Sehr geehrter Herr Kubicki,
Sie fallen auch gern mit der Tür ins Haus, deshalb gleich meine Ansage: Als Bundestagsvizepräsident sind Sie untragbar. Ihnen mangelt es an Würde und Anstand, und Ihr Frauenbild ist ewiggestrig, kurz – das eines alten Machos.
Manche mögen sich amüsieren über Ihre markigen Sprüche, wenn Sie über das politische Leben in Berlin sagen: „Ich würde zum Trinker werden, vielleicht auch zum Hurenbock“. Oder nichts dabei finden, Herrn Lauterbach als „Dumpfbacke und Spacken“ zu bezeichnen so wie in Ihrer Kneipe üblich. Sie versuchen sich als Quotenbringer, obwohl Sie sich und der FDP damit ins Knie schießen.
Üble Beleidigung von Birgit Homburger
2010, als Sie Ihre Intimfeindin Birgit Homburger als FDP-Fraktionschefin im Bundestag für die schwierige Position der FDP verantwortlich machten, kommentierten Sie Spekulationen, dass Homburger als Staatssekretärin ins Auswärtige Amt wechseln könnte, so: „Für die Müllentsorgung ist nicht das Auswärtige Amt zuständig, sondern das Umweltministerium.“ Das ist menschenverachtend.

Und was meint eigentlich Ihre Frau dazu, wenn Sie bis heute nichts dabei finden, in einem Jobgespräch mit einer 20 Jahre jüngeren Parteikollegin zu flirten? „Flirten? Ja immer“, sagten Sie dieser Tage, als Sie danach gefragt wurden, ob Sie sich heute noch so verhalten würden wie vor 20 Jahren.
Kaffee, Jobangebot und Flirt
Damals trafen Sie Ihre Parteikollegin Silvana Koch-Mehrin in Brüssel. Im Plauderton erzählen Sie, dass Sie ihr zuvor am Telefon gesagt hatten, sie solle sich mal Gedanken machen, ob sie Generalsekretärin der FDP werden wolle: „Dann trafen wir uns zum Kaffee, und dann habe ich mit ihr geflirtet, und urplötzlich stand ein Typ neben mir, der dreimal so groß war wie ich und zweimal so breit“, sagten Sie.

Dass sie ihren Mann bat, nach einer Stunde nach ihr zu schauen, zeigt, womit Ihre junge Kollegin damals rechnete: Dass Sie sie anbaggern. Und ja, die aufstrebende junge Frau hat das damals nicht als Problem empfunden – erst jetzt hat sie ihre Erfahrungen in der FDP öffentlich gemacht. Das ist schlimm genug.
Sie berichtet von Zoten und Anzüglichkeiten, dass sie angefasst wurde und ein Parteikollege über sie sagte: „Ihre Zukunft liegt zwischen ihren Beinen.“ Wie krank ist das denn?
Und Sie, Herr Kubicki – sind sich keiner Schuld bewusst. Lapidar führen Sie an, dass Sie gar nicht in der Position waren, um Koch-Mehrin als Vizepräsidentin des EU-Parlaments einen Job anzutragen. Faule Ausrede! Vizepräsidentin des EU-Parlaments war sie erst 2009. Juristisch gesehen war das sexuelle Belästigung, weil Sie im Kontext der Arbeit zu flirten versucht haben.
Sie haben ein Frauenproblem – und die FDP auch
Auch 2012 nahmen Sie Ihren Parteikollegen Rainer Brüderle in Schutz, der einer jungen Reporterin gegenüber zudringlich geworden war. Ihr Urteil: „Hier wurde eine Geschichte zu einem Skandal aufgeblasen, der keiner ist.“
Bis heute haben Sie nichts gelernt, als hätte es „Me Too“ nie gegeben. Doch nicht nur Sie haben ein Frauenproblem, auch die FDP hat eines: Nur 22 Prozent der FDP-Mitglieder sind weiblich. Wann wachen die Frauen und hoffentlich auch die Männer in Ihrer Partei auf?