Camping und Corona sind zwei Dinge, die offenbar gut zusammenpassen, nicht nur wegen des gemeinsamen Cs, versteht sich. Die Gründe liegen auf der Hand: Schließlich erfüllt das Übernachten und Leben in Zelt, Wohnwagen oder Wohnmobil zwei entscheidende Voraussetzungen für einen ansteckungsfreien Urlaub in Corona-Zeiten – man bringt die eigenen (Zelt-)Wände selbst mit und verbringt ohnehin die meiste Zeit im stets gut belüfteten Draußen.

Was kann‘s Besseres geben, sagt sich deshalb eine große Zahl von Deutschen. Campingplätze in Deutschland sind in diesem Sommer vielfach schon ausgebucht.

Gut maskiert: Die Autorin auf dem Weg ins Sanitärgebäude.
Gut maskiert: Die Autorin auf dem Weg ins Sanitärgebäude. | Bild: Angelika Wohlfrom

Ganz so einfach ist es allerdings nicht mit dem Campen in Corona-Zeiten, stelle ich bei unserem frühen Sommerurlaub Ende Juni/Anfang Juli fest. Auch die Campingplätze unterliegen strengen Corona-Verordnungen, die sich, wie man inzwischen weiß, in bester föderalistischer Manier immens unterscheiden können.

Wer blickt da noch durch?

Campen in Berlin ist demnach eine vollkommen andere Sache als Campen in Bayern. Was am Bodensee in Ordnung geht, kann an der Nordsee vollständig verboten sein. Gar nicht so einfach, da durchzublicken. Zumal, wenn man wie wir nicht nur an einem Ort urlauben will, sondern bei einer kleinen Deutschlandtour in verschiedenen Bundesländern Station macht.

Außer Betrieb: In Bayern ist jedes zweite Becken im Waschraum abgeklebt.
Außer Betrieb: In Bayern ist jedes zweite Becken im Waschraum abgeklebt. | Bild: Angelika Wohlfrom

Im Juni haben viele Campingplätze im Land gerade erst wiedereröffnet, zugelassen sind zunächst vielerorts nur so genannte autarke Fahrzeuge, gemeint ist in diesem Fall nicht etwa, dass sie ihren eigenen Energiebedarf selbst decken (obwohl es auch das gibt), sondern, dass die Menschen, die mit ihnen unterwegs sind, keine anderen Einrichtungen brauchen, also Klo und Dusche vorhanden sind. Was bei unserem Kleinbus nicht der Fall ist. Was also tun?

Spontan losfahren? Lieber nicht!

Ganz spontan loszufahren und mal hier, mal dort haltzumachen, erscheint in der Situation wenig ratsam. Wir studieren erst mal die Homepages diverser Campingplätze. Die unterscheiden sich bei näherer Betrachtung auch innerhalb eines Bundeslandes erheblich.

Beispiel Bayern: In der Zugspitz-Region wollen wir mit ein paar Tagen Wandern in den Urlaub starten. Doch der erste Campingplatz in Garmisch erteilt uns eine Absage – zugelassen seien aufgrund der aktuellen Corona-Verordnung nur autarke Fahrzeuge.

Wäscheklammern als Trick, um festzustellen, ob im Waschhaus noch Platz ist.
Wäscheklammern als Trick, um festzustellen, ob im Waschhaus noch Platz ist. | Bild: Kevin Mayer - stock.adobe.com

Zum Glück werden die Vorschriften nicht überall so streng interpretiert: Der nächste Versuch glückt. Sogar Zelte sind hier willkommen, wie wir bei unserer Ankunft feststellen. Und warum auch nicht? Sind sie doch nicht abhängiger von sanitären Einrichtungen als wir mit unserem Bus. Was nicht heißt, dass man hier unvorsichtig wäre.

Genialer Trick: die Wäscheklammer

Ins Sanitärgebäude darf immer nur eine begrenzte Anzahl von Menschen: Wer rein muss, nimmt sich eine der ausliegenden Wäscheklammern aus einer Schale im Eingangsbereich. Ist keine mehr vorhanden, muss gewartet werden. Eigentlich kein schlechter Mechanismus und alle halten sich dran.

Manchmal hat Corona ja auch seine guten Seiten, denke ich mir in den scheinbar immer frisch geputzten Räumlichkeiten. Selten war so viel Handwaschlotion, selten so viel Platz. Selbst dem Maskentragen kann man etwas abgewinnen, wenn man beim Klogang unangenehmen Gerüchen aus der Nachbarkabine immerhin ein Stück Stoff entgegensetzt...

Die Autarkie ist eher theoretisch

Aropos Klogang. Auf unserem Weg in Richtung Norden wollen wir an einem der schönen Seen im Dunstkreis Münchens Station machen. Ein Stellplatz mit sanitären Anlagen soll uns genügen. Und wir werden auch fündig. Um den Corona-Vorschriften zu entsprechen, sieht man sich in der Nähe des Ammersees allerdings genötigt, von den Gästen zumindest in der Theorie Autarkie einzufordern.

Zum Glück unbenutzt: Der Toiletteneimer kam nicht zum Einsatz. In Bayern genügte sein Vorhandensein.
Zum Glück unbenutzt: Der Toiletteneimer kam nicht zum Einsatz. In Bayern genügte sein Vorhandensein. | Bild: Angelika Wohlfrom

Wir müssten halt der Form halber über ein eigenes Klo verfügen, erklärt uns der freundliche Mann am Telefon. Benützen müssten wir es nicht – die Toiletten am Stellplatz seien durchaus geöffnet. Insofern genüge auch ein mitgebrachter Eimer, auf dem „Klo“ stehe.

Mehr Schein als Sein, so eine Verordnung. Aber uns soll‘s recht sein, solange der Klo-Eimer nur theoretisch zur Verfügung stehen muss. Ein Mini-Campingklo wird bestellt, und weil das nicht rechtzeitig ankommt, packen wir einen eigens beschrifteten Eimer ein. Benutzen müssen wir ihn glücklicherweise nie. Und auch sehen will ihn keiner!

Der Camper als solcher: ein Kurzlehrgang

Unter den Campern gibt es meiner Erfahrung nach drei grobe Kategorien: die naturnah-spartanischen (gerne im Zelt und mit möglichst wenig sonst), die Dauer-Camper (gerne mit Gartenzwerg vor dem Wohnwagen und Satellitenschüssel auf dem Dach) und die Glamper (gerne mit Smart in der integrierten Wohnmobilgarage und Thermomix in der Campingküche) – und natürlich jede Menge zwischendrin.

In seinem Sozialverhalten schwankt der Camper zwischen gegenseitiger Hilfsbereitschaft und gemeinsam verbrachten Grillabenden einerseits und abgrenzendem Gartenzaundenken andererseits. Wobei das Sozialverhalten nichts über den Camping-Typ aussagt.

Hübsch, aber zu spät: Die bestellte Campingtoilette kam erst nach dem Urlaub an.
Hübsch, aber zu spät: Die bestellte Campingtoilette kam erst nach dem Urlaub an. | Bild: Angelika Wohlfrom

Zu Corona-Zeiten allerdings ist der Grenz-Camper eindeutig im Vorteil. Ihm fällt es nicht schwer, die Parzellengrenzen einzuhalten, die die meisten Campingplätze ihren Gästen zuteilen. Er bleibt eh lieber für sich: Obwohl in Sicht- und Sprechweite – oft genug noch kann man seinen Nachbarn des Nachts auch noch problemlos beim Schnarchen zuhören –, werden meist nur Grüße ausgetauscht.

Am Abend brennen die Höhenfeuer

Schwieriger sind die Abstandsgebote für die Geselligen unter den Campern einzuhalten: gemeinsamer Grillabend? Eher nicht. So kann man in Garmisch beobachten, wie kontaktfreudigere Zeitgenossen stundenlang an der Parzellengrenze zum Schwätzchen stehenbleiben.

Erst, als eines Abends auf den Bergen ringsum Höhenfeuer angezündet werden, ist das gemeinsame Erlebnis stärker als Corona – beim gemeinschaftlichen Zücken der Handys rückt man seelisch und körperlich näher.

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Der Weg gen Norden ist in unserem Fall ein Weg in zunehmende Sorglosigkeit. Auf dem Campingplatz an einem der Leipziger Baggerseen herrscht Hochbetrieb. So voll sei es sonst nur in den Sommerferien, verrät die Dame an der Rezeption. Eigentlich seien sie ausgebucht, aber wenn wir irgendwo noch ein Plätzchen fänden, könnten wir uns da hinstellen.

Wir finden eins. Die Jugendlichen nebenan haben wenig Angst vor dem Virus, nachts finden Verbrüderungsfeiern mit anderen Gruppen statt. Nur der campingplatzeigene Fahrradverleih ist „wegen Corona“ geschlossen.

In Berlin: Mundschutz – wat?

Überhaupt nicht mehr spürbar ist Corona dann auf dem Stellplatz im Berliner Osten. Mundschutz-Pflicht – wat? Der Platzwart empfängt in seinem Büro wie selbstverständlich ohne, und geplauscht wird trotzdem. Nur noch ein paar pflichtbewusste Seelen ziehen zum Betreten des heruntergekommenen Bad-Hauses eine Maske über. Auch von den sonst allgegenwärtigen Desinfektionssprays keine Spur.

Corona – war da was? Erst auf dem Heimweg holt uns das Virus wieder ein. Wir machen den letzten Zwischenstopp in Franken, also in Bayern. Hier herrscht noch Zucht und Corona-Ordnung. Selbige muss der Camping-Gast beim Eintritt unterschreiben – mit einem eigens desinfizierten Kugelschreiber, den die hinter Plexiglas verbarrikadierte Dame an der Rezeption danach nicht mehr entgegennehmen mag.

Es spricht Corona-König Söder

Im Sanitärhaus ist jedes zweite Waschbecken zwecks Abstand abgeklebt. Bayern 3 dringt aus den Lautsprechern – es spricht, wie könnte es anders sein, Markus Söder, der Corona-König höchstpersönlich.