Die Freude war riesig bei Johannes Wolf vom Yachtclub Insel Reichenau (YCIR), als er erfuhr, dass sein Verein sich zusammen mit den Jollenseglern Reichenau e.V. für die Seglerjugend Roadshow qualifiziert hat. Das Ereignis wird von der Deutschen Seglerjugend des Deutschen Segler-Verbands (DSV) ausgerichtet. Die Initiative „Segelsport vor Ort“ organisiert deutschlandweit für Kommunen und Vereine Schnuppertrainings für Kinder zwischen sieben und zehn Jahren. Vormittags sind die Schulen dran, und nachmittags können Eltern ihre Kinder zum Segeln anmelden.

Die Schulen machen nicht mit

Soweit der Plan. Doch die Rückmeldung der Schulen blieb aus. „Wir haben acht Grundschulen angeschrieben und nur von zweien eine Rückmeldung bekommen“, sagt Johannes Wolf, Jugendleiter und Vorstandsmitglied des YCIR. Von den anderen Schulen kam zunächst gar keine Antwort. „Da haben wir befürchtet, dass unser Schreiben nicht ankam.“

Doch schließlich kamen doch noch zwei Reaktionen. Die Grundschule Reichenau sei von dem Programm begeistert, aber unter den Lehrkräften befänden sich keine ausgebildeten Rettungsschwimmer, so Wolf. Diese seien Pflicht, ohne gehe es nicht.

Johannes Wolf vom YCIR und Joachim Bärthele von den Jollenseglern Reichenau sind enttäuscht darüber, dass der Segelsport vor Ort nicht ...
Johannes Wolf vom YCIR und Joachim Bärthele von den Jollenseglern Reichenau sind enttäuscht darüber, dass der Segelsport vor Ort nicht stattfinden kann. Beide hatten sich bereits sehr auf das Event gefreut. | Bild: Lara Wiegandt

„Ich müsste nur einmal bei der DLRG anrufen, und wir hätten genügend Rettungsschwimmer, zur Not auch für jedes einzelne Kind“, erklärt Wolf im Gespräch mit dem SÜDKURIER frustriert, „aber diese Rettungsschwimmer gelten nicht, obwohl sie das besser könnten als jeder Lehrer.“ Doch auch bei den anderen Schulen gab es kein Interesse.

Ein Gerichtsprozess hat weitreichende Folgen

Die zögerliche Haltung der Schulen erklärt sich Wolf durch den Ertrinkungsfall eines siebenjährigen Schülers der Konstanzer Stephansschule. Dieser war Nichtschwimmer und ertrank in seiner ersten Schwimmstunde am 18. September 2023. Der Fall sorgte deutschlandweit für Aufsehen. Die Aufsichtspersonen, eine Lehrerin und eine damalige Referendarin, mussten sich vor Gericht verantworten. Das Urteil des Konstanzer Amtsrichters lautete fahrlässige Tötung durch aktives Tun. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Anwälte der beiden Lehrkräfte kündigen an, in Berufung zu gehen.

Die Verunsicherung bei Lehrkräften und Schulen scheint groß zu sein – das wurde in den wenigen Rückmeldungen Johannes Wolf so gespiegelt. Joachim Bärthele, Jugendleiter und Vorstandsmitglied bei den Jollenseglern Reichenau, bedauert es, dass die Kinder deshalb kein Schnuppertraining machen könnten. Er meint: „Das führt leider dazu, dass niemand mehr Verantwortung übernehmen möchte.“

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Alternative Radolfzell: Vier Gruppen könnten es werden

Immerhin hätten sich einige Kinder privat für den Nachmittag zum Schnuppersegeln angemeldet. Allerdings: „Für lediglich neunzehn Kinder können wir aber keine Veranstaltung ausrichten“, so Wolf. Nun hoffen sie darauf, sich mit Radolfzell zusammenschließen zu können.

Dort soll das Segelsport-Event ebenfalls durchgeführt werden. Auch hier war die Nachfrage nicht so groß wie erhofft, doch es meldeten sich schlussendlich drei Schulklassen an, weiß Wolf. „Wenn wir unsere Kinder dort noch hinschicken könnten, wären es vier Gruppen.“

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Noch ist unklar, wie viele der privat angemeldeten Kinder dabei tatsächlich an Bord bleiben würden. Schließlich geht der neue Standort mit einer Terminverschiebung auf den 1. Juli einher. Doch ab vier Gruppen kann immerhin das Ereignis überhaupt am Untersee stattfinden. Nur leider nicht wie erhofft auf der Reichenau.

Die Absage des Events bedeutet auch Einbußen für die Nachwuchsarbeit der beteiligten Vereine. Das Schnuppertraining wäre eine Möglichkeit gewesen, Kindern den Sport näherzubringen, beklagen sie. Etwas so Großes auf die Beine zu stellen wie der Dachverband DSV, sei ihnen als kleine Organisationen nicht möglich. Doch es stehen Überlegungen im Raum, selbst eine kleinere Veranstaltung im Reichenauer Yachthafen an einem Wochenende zu organisieren.

Blick auf die Insel Reichenau: Hier sollte ein Segler-Tag für Kinder zwischen sieben und zehn Jahren stattfinden. Doch Schulen winken ...
Blick auf die Insel Reichenau: Hier sollte ein Segler-Tag für Kinder zwischen sieben und zehn Jahren stattfinden. Doch Schulen winken ab, da sich unter den Lehrkräften sich keine ausgebildeten Rettungsschwimmer befänden. | Bild: Timm Lechler

„Dabei tragen wir die gleiche Verantwortung, wie sie auch die Schulen haben“, versichert Wolf. Doch sie seien zuversichtlich, dass sie dafür eine Lösung finden. „Wichtig ist schließlich, keine Angst vor dem Wasser zu fördern“, stellt Bärthele klar. Wolf ergänzt: „Sonst leben die Kinder am See und dürfen trotzdem nicht ins Wasser.“