Birgit Homburger hat es schon einmal erlebt. Sie war Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, als die Liberalen schon einmal den Einzug in das Parlament verpasst haben. Aber: „Die FDP lebt, sie kämpft und sie wird wieder kommen“, betont sie als Kreisvorsitzende am Ende eines dreistündigen spannenden Wahlabends im Singener Gasthaus Kreuz. Dabei wurden der 31-jährige Unternehmer Nico Klemann zum Kandidaten und der Stockacher Timo Gabele zum Ersatzkandidaten des Wahlkreises 57 Singen mit Stockach für die nächstjährige Landtagswahl gewählt. Mitbewerber Suno Raza unterlag bei der Abstimmung.

Nachdem Birgit Homburger zügig durch die vielfältigen Formalien geführt hatte, die für eine rechtsgültige Wahl der Bewerber notwendig sind, stellten sich die beiden Kandidaten der Versammlung kurz vor. Sie gingen dabei auch auf ihre Motivation für die Bewerbung ein und erläuterten ihre Ziele im Falle eines erfolgreichen Einzugs in den Landtag. Im Anschluss bestimmte die Kreisversammlung die Delegierten für die Landesvertreterversammlung, die am 5. Juli in Pforzheim über die Landesliste der FDP für die Landtagswahl entscheidet.

Nico Klemann hat vor drei Jahren nach dem Studium der Allgemeinen Rhetorik in Tübingen das Verlagsunternehmen seines Vaters übernommen und führt somit das Familienunternehmen fort. „Eine freiheitliche Gesellschaft sollte jedem Menschen ermöglichen, alle Chancen wahrnehmen zu können, ohne dass ihm Hindernisse in den Weg gelegt werden“, so sein liberales Credo. Als Unternehmer stört ihn die oftmals überbordende Bürokratie.

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Es fehlt bei politischen Entscheidungen immer mal wieder die liberale Stimme, die verhindert, dass an sich sinnvolle Beschlüsse mit Verordnungen, Regelungen und Formalien überfrachtet werden. Als Beispiel aus seinem beruflichen Umfeld führte er die Entwaldungsverordnung an, deren Ziel es ist, für die Produktion von Papier keine zusätzlichen Flächen zu entwalden. Mit dieser Verordnung ist aber für die betroffenen Unternehmen ein gewaltiger Dokumentations- und damit auch finanzieller Aufwand verbunden, der die Wirtschaftlichkeit der Betriebe gefährdet.

Im Bildungsbereich ist es ihm wichtig, dass eine gute Ausbildung – etwa im Handwerk – eine ähnliche Wertigkeit im gesellschaftlichen Ansehen bekommt, wie ein Studium oder ein Fachhochschulabschluss. Dies ist laut Klemann ein Ansatz, um dem allseits beklagten Fachkräftemangel entgegenwirken zu können. Nico Klemann schloss mit einem von Angela Merkel sicherlich ironisch gemeinten Zitat: „Gott schuf die FDP, um uns zu prüfen“. Für ihn beschreibt dieses Zitat jedoch eine Partei, die kritisch ist, manchmal unbequem, und auch bereit, eine Sachlage mal aus einem ganz anderen, ungewohnten Blickwinkel zu betrachten, und genau diese Partei sei für ihn die FDP.

Klemann bekommt 70 Prozent

Auch der 40-jährige Suno Raza hat sich um die Kandidatur im Wahlkreis Singen mit Stockach beworben. Er ist in Rielasingen aufgewachsen und wohnt jetzt in Engen. In seiner beruflichen Tätigkeit als technischer Einkäufer ist auch ihm die überhandnehmende Bürokratie ein Ärgernis, die nur durch einen größeren Einfluss liberalen Denkens wieder zurückgefahren werden kann. „Es kann nicht sein, dass langjährig bewährte Geschäftsbeziehungen abgebrochen werden müssen, wenn kleinere Lieferanten die immer höheren Anforderungen nicht mehr erfüllen können“ berichtete er aus seiner beruflichen Praxis.

In der Abstimmung setzte sich Nico Klemann mit 70 Prozent der abgegebenen Stimmen durch. Als Ersatzkandidat wurde einstimmig Timo Gabele, der 31-jährige Schriftführer des Ortsverbands Stockach, gewählt. Lehrer Patrick Konopka konnte im Wahlkreis Konstanz mit Radolfzell bereits die FDP von sich überzeugen.

In der Kreisversammlung informierte die Fraktionsvorsitzende der FDP im Kreistag, Ann-Veruschka Jurisch, über Themen aus diesem Gremium. Im Fokus stehen dabei derzeit die kostenintensiven Projekte wie das neue Berufsschulzentrum in Konstanz oder das geplante neue Krankenhaus in Singen, die wiederum auch Auswirkungen auf die Finanzlage der einzelnen Gemeinden im Kreis haben werden.

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