Anthropogene organische Aerosole sind vom Menschen ausgestoßene kohlenstoffhaltige Partikel in der Luft, die zum Feinstaub zählen. Sie stellen eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit dar und tragen jedes Jahr weltweit zu Millionen von Todesfällen bei. Vor allem in Großstädten entstehen durch unvollständige Verbrennungsprozesse in Verkehr, Industrie und Haushalten Abgase, aus denen sich die gesundheitsschädlichen, lungengängigen Partikel bilden.

Feinstaubverschmutzung hat eine größere Auswirkung

In einer internationalen Studie der Europäischen Organisation für Kernforschung in Genf konnten Forschende unter der Leitung des PSI neue Erkenntnisse über die Entstehung dieser organischen Aerosole gewinnen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass sich solche Schadstoffe oft erst nach mehreren Oxidationsschritten bilden. Daraus folgt, dass die Verschmutzung mit anthropogenem Feinstaub eine größere regionale Auswirkung hat als bisher angenommen, heißt es in einer Mitteilung.

Reichen Feinstaubfilter überhaupt aus?

Das wiederum deutet darauf hin, dass es nicht ausreicht, die direkten Emissionen von Fabriken, Häusern und Fahrzeugen etwa mit Feinstaubfiltern zu reduzieren. Vielmehr müssen auch die Vorläufergase, aus denen sich später schädliche organische Aerosole bilden, kontrolliert werden. Über ihre Ergebnisse berichten die Forschenden in der Zeitschrift „Nature Geoscience“.

Anthropogene Aerosole durchlaufen einen längeren Prozess

Die neue Studie zeigt, dass frei werdende Vorläufergase wie Toluene und Benzene, die etwa aus Autoabgasen und der Verbrennung organischer Materialien stammen, mehrere Oxidationsstufen durchlaufen, bevor sie feste Partikel bilden. „Diese Erkenntnis stellt die bisherige Annahme infrage, Schadstoffe bildeten sich vor allem in der Nähe der Emissionsquellen“, sagt Imad El Haddad, Projektleiter der neuen Studie. „Stattdessen zeigt sich, dass anthropogene Aerosole einen längeren Entstehungsprozess durchlaufen, wodurch sich ihre Auswirkungen regional ausdehnen.“

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Über 70 Forscher simulieren die städtische Luftverschmutzung

Über siebzig Forschende aus Europa und Nordamerika arbeiteten zusammen, um die städtische Luftverschmutzung zu simulieren und die Entwicklung organischer Aerosole zu verfolgen. Die Cloud-Anlage ist die sauberste Atmosphären-Simulationskammer der Welt und kann Parameter wie Temperatur und Druck äußerst präzise regeln. Für ihre Experimente füllten die Forschenden die Kammer mit einem Gasgemisch, das dem städtischen Smog ähnelt, um die Umwandlung von Abgasen in organische Aerosole zu verfolgen.

Im Schichtbetrieb vermessen sie den simulierten Smog

Im Schichtbetrieb haben die Forschenden den simulierten Smog kontinuierlich vermessen. Sie bestimmten die Größenverteilung der sich bildenden Partikel mithilfe der sogenannten Mobilitätsanalyse und ermittelten die molekulare Identität der kondensierenden Dämpfe in Echtzeit per Massenspektrometrie. Außerdem verfolgten sie genau, welcher Anteil der Vorläufergase und ihrer Produkte an den Wänden der Kammer kondensiert. Dies muss bei Berechnungen für die Schadstoffbildung berücksichtigt werden.

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Und das ist das Fazit der Forschungsgruppe

Unterm Strich hat die Studie ergeben, dass sich ein erheblicher Teil der anthropogenen organischen Aerosole nicht nach der ersten Oxidation, sondern erst nach zusätzlichen Oxidationsschritten bildet, was zwischen sechs Stunden und zwei Tagen dauern kann. Das Forschungsteam schätzt, dass diese mehrstufige Oxidation für mehr als 70 Prozent der gesamten anthropogenen organischen Aerosolverschmutzung verantwortlich ist. (az)

Dieser Beitrag ist zuerst in der „Aargauer Zeitung“ erschienen.