Herr Börner, viele wollen hin, wenigen gelingt es. Wie kommt man zum ESC nach Basel?

Finn Börner: Mein Manager ist immer auf der Suche nach spannenden Castings für mich und so hat er auch das Casting für den ESC entdeckt. Als großer Fan des Eurovision Song Contests war für mich sofort klar: Ich möchte ein Teil davon sein. Also habe ich mich direkt beworben.

Wie haben Sie sich auf das Casting vorbereitet?

Finn Börner: Ich habe mir ein Musikstück ausgesucht, zu dem ich gerne tanzen wollte, und es gemeinsam mit Leon Fischer, einem musikbegeisterten Freund, passend zusammengeschnitten. Daraufhin habe ich eine Choreografie entwickelt, in der ich Elemente aus Ballett, Hip-Hop und Modern Dance kombiniert habe. Ziel war es, in drei Minuten alles zu zeigen, was ich kann.

Der 69. Eurovision Song Contest soll vom 13. bis zum 17. Mai 2025 in der St. Jakobshalle in Basel stattfinden, nachdem Nemo mit dem Lied ...
Der 69. Eurovision Song Contest soll vom 13. bis zum 17. Mai 2025 in der St. Jakobshalle in Basel stattfinden, nachdem Nemo mit dem Lied The Code den Eurovision Song Contest 2024 in Malmö für die Schweiz gewonnen hat. | Bild: Philipp von Ditfurth

Aber da gehört noch mehr dazu, oder?

Finn Börner: Zusätzlich habe ich meine Stepplehrerin Helga Möhrle und eine weitere Kollegin gefragt, ob sie mir eine kleine Stepp-Choreografie zusammenstellen können. Das haben sie gemacht. Helga hat mir auch in Privatstunden geholfen, die Choreografie einzustudieren. Danach habe ich noch an einigen besonderen Showelementen gearbeitet, zum Beispiel an Sprüngen in verschiedenen Variationen und sogar einem Überschlag, um echte Highlights einzubauen.

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Wie läuft so ein Auswahlverfahren ab?

Finn Börner: Das Casting bestand aus mehreren Etappen. Zuerst musste man ein Formular ausfüllen, ein etwa dreiminütiges Showreel hochladen sowie einige Bilder. Das war noch vor Weihnachten. Nach Silvester kam dann im Januar die Einladung zur zweiten Runde, einem Live-Casting vor Ort in Basel. Ich bin gemeinsam mit meiner Mutter hingereist und habe dort meine Choreografie vorgetragen – mit der Musik, die ich zuvor erstellt hatte.

Vor Ort saßen etwa zehn Personen im Raum, darunter Choreografen, das Produktionsteam aus Schweden und Vertreter der Tanzschule, die für das Projekt beauftragt wurde. Nach dem ersten Tanz bekam ich dann eine zufällig gewählte Musik und musste etwa eine Minute lang improvisieren. Danach sagten sie, dass ich Bescheid bekomme, und etwa einen Monat später kam dann die Zusage.

Unter wie vielen Konkurrenten konnten Sie sich durchsetzen?

Finn Börner: Wie viele Bewerber es insgesamt waren, weiß ich leider nicht. Ich weiß nur, dass die Castings an zwei Tagen stattfanden, jeweils von morgens bis abends, und in Timeslots mit jeweils sieben Personen organisiert waren. Jeder hatte etwa zehn Minuten vor der Jury.

Finn Börner ist Teil des großen Teams zur Vorbereitung des ESC in Basel.
Finn Börner ist Teil des großen Teams zur Vorbereitung des ESC in Basel. | Bild: ESC Basel

Und wie viele Tänzer sind es am Ende geworden?

Finn Börner: Nach meinem aktuellen Stand sind es ungefähr 50 Tänzerinnen und Tänzer. Ich bin für verschiedene Länder im Einsatz.

An welchen Tagen werden Sie beim ESC tanzen?

Finn Börner: Ich bin als sogenanntes Body-Double gecastet worden. Das bedeutet, dass ich stellvertretend für die Künstler auf der Bühne stehe, bevor sie selbst eintreffen. Die Acts reisen meist erst etwa eine Woche vor der Liveshow an, aber davor muss schon alles sitzen. Das heißt, ich tanze bereits während der Probewochen. Ich bin unter anderem für Deutschland, San Marino, Litauen, Island und Schweden im Einsatz. Für jedes dieser Länder übernehme ich die Rolle der Hauptperson auf der Bühne, damit Licht, Kamera und Timing perfekt abgestimmt werden können.

Auch für den deutschen ESC-Teilnehmer Abor, der mit seiner Schwester Tynna antritt, darf Finn Börner den Doppelgänger bei den Proben ...
Auch für den deutschen ESC-Teilnehmer Abor, der mit seiner Schwester Tynna antritt, darf Finn Börner den Doppelgänger bei den Proben abliefern. | Bild: Boris Roessler

Das hört sich herausfordernd an...

Finn Börner: Diese technischen Proben laufen mehrere Tage lang. Zusätzlich gibt es drei große Probentage, bei denen komplette Aufzeichnungen erstellt werden. Die dienen den echten Acts später als Referenz, wenn sie ankommen. In diesen Tagen tanze ich also bei Generalproben, Technikdurchläufen und Kamera-Tests. Das bedeutet, auch wenn ich nicht bei der Liveshow auf der Bühne stehe, bin ich während der gesamten Vorbereitungszeit voll im Einsatz und absolviere alle Durchläufe mit Kostüm, Licht und Bühnenbild genauso wie später die eigentlichen Künstler.

Wie laufen die Proben für den großen Moment ab?

Finn Börner: Die Proben sind sehr strukturiert und intensiv. Seit Ende März bin ich in Basel und trainiere täglich mit den anderen Tänzerinnen und Tänzern. Jedes Land hat seine eigenen Probenzeiten, die meist zwei bis drei Stunden dauern. In dieser Zeit wird die komplette Performance einstudiert – inklusive Bühnenablauf, Positionen, Übergänge und Bewegungen im Einklang mit Licht- und Kameraeffekten.

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Aber woran können sich die Planer orientieren?

Finn Börner: Jedes Land musste im Vorfeld ein Video einreichen, das zeigt, wie die finale Performance aussehen soll. Auf dieser Basis lernen wir die Choreografien und führen sie so genau wie möglich aus. Zusätzlich arbeiten wir eng mit dem Kameraregisseur zusammen, der uns sagt, wann welche Kamera auf welche Aktion reagieren muss.

Später finden dann in der St. Jakobshalle mehrere vollständige Durchläufe statt, bei denen auch aufgezeichnet wird. Diese Videos werden an die Länder geschickt, damit die Künstler bei ihrer Ankunft genau wissen, wie ihre Show aufgebaut ist. Wenn die echten Acts dann in Basel eintreffen, übernehmen sie auf dieser Basis die Show mit ihren eigenen Tänzern. Bis dahin sind wir Body-Doubles die, die alles vorbereiten, perfektionieren und vorführen.

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Und wenn Sie mal nicht auf der Bühne stehen?

Finn Börner: Parallel arbeite ich als Produktions-Assistent im Produktionsteam des Eurovision Song Contests. Eine meiner Aufgaben ist die Koordination der Akkreditierungen, damit alle Mitarbeitenden, Künstler und Beteiligten ihre Zugangsausweise erhalten. Zusätzlich bin ich in die Erstellung von Dispositionen eingebunden, nehme an Team- und Produktionsmeetings teil und kontrolliere, dass Sicherheitsvorschriften eingehalten werden. Es ist unglaublich spannend, nicht nur auf der Bühne Teil dieses riesigen Projekts zu sein, sondern auch an der Planung und Umsetzung im Hintergrund mitzuwirken.