Zehn Jahre ist es her, dass ein Gesetz für heftige Debatten in Deutschland sorgte: Damals trat das Rauchverbot in Kraft. Hat es sich bewährt? Wir haben drei SÜDKURIER-Autoren gefragt – einen Raucher, eine Nichtraucherin und einen Ex-Raucher. Sie berichten von exklusiven Raucherklubs und stinkenden Klamotten. Und davon, dass Passivrauchen auch seine Vorzüge haben kann.
Mitglied in den Rauchschwaden
Nirgends gibt es angeblich so viele Vereine wie in Deutschland. Ich selbst war vor gut zehn Jahren Mitglied in einem Tischtennis-Club, hatte eine Karte in einem Fitness-Studio und einen Bücherei-Ausweis. In den Fächern meines Geldbeutels waren Gesundheits- und Bankkarten – das übliche eben. Einige Monate später galt in Deutschlands Gasthäusern und Kneipen das Rauchverbot – und mein Geldbeutel war gefüllt mit Beitrittserklärungen für Clubs, die sich teilweise sehr hymnische Namen wie "Organisation zum Erhalt der deutschen Kneipenkultur" gegeben hatten oder eben einfach nur Raucherclub hießen. Durch die Aufnahme in den jeweiligen Club durfte man Kneipen betreten, in denen weiter geraucht werden durfte. Meist musste man auf einem Fresszettel unterschreiben, die Aufnahmegebühr wurde in Getränkegutscheinen erstattet. So ein Mist, dieses Rauchverbot! Nur Umstände.
Und heute, zehn Jahre danach? Damals wie heute rauche ich noch, wenngleich der Wille zum dauerhaften Entzug stetig größer wird. Ausgerechnet das Rauchverbot hat daran erheblichen Anteil, denn kaum eine Situation ist kommunikativer, als vor einer Kneipe mit anderen Rauchern zusammenzukommen. Entschuldigung an dieser Stelle an alle nichtrauchenden Freunde und Bekannten, die ich dabei am Tisch für wenige Minuten alleine gelassen habe. Aber: Es gibt keine guten Argumente für das Rauchen. Geselligkeit gibt es auch ohne Zigarettenqualm. Ist gesünder und billiger. Der innere Schweinehund muss halt überwältigt werden.
In Raucherclubs musste ich übrigens schon seit Jahren nicht mehr eintreten. Geraucht wird nur noch in wenigen geschlossenen Räumen. Und wer da mal wieder hingeht, kann den Geruch der Klamotten am nächsten Tag selbst kaum aushalten. Und das hat uns früher nichts ausgemacht? Kaum zu glauben!
Ein halbes Leben Rauchverbot
Mit meinen 25 Jahren gibt es bereits fast mein halbes Leben das Rauchverbot. Für mich ist die Kneipenkultur mit Rauchschwaden also ein kleines Phänomen aus Erzählungen und Filmen. Mit der Zeit, in der Rauchen noch überall erlaubt war, verbinde ich also andere Erlebnisse. So fuhr ich beispielsweise jeden Morgen mit dem Zug zur Schule. Als vorpubertäre Zwölfjährige konnten meine Freundinnen und ich natürlich nicht still sitzen bleiben. Wir liefen von vorne bis hinten durch den Zug, zogen in jedem Abteil die schweren, noch mechanischen, Türen auf und kassierten mit den klappernden Ranzen auf dem Rücken einige genervte Blicke von Pendlern. Alles, um dann das heimliche Ziel unserer morgendlichen Wanderung zu erreichen: Das Raucherabteil.
Von Weitem war bereits der dichte Qualm zu sehen. Er symbolisierte etwas Gruseliges und damit natürlich auch Reizvolles. Manchmal gab es kleine Mutproben, in denen wir testeten, wer es am längsten ohne Hustenanfall im Abteil aushielt. Ein Mann saß dort jeden Morgen und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Ihn habe ich bei einem Trip in die Heimat kürzlich gesehen, dieses Mal am Bahnhof im kleinen gelben Viereck für Raucher. Dass er immer noch raucht, ist wohl eines der wenigen Dinge, die sich seit meiner frühen Schulzeit nicht verändert haben.
Neben der Tatsache, dass ich auch heute noch Nichtraucherin bin. Gestört haben mich Raucher allerdings nie. In einigen Momenten gehören sie irgendwie auch dazu, so wie im Stadion. Wenn ich in Kaiserslautern in der Westkurve auf dem Betzenberg stehe, macht die nervöse Zigarette des Nebenmanns auch ein bisschen die Stimmung mit aus. Trotzdem bin ich froh, dass das Rauchen kaum noch irgendwo erlaubt ist. Letztens saß ich aus Platzgründen in einem Restaurant im Raucherbereich und das Essen schmeckte nicht mal halb so gut im Dunst der Zigarette. Dann sitze ich lieber kurz alleine am Tisch, wenn die Raucherfreunde vor die Tür gehen. Dafür gibt es ja heutzutage zum Glück das Smartphone.
Fluch und Segen
Als das Rauchverbot in Gaststätten eingeführt wurde, rauchte ich noch keine zwei Jahre. Somit war das Rauchen in der Kneipe für mich keine liebgewonne Selbstverständlichkeit, sondern schon immer eine Ausnahme, die natürlich umso mehr genutzt wurde, je mehr sie sich einem auftat. Wann immer irgendwo ein Aschenbecher in Sicht war – sei es im Flughafen, in Zügen oder Gaststätten – wirkte das wie eine Aufforderung, sich hier und sofort eine Zigarette anzustecken. Gerade weil es für junge Raucher eher als Tabu galt, in geschlossenen Räumen zu rauchen.
Auch auf Reisen in der amerikanischen Provinz wurde im Motel das Raucherzimmer ausgewählt. Auch wenn wir uns wenig später dazu entschlossen, draußen zu rauchen, da der Gestank im Zimmer selbst nicht auszuhalten war.
Somit war man als ehemaliger Raucher, wie ich es bin, immer zwiegespalten, wenn es ums Rauchen in der Kneipe ging. Einerseits missfiel es einem, mit dicker Jacke umständlich das Lokal zu verlassen, um seine Nikotinsucht zu befriedigen. Und auch mancher Nichtraucher nimmt dichten Zigarettenqualm lieber hin, als die Möglichkeit jede paar Minuten alleine am Tisch zu sitzen. Andererseits findet man als Raucher oft am nächsten Tag, angesichts des Gestanks der Klamotten und der komplett leeren Zigarettenschachtel, ein Rauchverbot gar nicht so verkehrt. Somit ist das Gesetz, je nachdem, von welchem Zeitpunkt es der Raucher betrachtet (am feuchtfröhlichen Abend oder am Tag danach) Fluch und Segen zugleich.