Herr Ehrlich, waren Sie schon mal am Bodensee?
Andreas Ehrlich: Wir waren mal in Bregenz. Ein Freund von meinem Sohn studiert in der Nähe. Wir sind am nördlichen Ufer entlang gefahren, es ist eine wundervolle Gegend.
So einen großen Sohn haben Sie?
Ehrlich: Ja, mein Großer ist 19. Man wundert sich, wie schnell die Zeit vergeht. (lacht)
Und will er auch Zauberkünstler werden?
Ehrlich: Nein. Er ist im Social-Media-Bereich sehr aktiv und macht auch viel für uns – sehr gut und mit sehr viel Herzblut.

Die Ehrlich Brothers sind also ein richtiges Familienunternehmen … Mit Ihrem jüngeren Bruder Chris sind Sie seit 25 Jahren als Duo unterwegs. Was war denn die längste Zeit, die Sie zwei sich nicht gesehen haben?
Ehrlich: Boah, die Frage ist uns wirklich noch nie gestellt worden. (lacht) Da muss ich jetzt wirklich mal kurz darüber nachdenken, damit ich nichts Falsches sage … Wir sehen uns jeden Tag im Büro und in unserer Zauberwerkstatt und verbringen tatsächlich auch viele Urlaube zusammen. Auf den Tag genau kann ich es nicht sagen, aber ich schätze mal, es waren vielleicht zwei Wochen, also ein Urlaub, in dem wir nicht zusammen waren.
Würden die Ehrlich Brothers mit einem anderen Partner als Ihrem Bruder funktionieren?
Ehrlich: Natürlich hätten wir es auch mit Solo-Karrieren probieren können. Aber diese Frage hat sich für uns nie gestellt. Wir waren ja vorher allein aufgetreten, aber dann haben wir festgestellt haben, dass es so viel mehr Spaß macht, wenn man nach einem Auftritt nicht alleine ist, sondern sich austauschen kann. Über die Reaktionen des Publikums, darüber, was man besser machen könnte. Das ist der Grund, warum es die Ehrlich Brothers gibt – weil wir nach einem gemeinsamen Auftritt gesagt haben: Lass uns mehr zusammen machen, das macht so viel Spaß! Natürlich gibt es auch mal Meinungsverschiedenheiten, aber trotzdem ist es eine unfassbare Bereicherung.
Was finden Sie an der Zauberkunst faszinierend?
Ehrlich: Das Tolle an der Zauberei ist, dass sie eine so große Bandbreite mit sich bringt. Man überlegt sich etwas, man spricht mit Konstrukteuren, dann baut man es und braucht natürlich Fachleute, die sich mit den Materialien auskennen und damit umgehen können, die die Probleme, die ein neuer Trick immer mit sich bringt, bewältigen. Dann muss man die richtige Musik raussuchen und sich eine Geschichte ausdenken, die dazu passt. Auf der Bühne muss man im richtigen Moment Pausen setzen, dann kommt das Licht, die Pyrotechnik … Das ist wie eine Komposition.
An der feilen wir auch während einer laufenden Tour immer noch weiter. Vor allem die letzten fünf, sechs Prozent dauern unfassbar lange. Aber irgendwann läuft die Illusion smooth durch und man weiß ganz genau, wie das Publikum reagiert. Das ist dann der Moment, in dem die Illusion meistens nur noch eine Saison läuft – und dann kommt schon wieder was Neues. (lacht) Zaubern ist total spannend, und ich kann es auch als Hobby gerade für Kinder nur empfehlen. Man lernt, handwerklich zu arbeiten, etwas vorzubereiten und auf die Bühne zu bringen – statt am Handy zu sitzen und zu daddeln.
Hatten Ihre Kinder Zauberkästen, als sie klein waren?
Ehrlich: Nein. Aber natürlich habe ich mit ihnen Tricks einstudiert. Und sie haben auch die Illusionen, die mein Bruder und ich auf der Bühne machen, zu Hause nachgespielt mit Decken und Stühlen. Sie waren immer eher abgeklärt, aber trotzdem können sie alle ein bisschen zaubern. Das war mir auch wichtig.
Sie haben als Achtjähriger an Weihnachten einen Zauberkasten bekommen. Hatten Sie sich den gewünscht?
Ehrlich: Das war sogar ein ganz großer Wunsch! Eigentlich hatte ich damals auch nur diesen einen Wunsch. Und ich weiß noch, dass mein Cousin, der älter ist als ich, mir gesagt hat, dass der Weihnachtsmann nur eine Erfindung ist und der Zauberkasten bestimmt irgendwo bei meinen Eltern liegt. Also bin ich auf die Suche gegangen – und es war genauso, wie er es gesagt hatte … Ich habe dann heimlich geübt, wenn meine Eltern mal nicht da waren, und konnte an Heiligabend tatsächlich schon die Hälfte der Tricks aus dem Kasten vorführen. (lacht) Aber daran sieht man, wie viel Herzblut von mir von Beginn an in die Zauberei geflossen ist.
Am 27. September zeigt das ZDF „Ehrlich Brothers – Diamonds. Die große Jubiläumsshow“, quasi ein Best-of. Welcher ist für Sie persönlich der beste Trick in all den Jahren?
Ehrlich: Das ist natürlich ganz schwierig zu sagen, weil in jeder Illusion sehr viel Herzblut steckt und hinter jeder Geschichte eine lange Reise steht. Ein Moment, der bei mir aber jedes Mal aufs Neue Gänsehaut erzeugt, ist, wenn wir auf der Bühne abheben wie Schmetterlinge. Wir wurden als kleine Jungs gemobbt und haben durch die Zauberei gelernt, zu fliegen. Die Illusion ist ein Sinnbild dafür, dass jeder im Leben etwas erreichen kann, wenn er sich etwas erträumt und daran festhält. Zu zeigen, dass das möglich ist, und anderen damit vielleicht Mut zu machen, das ist für mich was ganz Tolles.
Gerade sind Sie in den USA auf Tour. Wird damit ein Traum wahr?
Ehrlich: Ja! Es war für uns immer ein Traum, in die USA zu gehen. Wir waren schon 2005 mit Bewerbungsmappen in Las Vegas, sind dann aber wieder nach Hause gegangen, weil wir uns auf keinen Fall vorstellen konnten, unser ganzes Leben in Las Vegas zu verbringen. Uns war klar: Wenn wir in die USA wollen, dann müssen wir eine Tournee machen. Das ist dann langsam immer konkreter geworden, wir hatten auch schon vor ein paar Jahren Anfragen, die wir aber immer wieder abgelehnt haben. Dann wollten wir es wagen und plötzlich kam Corona. Jetzt ist der Moment, wo wir sagen: jetzt oder nie. Wir freuen uns wie kleine Kinder. (lacht) Und wir sind ganz gespannt, wie die Amerikaner auf uns German Magicians reagieren. Ob sie das mögen, was wir machen.
Gibt es für die Amerikaner einen neuen Trick?
Ehrlich: Wir gehen mit einem etwas anderen Setup rüber, mit deutlich weniger Material. In Deutschland sind wir mit 30 LKW unterwegs, in den USA sind es acht oder neun. Und wir haben tatsächlich etwas Besonderes im Gepäck. Wir werden unseren Lamborghini schweben und dann mit einem Knall verschwinden lassen. In der Geschichte dazu geht es um das Speed Limit, also die Geschwindigkeitsbegrenzung in den USA, die mein Bruder nicht verstanden hat. Er wird dann auf der Bühne angehalten wird und das Auto verschwindet vor den Augen der Polizisten.

Warum zaubern eigentlich so wenige Frauen? Oder täuscht der Eindruck?
Ehrlich: Nein, das ist wirklich so. Es gibt viel weniger zaubernde Frauen als Männer – was total schade ist, weil sie das mindestens genauso gut können. Bei uns hat es lange gedauert, bis wir in der Öffentlichkeit richtig wahrgenommen wurden. Und ich glaube, das dauert auch bei den Frauen einfach noch ein bisschen. Viele Mädchen fangen heute mit dem Zaubern an, es ist ein cooles Hobby. Ich sage nur: Ran an den Zauberkasten!
Worüber können Sie denn eigentlich staunen?
Ehrlich: Ich staune jedes Mal aufs Neue, wenn sich der Vorhang hebt. Ich gucke in 10.000 Gesichter und denke: Die sind doch nicht nur wegen uns hier?! Diesen Anblick genieße ich bei jedem Auftritt. Und ich kann es auch wirklich erst dann glauben, wenn die Leute auf ihren Plätzen sitzen – selbst wenn ich vorher weiß, dass die Arena ausverkauft ist. Was mich auch wirklich erstaunt, besser gesagt: was ich wirklich für ein Wunder halte, ist die Natur. Wir haben einen tollen Garten und wir pflanzen viel. Dass zum Beispiel aus einer einzigen Erbse in kurzer Zeit ein großer Strauch wird – das finde ich einfach faszinierend. Ich weiß, das ist das Natürlichste auf der Welt, aber trotzdem geht das irgendwie nicht in meinen Kopf rein. (lacht)