Die Villinger Fasnet wurde mit neuen Auflagen des städtischen Ordungsamtes konfrontiert. Die Behörde fordert für die Straßenumzüge weitere Sicherheitsauflagen beim Einsatz von Reit- und Zugpferden. Die emotionalen Wogen des Themas gehen hoch.

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Die Auflagen gelten allen Pferden bei den Umzügen. Besonders betroffen aber ist die Kavallerie der Historischen Bürgerwehr. Ob sie bei den nächsten Fastnachtsumzügen im März noch dabei sein wird, ist derzeit noch ungewiss. In Gang gesetzt wurde diese mittlerweile zweite Welle von Sicherheitsvorschriften für die historische Reiterei pikanterweise von einem abtrünnigen Mitglied der Kavallerie.

Dieses ehemalige Mitglied, so berichten Insider dem SÜDKURIER, habe schon seit Längerem vereinsintern darauf gedrängt, aus Gründen des Versicherungschutzes zusätzliche Vorkehrungen bei den öffentlichen Auftritten der Reiter zu treffen. Damit soll der Betreffende jedoch weitgehend allein gestanden haben. Es kam zum Zerwürfnis und der als nicht einfach geltende Mann sei vom Verein ausgeschlossen worden.

Daraufhin habe sich der Geschasste mit einem dreiseitigen Schreiben an OB Rupert Kubon und das Ordnungsamt der Stadt revanchiert. Darin erhob der „Whistleblower“ mehrere sicherheitsrelevante Vorwürfen gegen die Kavallerie: Einige Reiter seien für die Aufgabe an den Fastnachtsumzügen wenig geeignet, hätten zu wenig Reiterstunden, einige würden nur zur Fastnacht ein Pferd besteigen, mehrere hätten keinen Reiterpass.

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Erst aufgrund dieser Vorwürfe wurde die Ortspolizeibehörde aktiv. Nach Recherchen und Vergleichen mit anderen Städten hat das Amt entsprechende Sicherheitsstandards zusammengestellt. Darin gefordert werden unter anderem eine „Gelassenheitsprüfung“ für die Pferde, Nachweise über eine Haftpflichtversicherung sowie Nachweise, dass die Reiter die Fähigkeit besitzen, ein Pferd führen zu können.

Sicherheitsstandards in großer Runde vorgestellt

Diese Sicherheitsstandards wurden beim regelmäßig im November stattfindenden Abstimmungsgespräch zwischen der Zuggesellschaft, das sind die Vertreter der an den großen Fastnachtsumzügen beteiligten Vereine, und der Stadtverwaltung vorgestellt. Zu dieser Besprechung wurde auch die Bürgerwehr eingeladen.

Was sie dabei zu hören bekamen, verursachte vor allem bei den Reitern der Kavallerie jede Menge Frust. Karl-Heinz Schwert, der Vorsitzende der Bürgerwehr, betonte gegenüber dem SÜDKURIER, dass auch seinem Verein sehr an Sicherheit gelegen sei. Das, was nun Amtsleiter Ralf Gück vorgelegt habe, teilt Schwert in drei Kategorien ein: Einiges werde von der Bürgerwehr ohnehin schon praktiziert, einiges könne man noch berücksichtigen, einige andere Auflagen seien aber „für uns unerfüllbar“.

Zum Beispiel die Forderung, jeder Reiter am Umzug müsse einen „Reiterpass“ nachweisen können. Doch nur vier der rund zehn Reiterinnen und Reiter sind im Besitz eines solchen Passes. Die anderen indes, so berichtet Bürgerwehr-Kommandant Hans-Joachim Böhm, zugleich Chef der berittenen Truppe, sitzen zum Teil seit 50 bis 60 Jahren im Sattel. Damals gab es noch keinen Reiterpass. Von diesen könne man nicht verlangen, jetzt eine kostspielige Prüfung abzulegen.

Die von der Stadt geforderte „Gelassenheitsprüfung“ der Pferde hält Böhm ebenfalls für „Unsinn“. Diese Prüfung würde in einem Reitstall oder auf einem Reitplatz abgenommen. Diese Situation sei mit der Teilnahme an einem Umzug mit tausenden Zuschauern nicht zu vergleichen. Was die stolzen Reiter erst recht nicht wollen, ist, dass sie von Begleitpersonen während der Umzüge am Zügel genommen werden.

Eine Begleitperson bei jedem Pferd in einer Reiterformation wäre unverantwortlich gefährdet. „Wenn die Stadt auf allen Auflagen beharrt, werden wir nicht reiten“, sagt Böhm. Das sieht Karl-Heinz Schwert genauso. Er betont zugleich, dass der Verein ein ganz großes Interesse daran habe, diese Tradition weiterzuführen.

Die Hoffnungen ruhen nun auf einem weiteren Gespräch im Januar mit dem Bürgeramt. In einer vermittelnden Rolle sieht sich dabei Anselm Säger, der Zunftmeister der Historischen Narrozunft. Er äußerte gegenüber dem SÜDKURIER durchaus gewisses Verständnis für die Vorgehensweise der Stadt. Nach dem Schreiben des ehemaligen Bürgerwehr-Mitglieds hätten die Verantwortlichen gar keine Wahl mehr gehabt als zu handeln.

Im Falle eines Unglücks stünden sie sonst persönlich in der Haftung. Der Zunftmeister hofft nun, dass die Vereine im Januar mit der Stadt eine Kompromisslösung, oder zumindest eine Übergangslösung für die Fastnacht 2019 vereinbaren können.