neues wagen will? „Man sollte vorher zwar eine grobe Richtung haben, wohin die Reise gehen soll. Aber die Idee muss nicht zu Ende gedacht sein. Einfach ins kalte Wasser springen.“ Neben der Bereitschaft, Neues zu wagen, sollte man bereit und flexibel im Kopf sein, Neues lernen zu wollen. Auch brauche es Disziplin. Ein Fernziel sei wichtig. Damit man weiß, wo man in zehn oder 20 Jahren stehen will.