Liebe Miley Cyrus,
Sie sind immer für eine Überraschung gut, wissen Sie das? Ach, na sicher wissen Sie das. Gerade mal wieder haben Sie mich – und ich vermute auch viele andere – mit der Aussage überrascht, dass Sie auf Tour gehen könnten, aber nicht wollen.
Da denke ich zuerst einmal: Danke für Ihre Offenheit! Es gibt ganz sicher wenige Kollegen oder Kolleginnen, die diesen Gedanken laut aussprechen würden. Dass eine prominente Person sagt, was sie denkt, ist nicht selbstverständlich, weil da ja immer die Befürchtung besteht, dass eine knackige Aussage negative Schlagzeilen nach sich zieht.
Was die anderen sagen? Ist egal!
Jemand wie Sie, der seit annähernd 20 Jahren im Licht der Öffentlichkeit steht, weiß das ganz genau – und hey, es ist Ihnen inzwischen völlig egal. Diese Einstellung, trotzdem Ihr Leben zu leben, ganz egal, was andere sagen, finde ich eigentlich gut. Aber ein Eigentlich zieht eben immer auch ein Aber nach sich. Und hier ist es: Aber das ist schon ziemlich egoistisch.
Haben Sie mal an Musiker gedacht, für die es nicht reicht, alle paar Jahre ein Album herauszubringen? Sie haben mit Ihrer neuesten Veröffentlichung, „Something Beautiful“ ist seit Ende Mai auf dem Markt, bestimmt genug Geld verdient, um sich sehr entspannt zurücklehnen zu können. Aber den Luxus hat nicht jeder. Man darf wohl annehmen, dass die meisten Musiker schlichtweg auf Tour gehen müssen, weil man in der Branche heutzutage vor allem auf die Art Geld verdient. Mal abgesehen davon, dass Musiker normalerweise Spaß daran haben, Musik zu machen – nicht nur für sich allein im Studio, sondern auf der Bühne, für ihre Fans.

Und da wären wir schon beim nächsten Thema, Ihren Fans. Denken Sie nicht, dass es da so einige gibt, die sich nichts mehr wünschen, als ihr Idol Miley Cyrus mal live zu erleben? Auch wenn ich nicht bereit wäre, für ein Ticket für einen Auftritt von Ihnen einen dreistelligen Betrag zu bezahlen (weit unterhalb der Taylor-Swift-Preisklasse sehen Sie sich ja bestimmt nicht) – ich bin mir sicher, dass viele nur darauf warten.
Und auch wenn die bestimmt Verständnis dafür haben, dass Sie für Ihr „mentales Wohlbefinden“ auf eine Tournee verzichten (habe ich auch, das nur der Vollständigkeit halber), sollte es doch möglich sein, beides in Einklang zu bringen: Ihr Wohlergehen und das Ihrer Fans. Sie sagen ja selber, dass Sie „die körperlichen Voraussetzungen und die Möglichkeit“ haben, auf Tour zu gehen. Dass Sie sich wünschten, Sie hätten auch das Verlangen. Haben Sie aber nicht.
Ein bisschen Egoismus ist erlaubt
Auf Tour sei es schwierig, „seine Nüchternheit aufrechtzuerhalten“, und das sei nun mal eine Säule der Stabilität in Ihrem Leben. Ich finde es gut, dass Sie auf sich achten, ein bisschen Egoismus muss sein. Und trotzdem glaube ich, dass es möglich ist, sich von Tausenden von Menschen bejubeln zu lassen, dabei glücklich zu sein und danach nicht in ein bodenloses Loch zu fallen – was offenbar Ihre Angst ist. Vielleicht könnte eine Konfrontationstherapie helfen? Das wäre selbstsüchtig und selbstlos zugleich, eine Win-win-Situation. Denken Sie noch mal darüber nach?