Weihnachten war schon immer ein Familienfest

Zu keinem anderen Anlass versammeln sich so viele Mitglieder einer (Groß)Familie, um teils unter erheblichen Verrenkungen gemeinsam zu feiern und zu speisen. Die biblischen Ursprünge geben dieses Schwelgen im Stammbaum nicht her. Mit Maria, Josef und Jesus ist wohl eine Kleinfamilie unterwegs – zugleich ist sie auf der Flucht. Und: Josef wollte Maria kurz vor der Niederkunft verlassen, bis ihn ein Engel davon abhielt. Von den anderen Verwandten ist in den Evangelien nicht die Rede, weil es um etwas anders geht: um die Fleischwerdung Gottes in Gestalt eines Kindes. Da würden zu viele Tanten und Onkel mit ihren gutgemeinten Kommentaren eher stören.

Weihnachtsmärkte sind schön und gut. Doch mit Weihnachten haben sie etwa so viel zu tun wie ein Osterhase mit Ostern.
Weihnachtsmärkte sind schön und gut. Doch mit Weihnachten haben sie etwa so viel zu tun wie ein Osterhase mit Ostern. | Bild: Rainer Jensen

Weihnachten ist für das Schenken da

Die Deutschen gaben laut einer Statista-Erhebung im Jahr 2020 durchschnittlich 499,50 Euro pro Kopf für Weihnachtsgeschenke aus. Das zuvor ausbezahlte Weihnachtsgeld fördert das fröhliche Einkaufen am Jahresende. Im Stall von Bethlehem hätten diese Schätze wohl keinen Platz gefunden, sie hätten die kleine Familie auch nur behindert. Das Schenken kommt erst später auf. Seit der Reformation werden Gabentische aufgebaut. Davor beschränkte sich das Christfest auf Kirchgang und gutes Essen. Von allen Irrtümern ist das fixierte Schenken der am meisten sympathische. Der Evangelist Matthäus gibt diesem Reiz nach und schickt einen dreifachen Paketdienst nach Bethlehem: Die drei Weisen huldigen dem Jesuskind und überreichen ihm Weihrauch, Myrrhe und Gold – teure Präsente, die dem Zeremoniell der orientalischen Königshuldigung entnommen sind und zeigen, dass Jesus zugleich ein Armer und ein König ist.

Eine Nordmanntanne kommt in der Bibel nicht vor. Zum Fest gehört sie dennoch.
Eine Nordmanntanne kommt in der Bibel nicht vor. Zum Fest gehört sie dennoch. | Bild: Patrick Pleul

Weihnachten ist besinnlich

Der Advent ist vieles, er gibt sich bunt, schrill, unterhaltsam, aber nicht besinnlich. Feiern, Jahresabschlüsse, Schülerkonzerte, Weihnachtsmärkte füllen normalerweise den Kalender im Dezember. Über allen dieser prallen Aktionen steht die Überschrift „Besinnlichkeit“. Schade, dass sich das nicht auf Kommando machen lässt.

Als Weihnachtsmann verkleidete Studenten werden für ihren Einsatz geschult.
Als Weihnachtsmann verkleidete Studenten werden für ihren Einsatz geschult. | Bild: Sebastian Kahnert

Ohne Ochs und Esel geht es nicht

Die beiden Tiere gehören in jede Krippe, so viel steht fest. Im Weihnachtsevangelium (nach Lukas) ist von den beiden Tieren freilich nicht die Rede. Es gibt sie dort nicht. Dafür tauchen sie in einer Schrift auf, die viel später entstanden ist: im Buch des Pseudo-Matthäus (der ‚falsche Matthäus‘, um 600 geschrieben‘). Dieses Evangelium hat es nicht in die Bibel geschafft, wohl aber Ochs und Esel.

Kerzen ohne Ende. Braucht man so viele?
Kerzen ohne Ende. Braucht man so viele? | Bild: Roland Weihrauch

Weihnachten muss weiß sein

Jedes Jahr starren Menschen erwartungsvoll in den Himmel und erwarten ein Christfest im Schnee. Das hat sich – bedingt durch die einst schneereichen Winter – in den Köpfen so festgesetzt. Der Wunsch ist romantisch, weil jeder an Schlitten und Glühwein denkt, die diese Tage flankieren. Nur, mit der kargen Geschichte aus Bethlehem hat es nichts zu tun. Im Nahen Osten ist Schnee äußerst selten. Der Winterweihnachtsmann mit der roten Nase taucht dort nicht auf. Und die Länder südlich des Äquator befinden sich im Hochsommer. Schnee ist dort Fehlanzeige. Das letzte Wort gehört Loriot: „Früher war mehr Lametta.“ Damit ist alles gesagt. Gutes Fest!