Da hängt es im Schrank, sorgfältig eingepackt und wartet wie jedes Jahr darauf, von seiner Trägerin liebevoll hervorgeholt zu werden, ausgeschüttelt, ausgebreitet, um dann seinen vollen Glanz zu entfalten: Das Alt-Jungfere-Häs. Aber dieses Jahr wartet es vergeblich, das edle Kleid, ebenso der prächtige Federhut im Karton, die Handschuhe, die Glitzertasche und die Schnallenschuhe.

Die Jungferepuppe im Schaufenster der Parfümerie Butta lässt etwas Fasnets-Feeling aufkommen; auf einem kleinen Plakat ist zu lesen: Au ...
Die Jungferepuppe im Schaufenster der Parfümerie Butta lässt etwas Fasnets-Feeling aufkommen; auf einem kleinen Plakat ist zu lesen: Au mir Alte Jungfere men d Fasnet bliibe lau.Wege dere Pandemie muess mer des vustau. Mir freuet iis unf s näschte Johr, wenn d Fasnet wieder kunnt, drum appelliere mir im Chor: bliibet: älli g sund! | Bild: Hauser, Gerhard

Kein Alt-Jungfere-Obed, keine Möglichkeit, dieses wundervollen Kreationen aus Samt und Seide, Tüll und Spitze auszuführen ins Theater am Ring. Dorthin, wo es raschelt und knistert, wo die Aufregung, die Vorfreude mit Händen greifbar ist, wo 200 prächtig ausstaffierte Frauen ihrem Alt-Jungfere-Obed entgegenfiebern, dem leckeren Menü, den angeregten Gesprächen und natürlich dem prickelnden Programm, gespickt mit Pointen, politischen Seitenhieben und kreativen Liedern. All das findet dieses Jahr nicht statt, kein Alt-Jungfere-Obed, abgesagt wie alle anderen Fastnachts-Veranstaltungen in der Doppelstadt und so bleibt nur der Blick zurück auf das vergangene Jahr, auf den Alt-Jungfere-Obed 2020, der so glanzvoll, charmant und amüsant war.

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Es war ein ganz besonderer Abend im Februar 2020, der letzte Alt-Jungfere-Obed mit Margot Schaumann als Oberjungfer. Alle waren traurig, als Prinzessin Kiri Lauterbach verkündete, dass wieder eine der Jungfere auf die Rentnerbank will: „Ihr wissed‘s jo scho: D‘Margot hört uff“. Als diese zur Ehren-Oberjungfer ernannt wird, verschlägt es ihr tatsächlich kurzzeitig die Sprache und das will was heißen.

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Zum Abschied von Margot Schaumann rücken sogar zur großen Freude des Publikums sechs energischen „Jungfere“ aus den Chefetagen der großen Narrenvereine an. „Immer, wo es epps Außergwöhnlichs giet, rucke mir a“, meint forsch „Jungfer“ Anselm (Säger) von der Zunft, begleitet von Dominik Schaaf von den Katzen, Meik Gildner (Hexen), Günther Reichenberger (Glonkis), Lutz Mälzer und Florian Schütze (Schwenninger Narrenzunft). Und sie ehren Margot als ganz „b‘sundere Frau“, Denn: „Die ka besser strähle, ohne Sorge, als manch Narro am Mentigmorge.“ Der Posten als Oberjungfer bleibt natürlich nicht frei, Evi Blaser rückt nach und muss jetzt noch ein Jahr warten, bis sie beim Alt-Jungfere-Obed 2022 voll durchstarten kann.

Paraderolle für Margot Schaumann als „Queen von Engeland“: 2020 war ihr letztes Auftritt vor dem Wechsel auf‘s ...
Paraderolle für Margot Schaumann als „Queen von Engeland“: 2020 war ihr letztes Auftritt vor dem Wechsel auf‘s Rentnerbänkle. | Bild: Wohlgemuth, Simone

Der Abend 2020 wird ein „Margot Spezial“ mit all ihren Paraderollen, in die die Jungfere schlüpfen von der Oberschwester Rabiata, über s‘Buurewieb us Schonach, S‘Hennefidle, Operndiva, Funkenmariechen und Balletteuse Chothile bis hin „zum Next-Topf-Model“. Die Besucherinnen können nochmals die ganze humorvolle Bandbreite einer Margot Schaumann genießen. Höhepunkt ist natürlich ihr Auftritt als „Queen von Engeland“, eine ihrer Glanzrollen. Und so zieht sie würdevoll ein, begleitet von stehenden Ovationen und „Good save the Queen“. Den seltsamen Dialekt hat sie „gebuffelt“, und hat sich gewöhnt an den Villinger Slang. Mit Enkel Harry und Sohn Charly-Boy hat sie so ihre Sorgen. Ihre Kinder seien alle „nit schee“, so klagt sie, auch Camilla nicht. Sie wird fehlen, die Margot und ihr grandioses Lästermaul, ihr untrügliches Gespür für Rollen, ihre kreativen Texte und Kostüme.

Die Jungfere kennen keine Tabus, sogar Kölner Karneval gibt es beim Alt-Jungfere-Obed im kleinen Saal im Theater am Ring 2020.
Die Jungfere kennen keine Tabus, sogar Kölner Karneval gibt es beim Alt-Jungfere-Obed im kleinen Saal im Theater am Ring 2020. | Bild: Wohlgemuth, Simone

Dass es dieses Jahr aber eine komplette „Jungfere-Abstinenz“ gibt, schmerzt heftig und die Frage ist, wie eigentlich die Jungfere die Zeit ohne Fastnacht überstehen, ohne regelmäßige Treffen und Proben? „Das ist schon hart“, berichtet Oberjungfer Evi Blaser. Etwas Trost spendet die gemeinsame Jungfern-WhatsApp-Gruppe. „Hier schicken wir uns regelmäßig mal ein Liedle oder Sprüchle oder kommunizieren einfach mal.“ Die Kontaktbeschränkungen haben jedes Treffen verhindert, auch der traditionelle Ausflug im Herbst, sozusagen der Start für die programmatische Gestaltung der Fasnets-Abende, konnte nicht stattfinden. „Da wären wir einfach zu viele Personen aus zu vielen Haushalten gewesen“, berichtet Evi Blaser.

Klare Sache: Evi Blaser als Comtesse Barbera lästert über die Kommunalpolitik in der Doppelstadt.
Klare Sache: Evi Blaser als Comtesse Barbera lästert über die Kommunalpolitik in der Doppelstadt. | Bild: unbekannt

Beim virtuellen Ball „VS LateNight“ haben viele eine Nummer der Jungfere vermisst. Warum sie nicht dabei waren? „Das wäre technisch zu aufwändig für uns gewesen“, so die Oberjungfer. Ein Lied gab es schon und bei ersten virtuellen Treffen habe sich schnell herausgestellt, das jede Stimme einzeln hätte eingespielt werden müssen und so hat das Jungfern-Team entschieden: „Das ist nichts für uns“. „Unsere Lieder leben einfach davon, dass wir live singen und den engen Kontakt zu unserem Publikum haben.“