Deggenhausertal Während eines kleinen Festakts wurde das neue Oetinger-Haus der Camphill Dorfgemeinschaft Lehenhof im Teilort Deggenhausen offiziell seiner Bestimmung übergeben. Heimleiter Rui Pereira Machado sagte bei der Eröffnung: „An mehreren Tagen war ich vor dem Haus in aller Stille gestanden und habe überlegt, warum? Dann kam mir die Schönheit und Nützlichkeit dieses Hauses in den Sinn.“ Und Machado beschrieb, was die Handwerker mit diesem Projekt an Weisheit geschaffen haben.
Der Bauingenieur Joachim Schnell – seine Ehefrau, Architektin Priska Schnell, zeichnet für die Architektur verantwortlich – erinnerte daran, dass vor rund 20 Monaten mit dem Bau des Hauses begonnen wurde und es im Juli bezogen werden kann. Joachim Schnell übergab den symbolischen Schlüssel an eine Abordnung derer, die das neue Haus dann beziehen werden. Auch das vor dem Abriss des alten Hauses sichergestellte Schild mit dem Namen Oetinger-Haus wurde sogleich am Neubau montiert.
Das neue Oetinger-Haus wird für zehn Menschen mit Assistenzbedarf einen großzügigen, modernen und barrierefreien Wohnraum bieten. Außerdem werden im Ersatzneubau ein Appartement und eine separate Wohnung für Mitarbeiter geschaffen. Im Kellergeschoss wird es einen Mehrzweckraum mit Südausrichtung und eine Terrasse für verschiedenste Zusammenkünfte wie beispielsweise Fortbildungen, Feiern oder Konferenzen geben. In einem zweiten Kellerraum wird eine neue zentrale Entkalkungsanlage untergebracht. Hier wird in Zukunft das Brauchwasser für alle Häuser des Lehenhofs entkalkt. Bisher betreibt noch jede Hausgemeinschaft eine eigene Anlage, die jeweils Platz benötigt und gewartet werden muss.
Das zuvor an gleicher Stelle gestandene und nun abgerissene Haus war nach Friedrich Christoph Oetinger benannt worden, einem protestantischen Pfarrer aus Württemberg, der im 18. Jahrhundert bedeutend gewirkt hat. Das kleine Gebäude stand schon, als der Lehenhof 1964 gekauft wurde. Als eine Art „Riesen-WG“ sollten dort Menschen mit und ohne Behinderung zusammenleben. Es wurde dort gegessen, getrunken, gefeiert, gelacht, es wurden Bibelabende gehalten. Das Haus war eng, gemütlich, aus Holz und es hatte viel Charme. Doch dann mussten die Zimmer laut Landesheimbauverordnung mindestens 14 Quadratmeter groß sein, Doppelzimmer waren nicht mehr zugelassen.
In die Jahre gekommen, machte eine neuerliche Sanierung und Modernisierung des Bestandsgebäudes keinen Sinn mehr. Es sollte ein neues Haus gebaut werden. Eines, das in die Zukunft gerichtet ist und das eine Verbindung herstellt – als Ort der Menschlichkeit, in dem Menschen mit unterschiedlichen Hilfsbedürfnissen ohne jegliche Barrieren mit etwas Unterstützung weitgehend selbstständig leben können.
Am 10. Oktober 2023 erfolgte in einem kleineren Rahmen der symbolische Spatenstich für das neue Gebäude. Noch im Oktober jenes Jahres wurden die Fundamente und im November bereits die Bodenplatte betoniert. Bei der Grundsteinlegung brachten die zahlreich erschienenen Bewohner des Lehenhofs gute Gedanken und den Herzenswunsch mit, dass der Bau gut gelingen möge, dass es eine schöne und gemütliche Beherbergung wird – ein Haus, in dem man sich wohlfühlen kann. Schon jetzt anlässlich der offiziellen Übergabe ließ sich erkennen, dass diese Herzenswünsche in Erfüllung gehen können.