Die Wölflinswiler sind zu sechst nach Mumpf zum Grasski-Rennen gekommen: Alle heißen sie Treier, auch wenn sie nicht alle näher verwandt sind. Stefan (42) zum Beispiel war 2024 schon dabei und hat zugesehen. Am Samstag steht er nun erstmals in Skischuhen auf den Laufschienen, die sich mit Gurt und Gleitelementen wie das Kettenlaufwerk einer Raupe oder eines Baggers bewegen.

Stefan versuchte sich vor rund 20 Jahren bereits einmal im Grasski-Fahren. Heute ist er einmal die blaue, die leichtere, und einmal die rote, die schwerere, Piste gefahren. „Ich habe es mir schwieriger vorgestellt“, sagt er. Jetzt fährt er noch einmal die rote; dann reicht es für ihn.

Wer nicht zu Fuß gehen will, nimmt ein „Taxi“ den Hügel hoch

Auch Tobias Treier, 41, ist am Samstag zum ersten Mal gefahren: „Es war eine schöne Erfahrung.“ Einmal blau und einmal rot ist aber auch für ihn genug. Dreimal ist er hingeflogen: „Wer viel riskiert, kann viel verlieren“, sagt er lakonisch. Die beiden Namensvetter finden es jedenfalls „cool“, dass der Grasskiclub Mumpf eine solche Veranstaltung auf die Beine stellt. Sie werden auch bis zum Abend bleiben, wenn die Après-(Gras)-Ski-Party in der Vereinshütte steigt. Bereits am Nachmittag sind trotz des nassen Wetters einige Zuschauer gekommen. Moderator Rico Jegge sagt jeden Fahrer an und winkt ihm mit der Fahne das Startsignal. Wer von unten nicht hochlaufen will, wird mit dem „Taxi“, einem kleinen Pritschenwagen, abgeholt.

Fast wie im Ski-Alpin-Weltcup mit Wendy Holdener und Co: Die Teilnehmenden tragen Caffè-Latte-Startnummern.
Fast wie im Ski-Alpin-Weltcup mit Wendy Holdener und Co: Die Teilnehmenden tragen Caffè-Latte-Startnummern. | Bild: Boris Burkhardt

Gemessen wird beim Grasski-Rennen jede Fahrt; die Zeit ist dabei das einzige Kriterium. „Die Fahrer dürfen so oft fahren, wie sie wollen“, erklärt OK-Chef Arne Berger. Drei Fahrten, die sie vorher deklarieren müssen, werden dann gezählt. Möglichkeit zum Trainieren gab es bereits am Samstag und Donnerstag zuvor. Die Vereinsmitglieder begannen eine Woche vor dem Rennen, die Piste zu richten und das Zelt aufzubauen, das hälftig Startraum und Bar ist.

Einst hatte der Grasskiclub sogar einen Lift

Der Grasskiclub Mumpf ist für Außenstehende ein etwas sonderbarer Verein: Obwohl er sich dieser recht exotischen, aber weltweit organisierten Sportart verschrieben und auf der Mumpfer Fluh einen eigenen Abhang mit Vereinshütte hat, übt er sie nicht mehr aus. Berger gehört mit 21 Jahren zur nachrückenden Generation im Verein. In den Siebzigern habe noch Hochbetrieb im Verein geherrscht, hat Berger auf Bildern gesehen: Sommers fuhren die Mitglieder auf Rollen, winters auf Skiern den Hang hinunter. Damals gab es sogar noch einen Lift. Heute träfen sich die Vereinsmitglieder nur noch zur Geselligkeit, sagt Berger. Zwar fand im vergangenen Jahr ein Grasski-Rennen statt, die beiden davor aber schon 2016 und 2014. Unter den rund 60 Vereinsmitgliedern sind am Samstag gerade mal drei, die selbst mitfahren.

Vom Startraum aus verfolgt das Publikum das Geschehen auf der Wiese.
Vom Startraum aus verfolgt das Publikum das Geschehen auf der Wiese. | Bild: Boris Burkhardt

Nachwuchs fände der Verein ohne Probleme: Viele Kinder sind unter den rund 20 Fahrern an diesem Tag. Der zehnjährige Livio aus Münchwilen hätte große Lust, öfter zu fahren. Er startete bereits 2024 auf der Piste und will am Samstag fünf- bis sechsmal fahren. Elio aus Obermumpf ist mit sechs Jahren der jüngste Starter. 2024 sah er noch zu; jetzt will er die Piste ganz alleine fahren. Bruder Lorin (9) und Mama Janine sollen ihm dabei nur zusehen.

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„Wir bekamen in den vergangenen zwölf Monaten viele Anfragen“, bestätigt Vereinspräsident Phil Jegge. Die Vereinsmitglieder könnten aber nicht die Zeit aufbringen, um ein regelmäßiges Training anzubieten. Die nächsten Vereine in der Schweiz gebe es erst wieder im Luzernbiet und im Appenzellischen. In welchem Rhythmus das Grasski-Rennen zukünftig stattfinden soll, können Jegge und Berger noch nicht sagen.

Der Autor ist Redakteur bei der Aargauer Zeitung. Dort ist der Beitrag auch zuerst erschienen.