Wer die Reise- und Sicherheitshinweise des deutschen Auswärtigen Amts für Italien liest, dem kann bei einem bevorstehenden Urlaub im Süden angst und bange werden. Von möglichen Überschwemmungen und Erdrutschen nach starken Regenfällen in den Sommermonaten ist dort die Rede, von der Gefahr schwerer Herbststürmen im Mittelmeer. Gewarnt wird auch vor Busch- und Waldbränden.
Sogar auf die Gefahr durch aggressive Braunbären in der norditalienischen Provinz Trient wird hingewiesen. Mitte Juli wurde nördlich des Gardasees ein französischer Tourist von einem inzwischen von den Behörden abgeschossenen Tier angegriffen und verletzt.
Wie gefährlich ist Urlaub in Italien?
Vielleicht ist angesichts dieses düsteren Bildes zu sagen, dass man von Bozen im Norden bis in die Basilikata im Süden bei intelligentem Verhalten immer noch einen wunderbaren Urlaub genießen kann, mit oder ohne Aperol Spritz, mit Spaghetti allo Scoglio und fantastischen Sonnenuntergängen etwa über dem Thyrrenischen Meer.
Ganz aktuell sind Mittel- und Süditalien allerdings von einer starken Hitzewelle betroffen, die das Leben für Einheimische und Besucher in den heißesten Stunden des Tages zu keinem reinen Vergnügen macht, vor allem in den großen Städten des Landes.
Das Auswärtige Amt in Deutschland hat somit allen Grund, auf eine Extremwetterlage hinzuweisen. „In den mittleren und südlichen Regionen Italiens, insbesondere auf Sizilien, herrscht aufgrund der aktuellen Wetterlage sowie ausbleibender Regenfälle bereits seit einigen Wochen erheblicher Wassermangel“, heißt es.

Auf Sizilien gilt Warnstufe rot, die örtliche Landwirtschaft geht auf Knien. In den Regionen Marken, Latium, Umbrien, Abruzzen, Molise, Apulien, Kampanien, Kalabrien, Basilikata und Sardinien gilt die zweithöchste Warnstufe. Auch in der Toskana ist es sehr heiß, in Florenz sollen die Temperaturen am Wochenende auf bis zu 38 Grad Celsius ansteigen.
In Norditalien, also etwa in Südtirol, der Lombardei, Venetien oder sogar in der Emilia-Romagna, schwitzt man dieser Tage ebenso. Dort herrscht wegen starker Regenfälle in den vergangenen Monaten keine Alarmstufe.
Die Antwort der Italiener auf die üblichen Hitzewellen im Sommer sind: entweder Strandurlaub oder Rückzug ins Gebirge. Bei vielen römischen Familien ist die nahe Bergregion Abruzzen beliebt. Auch wenn es dort tagsüber heiß werden kann, kühlt es nachts immer ab.
Wasser trinken und im Schatten bleiben
Wer kann, der ergreift dieser Tage aus Rom die Flucht. L‘afa, die teilweise nur schwer erträgliche Schwüle, ist in der Hauptstadt in aller Munde. Trotzdem sind Touristen in der Stadt – wie etwa Alvaro Garcia aus Spanien, der mit Begleitung schwitzend vor dem Kolosseum steht und berichtet: „Wir trinken so viel Wasser wie möglich und versuchen, uns vor allem im Schatten zu bewegen.“
Besucher aus aller Welt laufen mit Sonnenschirmen durch die Stadt, die meisten bewaffnet mit der obligatorischen Halbliter-Wasserflasche, deren Plastikverpackung bei der Erfrischung als eine Art Sommergeräusch knarzt. Sehr beliebt sind in der römischen Sommerhitze meist vor Lokalen aufgestellte Ventilatoren, die gleichzeitig kühles Wasser versprühen.

An den berühmten Trinkwasserbrunnen der Stadt, den sogenannten nasoni (große Nasen) bilden sich zuweilen Schlangen. Auch ältere Damen erfrischen sich hier beim Gang in den Supermarkt.
In den vergangenen Wochen haben allerdings die Einlieferungen dehydrierter oder kollabierter Touristen in die Notaufnahmen der Krankenhäuser im Zentrum der Stadt um zehn Prozent zugenommen. Das berichtet Giulio Maria Ricciuto, Vorsitzender des Landesverbandes Latium der italienischen Gesellschaft für Notfallmedizin.
Ricciuto erklärt, dass die Zunahme an Einlieferungen von Touristen vor allem mit Dehydratation, also Flüssigkeitsmangel im Körper, der Hitze allgemein, aber auch mit Vorerkrankungen der Betroffenen zu tun hat. „Vor allem Herzpatienten sind betroffen und Menschen mit Atemwegserkrankungen“, erklärt der Arzt.
Es komme dieser Tage auch häufiger zu von der Hitze ausgelösten Herzrhythmusstörungen. „Man kann wegen einer plötzlichen Arrhythmie oder auch Mangel an Mineralstoffen wie Potassium oder Kalzium in Ohnmacht fallen“, sagt Ricciuto.
Wer schwitzt, müsse also unbedingt für die nötige Flüssigkeitsaufnahme und Reintegration von Mineralstoffen sorgen. Gefährlich werden manchen Urlaubern auch Klimaanlagen, die zu stark kühlen. Es habe Fälle gegeben, berichtet Ricciuto, bei denen Urlauber Zuflucht in eisgekühlten Bars suchten, sich dort dann aber schwer erkälteten.
Auch Fälle von Gastroenteritis seien vermehrt aufgetreten. Das habe möglicherweise auch mit den hohen Temperaturen und Lebensmitteln zu tun, die in der Sonne verderben. „Und natürlich sieht man sehr viele Menschen mit Sonnenbrand in der Stadt. Aber da hilft der Gang in die Apotheke“, sagt Ricciuto. Sein Ratschlag für Rom-Besucher: Lieber nicht lange in der Schlange für ein Museum anstehen und immer genügend trinken!

Dramatisch war die Lage lange wegen Wassermangels auf Sizilien, vor allem für die dortige Landwirtschaft. Anfang der Woche gab es kurzzeitig Entwarnung, ein starker Wolkenbruch führte unter anderem dazu, dass sich der austrocknende Pergusa-See bei Enna, Siziliens einziges natürliches Süßwasser-Reservoir, wieder teilweise auffüllte.
In manchen Gegenden der Insel hatte es zuvor fast zwölf Monate nicht geregnet. Allerdings hilft Starkregen auf den ausgetrockneten Böden kaum, zudem handelt es sich bei den jüngsten Regenfällen wohl um ein außerordentliches Ereignis.
„Ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche Siziliens wird sich bis zum Jahr 2030 in Wüste verwandeln“, sagte Christian Mulder, Ökologie-Professor an der Universität Catania im Sender Rai 3. Bis 2050 sollen sogar zwei Drittel der landwirtschaftlichen Fläche betroffen sein. „Wir befinden uns in einem tiefgreifenden Wandel“, sagte Mulder. „Das betrifft nicht nur die Erhöhung der Temperaturen, sondern auch den zunehmenden Mangel an Regenfällen.“