Herr Kelly, Sie sind bereits zum dritten Mal bei der Show „Sing meinen Song“ dabei. Wie fühlt sich das für Sie an?

Großartig. Ich bin mega happy, dass ich diese tolle TV-Event-Reihe wieder hosten darf. „Sing meinen Song“ ist auch meine persönliche Lieblings-Musikshow. 2017 habe ich mich in diese wunderbare Show verliebt, 2019 haben wir uns verlobt und 2020 führen wir nun eine ernsthafte Beziehung. (lacht)

Was macht für Sie persönlich den besonderen Reiz dieser Sendung aus?

Dass es immer wieder anders ist. Ich war ja jetzt schon dreimal dabei und kann mich trotzdem immer noch nicht an dieses Tauschen der Songs gewöhnen. Es tritt keine Routine ein. Es ist zwar immer die gleiche Show, das gleiche Konzept, aber die Künstler sind immer anders – die Magie, die nur in dieser Konstellation der Charaktere entsteht, die Songs und die Interpretationen, die dort zustande kommen. Das alles ist – jedes Mal aufs Neue – unglaublich überraschend.

Dabei geht es auch ans Eingemachte.

Absolut. Weil echte Geschichten dahinterstehen. Jeder Song erzählt eine sehr persönliche Story. Durch diese Songs, die uns Musikern ja sehr viel bedeuten und viel aus unserem Leben preisgeben, wird man sich sehr schnell sehr nah. Verglichen mit einer Liebesbeziehung würde es sehr viele Dates brauchen, bevor man sich so ans Eingemachte trauen würde – außer da wäre sofort ein großes Vertrauen da. Bei „Sing meinen Song“ werden innerhalb nur weniger Tage die schönsten und schlimmsten Dinge, die man als Künstler in seinem Leben erfahren hat, auf den Tisch gebracht – weil die Songs davon erzählen.

Was ist für Sie der überraschendste Moment der aktuellen Staffel?

Da fallen mir mehrere ein. Doch ganz besonders geflasht hat mich der Song „Embryo“ von MoTrip. Da geht es um ein ungeborenes Kind. In dem Songtext spricht das Kind zu seinen Eltern und sagt: „Lebt wohl. In Liebe euer Kind.“ Und dann spricht MoTrip aus der Vater-Perspektive: „Damals warst du noch ein Embryo. Heute wärst du vier. Wegen mir bist du heute nicht mehr hier.“ Das geht total unter die die Haut: „Du wolltest leben, doch man gab dir nicht die Chance.“ Das ist ein Tabuthema, über das auch heute kaum jemand spricht. Und dann kommt dieses Thema durch MoTrips Song auf den Tisch, und wir teilen mit ihm dieses Erlebnis, das ihn immer noch sehr bewegt.

Auf der Bühne fühlt er sich wohl: Michael Patrick Kelly 2018 bei einem Auftritt in Frankfurt am Main.
Auf der Bühne fühlt er sich wohl: Michael Patrick Kelly 2018 bei einem Auftritt in Frankfurt am Main. | Bild: Andreas Arnold / dpa

Wer hat diesen Song interpretiert?

Das war ich. Weil mich die Lyrics tief berührt haben. Und weil es ein MoTrip-Song ist, habe ich ihn gerappt – aber auf meine Art. Das hat ihn tief bewegt, und er sagt, es habe innerlich einen wichtigen Prozess in ihm los getreten. Musik kann helfen, Wunden zu heilen. Sie kann sehr viel aufrütteln und freisetzen. Und Musik kann uns helfen, Dinge zu verarbeiten. Es ist schon wahnsinnig, welche Power Musik haben kann.

Die Sendung wurde im Februar in Südafrika gedreht. Hatte die Corona-Krise die Dreharbeiten schon beeinflusst?

Wir hatten echt Glück: Wenn das Ganze ein, zwei Wochen später stattgefunden hätte, wäre die Sendung eine ganz andere geworden. Wir hätten nicht so nah nebeneinander sitzen, uns nicht umarmen können. Das ist verrückt, wie sich die Welt in dieser kurzen Zeitspanne verändert hat. Wir sind uns in der Show noch um den Hals gefallen, haben miteinander angestoßen und uns in den Liedern gegenseitig angesungen. Das wäre inzwischen undenkbar.

Wie sehen das die anderen Künstler?

Ganz genauso. Wir haben schon vor Südafrika eine WhatsApp-Gruppe gegründet. Dort haben wir uns vor Kurzem darüber ausgetauscht, wie die Sendung wohl ausgesehen hätte, wenn wir zwei Wochen später gedreht hätten. Wir sind uns alle sicher: Dann hätte die Sendung nicht diese besondere Stimmung gehabt und diese Nähe, die „Sing meinen Song“ nun mal ausmacht. Und wir haben uns auch alle gesagt: Wie schön, dass wir das so noch erleben durften.

Das geht momentan wohl sehr vielen Menschen so, wenn sie auf vergangene Erlebnisse zurückblicken …

Stimmt. Manchmal merkt man im Leben erst dann, was man hatte, wenn es einem genommen wird. Zum Beispiel die Freiheit, die uns momentan fehlt. Da merkt man erst, dass wir vieles, was sehr wertvoll ist, vor der Corona-Krise als zu selbstverständlich betrachtet haben. Jetzt lernen wir erst zu schätzen, was wir hatten, und freuen uns gemeinsam auf den Tag, wo wir es wieder erleben dürfen. Das ist vielleicht eine positive Sache, die wir alle aus der Krise mitnehmen können.

Wie wird die Show Ihrer Meinung nach auf die Zuschauer wirken?

Ich denke, die Musik wird den Menschen gut tun. Gerade jetzt. Gerade in dieser Zeit, wo man sich eben nicht die Hand geben, sich nicht umarmen darf. Wo wir alle auf Distanz gehen müssen. Musik schafft innere Nähe. Und ich glaube, dass „Sing mein Song“ die Menschen emotional zusammenrücken lässt. Dass wir uns innerlich näherkommen, trotz der räumlichen Trennung.