Wer früher baden gehen wollte, hatte es nicht leicht – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Die Wasserkostüme der Damen waren in der Mitte des 19. Jahrhunderts noch aus Flanell und legten im nassen Zustand gut und gerne mal 5 Kilogramm zu. Das Bein steckte bis zu den Knöcheln in einem langen Beinkleid.
Dazu trug die Dame im Wasser übrigens leichte Lederschuhe, mit Strümpfen versteht sich, und eine Badehaube aus Wachstaffet, also einem wasserabweisend behandelten Seidenstoff. Die Farben waren natürlich nicht wirklich wasserfest und schon gar nicht UV-beständig, und so hielt der neue Schwimmanzug gerade einmal eine Saison durch. Badespaß sieht irgendwie anders aus.
Das merkte man auch damals schon recht schnell und so kam bald Bewegung in die Bademode. Vor allem aber wurden die Badekleider kürzer und kürzer – sehr zum Ärger der Sittenwächter übrigens. „1912 trugen die Damen zum Schwimmen schon ganz eng-anliegende Trikots“, weiß die Wiener Historikerin Lucie Hampel. „Eine Kleidung, die früher nur für Artistinnen zulässig war.“
Erregung öffentlichen Ärgernisses: Strümpfe ausziehen
Die australische Schwimmerin Annette Kellermann wurde 1907 wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ in Boston verhaftet, weil sie einen der neuen einteiligen Badeanzüge im Wettkampf trug. 1919 erwischte es die spätere Olympiaschwimmerin Ethelda Bleibtrey in Manhattan. Sie wurde inhaftiert, weil sie am Strand ihre Strümpfe zum Schwimmen ausgezogen hatte.
Die Herren trugen zu dieser Zeit übrigens schon immer öfter eine kurze Badehose und eben nicht mehr die bis dahin üblichen einteiligen Badeanzüge. Mit der FKK-Bewegung bahnte sich sogar noch Freizügigeres an. So konnte das mit der Bademode auf gar keinen Fall weitergehen, meinten zumindest die deutschen Moralwächter und streiften den Badenden 1932 den sogenannten „Zwickelerlass“ über.
Was ist bloß dieser Zwickel?
Die „Polizeiverordnung zur Ergänzung der Badepolizeiverordnung vom 18. August 1932“ legte ganz genau fest: „Frauen dürfen öffentlich nur baden, falls sie einen Badeanzug tragen, der Brust und Leib an der Vorderseite des Oberkörpers vollständig bedeckt, unter den Armen fest anliegt sowie mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist.“
Dieser ominöse „Zwickel“, von dem damals niemand so richtig wusste, was das denn überhaupt sein sollte, fand sich auch in der entsprechenden Bestimmung für den Herrn: „Männer dürfen öffentlich nur baden, falls sie wenigstens eine Badehose tragen, die mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist.“
Das „Zwickel“ genannte Stoffstück im Schrittbereich sorgte damals allgemein für große Erheiterung und brachte zumindest auf diese Weise den Spaß in die streng reglementierte Bademode zurück.
Nach dem Krieg kam der Bikini
Zu Beginn der Nachkriegszeit sorgte der Bikini für Aufsehen, den sich der Franzose Louis Réard 1946 patentieren ließ. Da sich die Mannequins weigerten, ihn öffentlich zu präsentieren, engagierte Réard für diesen Zweck die Nackttänzerin Micheline Bernardini. Seinen Siegeszug trat der Bikini aber erst an, nachdem ihn Marilyn Monroe, Brigitte Bardot, Raquel Welch und Ursula Andress gesellschaftsfähig gemacht hatten.
Bei den Herren dagegen geht der Trend zurück zu Badeshorts oder Bermudashorts. Bei den Damen ist auch der gute alte Badeanzug wieder „in“, dank der „Baywatch“-Fernsehserie der 1990er-Jahre mit Pamela Anderson und David Hasselhoff.
Im Leistungssport war er ohnehin nie so richtig out. Athleten versprechen sich von ihm höhere Geschwindigkeiten. Hydrodynamisch optimierte Bodysuits werben damit, dass sie bestimmten Muskelgruppen „optimale Unterstützung und Kompression“ bieten und die „kinetische Kette des Muskelapparates“ stärken. Und was kauft dann Otto Normal-Badegast? Klar: die „Turbobadehose“.