Maite, deine Tournee trägt den Titel „Die Happy-Show“. Bist du ein glücklicher Mensch?
Ja! Trotz aller Widrigkeiten hat man mir nie die Freude aus dem Herzen rauben können. Ich möchte Kraft an die Menschen weitergeben, Freude und Zuversicht schenken, auch wenn es nur für ein paar Stunden ist. Ich finde es wichtig, dass wir alle die Hoffnung behalten, stark sind und uns auch für andere stark machen.
Dein aktuelles Album heißt „Nur Liebe XXL“. Was hattest du damit im Sinn?
Ein Freund von mir, ausdrücklich kein Schlagerfan, sagte: „Maite, ich habe richtig Gänsehaut, wenn ich dein Album höre.“ Ein schönes Kompliment. Ich strebe immer nach zeitloser Musik und bin sehr glücklich darüber, dass meine Lieder vielfältiger sind als der klassische „Bum-Bum-Schlager“.
„Das tut sich doch keiner freiwillig an“, eine der bisher veröffentlichten Singles, ist sogar ein bisschen von Chanson inspiriert.
Das liegt vor allem an dem Akkordeon. Ich habe in Paris gelebt und habe sehr viele Inspirationen aus der französischen Musik mitgebracht. Meine erste große Schlagerliebe war Serge Gainsbourg. Ich werde „Je t‘aime“, sein Duett mit Jane Birkin, nie vergessen. Jeder, der den Song hört, wird verstehen, warum ich für Roland Kaiser unser verruchtes Duett „Warum hast du nicht nein gesagt“ geschrieben habe (lacht).

Im Song „Ich sing meine Lieder“ blickst du auf deine Kindheit zurück. Warst du ein glückliches Mädchen?
Ich würde meine Kindheit nicht romantisieren. Meine Mutter ist sehr jung gestorben, und wir waren bettelarm. Wir waren eine klassische Aussteigerfamilie, mein Vater ein alleinerziehender Hippie. Das hatte auch seine schönen Seiten, weil wir ein sehr kreatives und ganz eigenes Leben lebten. Aber es gab kein Sicherheitsnetz. Ich weiß, wie es ist, ohne Heizung zu leben. Oder in einem Bus zu wohnen, an dessen Innenwand sich wegen der Kälte eine Eisschicht bildet. Wir hatten unseren Zwiebellook aus gutem Grund. Und wir haben uns warm gesungen.
Deine drei Töchter wachsen in einer ganz anderen materiellen Sicherheit auf. Versuchst du ihnen trotzdem die Werte, nach denen du als Kind gelebt hast, weiterzugeben?
Oft bin ich gerührt, wie sensibel meine Kinder auf andere Menschen reagieren und wie bewusst ihnen ist, was sie für ein privilegiertes Leben haben. Ich habe erstaunlich bescheidene Kinder. Sie wollen oft lieber ihr Geld spenden als sich irgendwas zu kaufen. Und da meine ganzen Mitarbeiterinnen Frauen sind, einige davon alleinerziehend, manche mit mehreren Jobs, sind meine Töchter umzingelt von Frauen, die es nicht immer leicht haben. Das prägt sie sehr.
Wärst du selbst gerne nochmal 16?
Nein. Ich wäre ungern in der heutigen Welt ein Teenager.
Warum nicht?
Allein schon wegen Social Media. Was das für ein Druck ist. Die Kinder konnten wegen Corona gefühlt jahrelang nicht gescheit rausgehen, mussten mit Masken rumlaufen, jetzt sind wir umzingelt von Kriegen. Ich würde wirklich nicht sagen, dass es die junge Generation heute einfach hat. Ich denke manchmal, wir sind in einer ganz anderen Welt aufgewachsen, ohne Handy, ohne Radio, ohne Fernsehen. Gleichzeitig staune ich, mit was für einer Anmut die Kids durch das Informationschaos navigieren.
Die Protagonistin in dem Lied „Das tut sich doch keiner freiwillig an“ lässt sich immer wieder auf jemanden ein, es ist ein Hin und Her, fast wie im Film. Kennst du solche On-Off-Beziehungen aus eigener Anschauung?
Der Song hat wirklich sehr viel Humor. Meine Lieder sind ganz bestimmt dramatischer als mein Leben (lacht). Ich glaube, bis Mr. oder Mrs. Right da ist, machen ganz viele Menschen solche Geschichten durch. Ich kenne nicht nur Frauen, sondern auch viele Männer, die immer wieder schwach werden, wenn die Frau sich bei ihnen meldet.
Hättest du denn gern ein dramatischeres Leben?
Nein, für solche Spielchen habe ich gar keine Zeit. Meinen ganzen Fokus widme ich meinen drei Kindern und meiner Arbeit. Aber natürlich gibt es manchmal Anwärter, die mich erobern wollen, doch wo ich schnell weiß: „Finger weg – das tue ich mir nicht an.“
Woran merkst du das?
Das ist einfach Lebenserfahrung.
Stehst du deinen Freundinnen gern mit Rat und Tat zur Seite?
Ich bin die Therapeutin, die niemand bezahlt (lacht). Bei mir öffnen sich die Menschen und erzählen alles. Für meine Freunde bin ich ein „Safe Space“. Ich höre allerdings nur zu. Ich gebe niemals Ratschläge.
Fragen: Steffen Rüth