„Der andere Blick“ hieß die Jubiläumsausstellung 2011 zum zehnjährigen Bestehen des Rehmann Museums in Laufenburg. Einen anderen Blick auf ausgewählte Einzelswerke des 96-jährigen Museumsgründers Erwin Rehmann, einem der wichtigsten Metallbildhauer der Schweiz nach 1945, wirft auch die aktuelle Ausstellung „Weltenguss“. Die Arbeiten aus verschiedenen Werkphasen werden in einem neuen Ansatz gezeigt, in einer fotografischen und literarischen Interpretation mit Textcollagen des Kurators Roland Scotti vom Kunstmuseum Appenzell und Ausschnittfotografie des Fotografen Hanspeter Schiess.
Künstler lassen sich mit Rehmann ein
Seit Anbeginn dieses Skulpturenmuseums ziehen sich die Eisenplastiken Rehmanns als Keimzelle durch alle Ausstellungen und wurden gern in den Kontext von junger moderner Kunst gestellt. Der Gedanke dahinter ist, dass sich andere Künstler mit ihren Arbeiten auf Rehmanns Oeuvre und die Museumsräume einlassen und mit dem Innen- und Außenraum in Dialog treten.

Dieses Mal probiert Museumsleiterin Ute Gottschall eine erweiterte Annäherung an die Plastiken, Objekte und Metallgüsse Rehmanns. Unter dem Titel „Weltenguss“, eine Wortkombination aus der Allheit und Ganzheit des Begriffes Welt und dem Gießen (Guss) als einem Fertigungsverfahren, subsumiert sich angemessen die Betrachtung des Gesamtwerks von Erwin Rehmann, der in seiner 70-jährigen Laufbahn mit seinen Metallgüssen eine ästhetische Welt erschaffen hat zwischen Leichtigkeit und Erdenschwere.
Noch nie so dagewesener Blick
Dieser bisher noch nicht da gewesene Blick auf Rehmanns Kunstwelten wagt, ausgehend von Detailansichten der Skulpturen in extremer Vergrößerung, eine subjektive Beschäftigung mit dem Gesamtwerk. Roland Scotti hat dazu Texte geliefert, eigene Gedanken, auch fremde Texte und Zitate zur „Alchemie“ als Kunst der Verwandlung, zum sogenannten Laokoon-Problem, der Frage nach künstlerischen Darstellungen von Schmerz, Hässlichkeit und Chaos, zur Metaphysik, einer philosophischen Lehre, zum Kosmos, wobei er Rehmanns Arbeiten weniger als Objekte denn als Landschaftsbilder, gar als Kartographie des Kosmos betrachtet.
Auch weitere Aspekte wie Raum und Bewegung, Sprache, Landschaft und Standpunkte werden berücksichtigt. Je nach Letzterem verändern sich die Plastiken Rehmanns. So nähert sich der Ausstellungsmacher auf didaktisch-spielerische Art an, während der Fotograf auf ästhetische Art das Werk sieht.
Rehmanns Werke im neuen Licht
Beides ist unkonventionell und setzt die Werke Rehmanns in neues Licht. Etwa die frühe Büste von 1948, eine Hommage an Lehmbruck aus der Studienzeit Rehmanns, als er noch figürlich gearbeitet hat, was sich im geneigten Kopf ausdrückt. In diese Werkphase gehört auch der Frauenakt mit Kugel, während andere figürliche Kugelformen aus den 50er Jahren schon organischer und abstrakter wirken, etwa der ungegenständliche „Schwebende Körper im Raum“ zwischen den Metallgestängen.
Experimente mit Lichtobjekten
Zwischen 1953 und 1959 sind acht Lichtplastiken von Rehmann entstanden. Durch den Einbau künstlicher Lichtquellen werden die Skulpturen von innen beleuchtet und zu Lichträumen. Eine solche Lichtplastik („Lichtschale“) wird gezeigt, was beweist, dass Rehmann einer der ersten war, der mit Lichtobjekten experimentiert hat – so wie er später mit dem Raum arbeitet und Ende der 50er Jahre filigrane Gebilde schafft, die er „Raumereignisse“ nennt, strahlenförmige geschweißte Eisenstäbe, die einen eigenen Raum erzeugen. Vulkanartige Gestalt nimmt das flüssige Metall in den innovativen Experimenten mit Güssen an. Auch in zersägten Schnittplastiken, die das Innere zum Äußeren verkehren, in den Direkt- und Raumgüssen, zeigt sich Rehmann als experimentierfreudiger Gießer mit eigener Sprache.
Die Ausstellung Weltenguss im Rehmann Museum dauert bis 12. August. Sie ist Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 11 bis 16 Uhr geöffnet und Sonntag von 13 bis 16 Uhr. Finissage ist am Sonntag, 12. August, 14 Uhr. Einen anderen Blick kann man auf die skulpturalen Arbeiten von Erwin Rehmann in Text- und Fotofahnen werfen.