Dass die Stimmung bei den Unternehmen hierzulande derzeit nicht gerade überschäumt, ist nicht neu. Zu viele belastende Faktoren gibt es für die Wirtschaft, als dass regelmäßig die Sektkorken knallen könnten. Was sollten Unternehmen in dieser Lage tun?
„Die Herausforderung ist, auf die Lage zu reagieren“, fasste es Clemens Fuest zusammen. Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München ist auch Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzministeriums.

Er war zu Gast beim Wirtschaftsforum der L-Bank, einer Veranstaltungsreihe, die die baden-württembergische Förderbank einmal im Jahr abhält und die nun zum ersten Mal in Villingen stattfand. Etwa 400 Unternehmensvertreter waren dabei – und wenn man sich im Saal umhörte, merkte man, dass sie aus allen Ecken Baden-Württembergs kamen.
Nicht mehr im ganz tiefen Tal, aber Situation bleibt schwierig
Fuest konnte auf den von seinem Institut erhobenen Geschäftsklimaindex zurückgreifen. Der sei bundesweit zum sechsten Mal in Folge gestiegen. Das hänge wohl hauptsächlich mit dem vielen Geld zusammen, das die Bundesregierung unter die Leute bringen wolle.
Auch in Baden-Württemberg seien die Erwartungen von Unternehmern zuletzt gestiegen. Und die Prognose fürs Wirtschaftswachstum in Deutschland habe sein Institut zuletzt für 2026 auf ein Plus von 1,5 Prozent erhöht. Im ganz tiefen Tal wie während der Corona-Pandemie sieht Fuest die Unternehmen daher nicht: „Aber die Situation bleibt schwierig.“
Ein paar Ideen, wie die Wirtschaftspolitik Unternehmen helfen kann, hatte Fuest auch dabei. Deutschland brauche eine übergreifende Reformstrategie, damit das viele Staatsgeld auch zielgerichtet eingesetzt werde.
Das Lieferkettensorgfaltsgesetz müsse komplett verschwinden, weil das ganze Berichtswesen nur Menschen beschäftige, aber nicht der Nachhaltigkeit helfe. Stattdessen sollte man verbindliche Standards einführen – und diejenigen bestrafen, die dagegen verstoßen. Auch den Kündigungsschutz für Spitzenkräfte in der Wirtschaft würde Fuest lockern. Er treibe für Unternehmen die Kosten für Restrukturierung hoch – „und ein IT-Ingenieur findet ohnehin sofort einen neuen Job“.

Das sagt der Wissenschaftler zu den Regierungsplänen
Die Maßnahmen der Bundesregierung kamen bei ihm hingegen eher so mittel an. Beim Infrastrukturpaket bräuchte es ein klares Zielbild, um das Geld gut auszugeben. Stattdessen würden jetzt alle Kommunen hinter den Mitteln herrennen, so Fuest. Die steuerliche Bevorzugung von Überstunden würde nur dazu führen, dass wie vor einigen Jahren in Frankreich mehr Arbeit als Überstunden deklariert, aber nicht mehr gearbeitet werde.
Die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie sei schon während der Corona-Pandemie ungeeignet gewesen – warum sollte man diese nun bei knappen Kassen auf Dauer beibehalten? Und die Energiewende müsste ökonomisch effizienter laufen. Wer Strom da produziert, wo er nicht gebraucht wird, sollte das Netzentgelt einfach selbst zahlen. Immerhin, die geplanten Steuersenkungen für Unternehmen seien wachstumsorientiert, so Fuest.
Wie kam das an im Saal? Arendt Gruben, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Schwarzwald-Baar, kannte Fuest schon von einer Veranstaltung 2024, da sei das jetzige Update spannend gewesen. „Es war ein scharfer analytischer Vortrag, der die Herausforderungen messerscharf auf den Punkt gebracht hat“, lautete Grubens Einschätzung.
Michaela Imhof, die als Coach in Triberg-Nußbach arbeitet, wollte in der Publikumsrunde wissen, wie sie Einfluss auf die Politik nehmen könne. Fuest erwiderte, dass Wähler durchaus auch ihren Einfluss bei ihren Abgeordneten geltend machen können: „Auch diese Regierung wird nicht gerne hören, dass sie Mittel zweckentfremdet.“
Viele Erwartungen an die Politik
Überhaupt wurden bei der Veranstaltung einige Erwartungen an die Politik formuliert. Birgit Hakenjos, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg, forderte, es müsse jetzt endlich wieder eine „echte Politik für den Mittelstand“ geben. Jeder zweite Mittelständler habe die frühere Wirtschaftspolitik jedenfalls als Gefahr betrachtet. Aber: „Wichtig ist, dass die Versprechen jetzt konkret bei den Betrieben ankommen.“

Auch Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz, brachte einen Wunsch mit, nämlich dass bei der Stromsteuer tatsächlich alle Betriebe entlastet werden: „Auch kleine Unternehmen müssen sich im Wettbewerb behaupten.“ Und er lobte die junge Generation: „Junge Menschen sind bereit, etwas zu tun. Aber man muss sie auch machen lassen.“