Mit Venedig verlangt erstmals eine große Stadt eine Eintrittsgebühr. Der 25. April ist Feiertag in Italien, auch der 1. Mai ist frei, also nutzen viele Touristen diese Tage für einen Besuch in der Lagunenstadt, die immer wieder aus allen Nähten platzt. Die Gebühr samt Anmeldung soll einen Massenandrang verhindern. Ob das gelingt, ist freilich eine andere Frage.
Die Stadtverwaltung hat 29 Tage im Jahr 2024 bestimmt, an denen Besucher, die abends wieder aufs Festland zurückkehren, ein Eintrittsticket für die Altstadt Venedigs lösen müssen. Bis vor einigen Jahren war ein derartiger Plan, der Besuch einer Stadt gegen Eintrittsgeld, noch undenkbar. Doch seit Jahrzehnten wird darüber diskutiert, wie Venedig den Besucheransturm in den Griff bekommen kann.
Offiziell 14 Millionen Besucher jährlich wurden zuletzt gezählt, an manchen Tagen drängeln sich Zehntausende in den Gassen. Polizisten regeln dann den Fußgänger-Verkehr. Dass es so nicht weitergehen kann, war nicht nur Venezianern und Touristen klar, sondern auch der Weltkulturorganisation Unesco.
Immer wieder drohte sie, der Stadt wegen des Massenansturms den Status als Weltkulturerbe abzuerkennen. Der Versuch, den Andrang durch Gebühren und Anmeldungen zu steuern, ist auch eine Reaktion darauf.
Michele Zuin, für den Haushalt zuständiger Referent, sagte: „Es geht nicht ums Geldverdienen!“ Den Vorwurf, Venedig wolle seine Bilanz aufbessern, versucht die Stadtregierung zu entkräften. Der Preis von fünf Euro ist einigermaßen niedrig, könnte nach einer zwei Jahre dauernden Experimentierphase aber steigen oder variieren. Gemunkelt wird zum Beispiel, dass er, sobald eine bestimmte Besucherzahl erreicht ist, auf zehn Euro steigen könnte.

In den ersten beiden Jahren würden die Kosten die Einnahmen übersteigen, erklärte Bürgermeister Luigi Brugnaro. Eines Tages aber könnte sich das Eintrittsgeld für die Stadt lohnen. Möglicherweise haben auch deshalb zahlreiche vom Massentourismus betroffene Weltstädte in Venedig angefragt. Dort will man nun mit genauen Messungen beginnen, um herauszufinden, wie viele Menschen sich wann wo tummeln.
Wegen der Feiertage ist ab sofort bis zum 5. Mai jeden Tag eine Reservierung notwendig. Bis Mitte Juli sind Venedig-Tagesbesuche auch an fast jedem Wochenende anzumelden und zu bezahlen. Die Tickets können im Internet oder in jedem italienischen Tabakladen gelöst werden. „Wir werden noch eine ganze Weile experimentieren müssen“, sagte Brugnaro. „Es wird zwei Jahre dauern, bis wir die richtige Form gefunden haben.“

Nach Angaben der Stadtverwaltung haben sich bereits 200.000 Besucher für die Tage registriert, an denen es besonders voll zu werden droht. Es gebe weder Barrieren noch Zugangsbeschränkungen, so Bürgermeister Brugnaro. „Wir wollen die Stadt nicht absperren, sondern verhindern, dass sie explodiert.“
Das Ticket soll dazu animieren, den Termin des Besuchs genau auszuwählen: „Lohnt er sich an jenem Tag oder ist ein anderer besser?“ Die Zahl der vorgenommenen Reservierungen soll bei der Buchung angezeigt werden.
60 Kontrolleure sind unterwegs
Wer ankommt, ohne sich zuvor registriert zu haben, oder keinen Zugang zum Internet hat, der kann die Gebühr an Ständen etwa auf dem Vorplatz des Bahnhofs Santa Lucia begleichen und sich dabei von Stewards helfen lassen. Anschließend muss ein ausgestellter QR-Code vorgewiesen werden. Wer in der Altstadt von einem der rund 60 Kontrolleure dann ohne QR-Code erwischt wird, muss mit einem Bußgeld zwischen 60 und 300 Euro rechnen.
Etwas chaotisch scheint die große Zahl der Ausnahmefälle und Sonderbedingungen. Alle Venedig-Besucher, ausgenommen Bewohner oder gebürtige Venezianer, müssen den QR-Code bei sich tragen. Pendler, Studenten, Bewohner der Region Veneto oder Verwandte von Venezianern müssen ihren Status nachweisen und bekommen den Pass kostenlos.
Kinder unter 14 Jahren brauchen keinen Code, Hotel-Gäste schon. Weil sie aber bereits für die Übernachtung eine Tourismusgebühr entrichtet haben, müssen sie nicht erneut zahlen. Die Eintrittsgebühr ist außerdem nur zwischen 8.30 Uhr morgens und 16 Uhr nachmittags fällig. Abendessen soll ohne Eintrittsgebühr möglich sein.