Lieber Herr Schuhbeck,
nun ist es also raus. Wegen Steuerhinterziehung hat das Landgericht München I Sie zu drei Jahren und zwei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Für einen Mann von 73 Jahren ist das bitter. Ganz ohne Häme: Lustig wird der Gefängnisaufenthalt für einen Gourmet wie Sie sicher nicht.
Nun werden Haftstrafen freilich nicht ohne Grund verhängt. Das Gericht hat sich viel Mühe gegeben, um das System aus Zwischenrechnungen und sonstigen Spezialbuchungen zu durchschauen, das Sie im Lauf der Zeit aufgebaut haben.

Zugegeben, die Corona-Pandemie war für alle Gastronomen hart. Keine Einkünfte, die Kundschaft bleibt weg, und Vermieter und Banken wollen trotzdem ihr Geld sehen, Staatshilfen hin, Staatshilfen her. Doch es war gar nicht dieser Not geschuldet, dass Sie Steuern in Millionenhöhe hinterzogen haben – im Prozess ging es um die Jahre zwischen 2009 und 2015.
Spätestens, als gegen Sie ermittelt wurde, wäre ein bisschen mehr Kooperation angebracht gewesen. Mir schien es, als hätten Sie eher die gute alte Salami-Taktik genutzt: scheibchenweise immer nur das Nötigste zugeben. Kann man schon machen. Kommt aber auch nicht gut an.
Erinnern Sie sich wirklich nicht?
Oft sagten Sie vor Gericht auch, Sie wüssten es nicht mehr so genau. Das kann man Ihnen sogar glauben. Ich denke, Sie haben sich irgendwann mal in Ihrem Imperium von vielerlei Restaurants, Gewürzläden und Projekten verheddert. Weil sozusagen die Begeisterung für Ingwer und all die anderen Köstlichkeiten mit Ihnen durchging.
Nun haben wir ja einen Kanzler, der über bemerkenswerte Gedächtnislücken beim Wirecard-Skandal, einer riesigen Finanzbetrügerei, verfügt, und dem das bei seiner weiteren beruflichen Entwicklung bislang nicht geschadet hat. Da denkt man dann schon: Es kommt immer drauf an, wer da vor Gericht steht.
Wenn man Sie so zusammengesunken sieht, merkt man, dass Ihnen der Prozess schon zugesetzt hat. Das ist auch nicht schön, als Gastronom vor dem Münchner Landgericht zu stehen, anstatt im Lokal in der Küche zu wirbeln oder am späten Abend mit den Gästen zu plaudern.
Nun warten wir mal ab, wie die Sache weitergeht. Vermutlich sind auch Berufungen möglich, und die Erfahrung zeigt, dass Haftstrafen in Steuersachen selten bis zum Ende abgesessen werden. Der Staat ist einfach empfindlich, wenn es um seine Kohle geht. Das lehrt uns diese Geschichte aufs Neue.
Und: Offenbar gibt es ja auch ein Leben nach der Steuerfahndung. Dafür wünsche ich Ihnen schon jetzt alles Gute. Kochen Sie weiter feine Sachen, experimentieren Sie mit Ingwer, so viel Sie mögen. Und bitte, suchen Sie sich einen anderen Steuerberater.