Herr Carpendale, Sie stehen seit rund 60 Jahren auf der Bühne. Sind Sie stolz auf das, was Sie erreicht haben?
Howard Carpendale: Stolz ist nicht so mein Fall. Ich bin einfach dankbar. Es ist ja sehr unüblich, so eine lange Karriere zu haben – außer mir hat das noch Udo Jürgens geschafft, und Peter Maffay ist auf dem besten Weg dahin. Ich habe in diesen 60 Jahren 24 Tourneen gemacht, die Live-Konzerte sind immer gut gelaufen.
Nächstes Jahr habe ich eine Tournee, wo ich als 80-Jähriger auf der Bühne stehe, und so, wie es aussieht, wird die proppenvoll sein. Das ist unglaublich. Ganz ehrlich, manchmal frage ich mich schon: Was wollt ihr überhaupt von mir? (schmunzelt)
Es soll Ihre Abschiedstournee werden – ist das gleichbedeutend mit einem Bühnenabschied?
Carpendale: Es wird meine letzte Tournee sein, aber das Wort Abschied will ich nicht in den Mund nehmen. Wissen Sie, Tourneen sind ein sehr großes Unterfangen, da ist so viel zu planen und dazu die ganzen Fahrten. Ich reise immer gleich nach dem Konzert in die nächste Stadt, das heißt, wir sind meistens bis vier Uhr morgens unterwegs. Irgendwann muss ich schon auf meine Gesundheit aufpassen.
Mein Traum ist es aber, künftig noch Konzerte en suite zu geben, wie man das im Englischen nennt, also an mehreren Abenden hintereinander in etwas kleineren Sälen wie der Frankfurter Jahrhunderthalle mit ihren 3000 Plätzen aufzutreten. Ob das so kommt, weiß ich nicht.
Hat Ihnen auch Ihre Familie geraten, kürzerzutreten, zum Beispiel Ihr Sohn Wayne?
Carpendale: Ja, schon seit Langem – aber ich habe bislang nie auf sie gehört.
Das ZDF würdigt Sie anlässlich Ihres Bühnenjubiläums und kurz vor Ihrem 80. Geburtstag im kommenden Jahr mit einer großen Show, die am Samstag gezeigt wird. Ehrengast ist Jürgen Drews. Was verbindet Sie mit ihm?
Carpendale: Ich habe Jürgen Drews zum ersten Mal auf der Bühne gesehen, als er bei den „Les Humphries Singers“ sang. Damals kam ich gerade frisch aus England und dachte: Das ist der erste deutsche Künstler, den ich sehe, der mit seinem Aussehen und seinem Gesang eine Chance auf Erfolg in Amerika hätte.
Letztlich hat er einen Weg gewählt, den ich nicht eingeschlagen hätte – aber dass er der König von Mallorca war, hat sich finanziell sicherlich gut bezahlt gemacht. (lacht) Wir haben uns im Lauf der Jahre immer wieder gesehen und haben sehr schöne Gespräche zusammen.

Was ist der größte Hit Ihres Lebens, der Über-Hit, bei dem Ihre Fans am meisten aus dem Häuschen sind? „Ti amo“, „Hello Again“, „Deine Spuren im Sand“?
Carpendale: Der Über-Hit ist aus irgendeinem Grund „Nachts, wenn alles schläft“ von 1979. Es ist auch meine Lieblingsnummer, war der Musik von damals einen Schritt voraus und klingt meiner Ansicht nach auch heute noch sehr modern.
Zehntausende Menschen kommen zu den Auftritten eines bald 80-Jährigen. Hat das auch etwas mit Nostalgie zu tun?
Carpendale: Wissen Sie, meine Shows sind anders als die meiner Kollegen. Einfach weil ich aus dem angelsächsischen Raum komme, wo Entertainment wahnsinnig wichtig ist. Das heißt: Ein Konzert kann nicht nur aus 25 Liedern bestehen. Ich muss mit den Menschen reden, ich muss sie zum Lachen, zum Weinen und zum Tanzen bringen.
Stimmt es denn, dass Sie ganz am Anfang Ihrer Karriere Bodyguard bei den Rolling Stones waren? Die Physis dafür hätten Sie als ehemaliger Kugelstoßer ja gehabt …
Carpendale: Das stimmt, aber es war nicht so romantisch, wie es vielleicht klingt. Ich bin damals gebeten worden, bei ein, zwei Shows zu helfen. Das Publikum wollte bei den Auftritten der Rolling Stones immer auf die Bühne, und deshalb haben die 20 etwas größere Männer gesucht und gebeten, sich unterzuhaken und eine Reihe zu bilden, um die Bühne zu schützen – das war aber keine Festanstellung. (lacht)
Sie haben sich bei früherer Gelegenheit mal als Nachrichten-Junkie bezeichnet …
Carpendale: Ich habe in Amerika 17 Jahre im Dunstkreis von Donald Trump gelebt, nicht als sein direkter Nachbar, aber in Palm Beach. Ich habe ihn mal kennengelernt, und wenn man neben einem derart mächtigen Mann steht, färbt das irgendwie ab. Ich hatte in meinem Leben wunderschöne Begegnungen, mit Nelson Mandela, dem Dalai Lama, aber die mit Donald Trump hat mich geprägt. Ich habe danach angefangen, im Fernsehen jedes Wort von ihm zu verfolgen.
Bei welcher Gelegenheit haben Sie ihn kennengelernt?
Carpendale: Ich spiele ja seit vielen Jahren sehr gerne Golf. Ich war auf seinem Golfplatz, und Donald Trump hat beim Mittagessen im Clubhaus neben uns gesessen. Er kam dann rüber zu uns an den Tisch, legte seine Hand auf meine Schulter und sprach ein bisschen mit uns.
Meine Golfpartner und ich haben uns danach nur angeschaut und gedacht: Was war das denn? Keiner von uns hatte verstanden, was er gesagt hatte. Ich dachte schon früh, dass es keine gute Idee wäre, ihn zum Präsidenten zu wählen, und meine Befürchtungen sind leider wahr geworden.