Menschen, die vor 80 Jahren – am 6. August 1945 – über die Straßen Hiroshimas liefen, waren vermutlich unbeeindruckt, als am Himmel ein einzelnes Flugzeug auftauchte. Kurz darauf waren diese Menschen tot, zusammen mit 70.000 anderen Japanern. Sie starben in Sekundenbruchteilen durch die 6000-Grad-Hitze von „Little Boy“.
In der US-Armee hatte man sich für die erste gegen eine Stadt und ihre Bevölkerung eingesetzte Atombombe einen zynischen Spielzeugnamen ausgedacht. Nicht anders war es beim Abwurf von „Fat Man“ drei Tage später auf die Stadt Nagasaki, wo geschätzt 40.000 Menschen sofort starben.
Was Einstein zur Bombe sagte
Der damalige US-Präsident Harry S. Truman bewertete den Einsatz der Vernichtungswaffe mit nüchternem Kalkül. Die Bombe sei gegen jene eingesetzt worden, die den Krieg in den Fernen Osten getragen hätten.
Diese politische Begründung teilte Albert Einstein nicht. Der damalige Übervater der Physik war zwar an der Bombe nicht ganz unschuldig, weil er 1939 US-Präsident Franklin D. Roosevelt vor einer Uran-Waffe der Nazis gewarnt hatte. Später indes distanzierte er sich und sagte, keine Maus würde eine Mausefalle konstruieren.
Simple Logik und absurdes Patt
Leider forscht der Mensch an Waffen, seit seine Vorfahren von den Bäumen geklettert sind. Heute setzt die Wasserstoffbombe eine Energie frei, die jede Vorstellungskraft sprengt. Atomwaffen sind die einzigen Waffen, die da sind, um sie in den Raketensilos, Bunkern und U-Booten zu belassen. Eine simple Logik und ein absurdes Patt zugleich, denkt man an die Milliardenkosten, die mit der Aufrüstung verbunden sind.
Zwischen den USA und Russland hat sich das atomare Tauwetter der 80er- und 90er-Jahre, als man viele Sprengköpfe verschrottete, in eine zweite Eiszeit verwandelt. Bis vor kurzem ging jedoch nur der russische Politiker Dmitri Medwedew – Wladimir Putins Mann fürs rhetorisch Grobe – so weit, Atomwaffen-Drohungen auszustoßen. Nun hat Donald Trump mit seinem angeblichen Marschbefehl für zwei strategische U-Boote Richtung Russland zum Gegenschlag ausgeholt.
Der Schrecken bleibt
Solche lose Reden hätten früher die Welt in Alarmzustand versetzt. Mittlerweile gelten sie als Kraftmeierei ohne Folgen. Damit haben die Nuklearwaffen ihren potenziellen Schrecken aber nicht verloren. Im Gegenteil. Neue Wettrennen werden eingeleitet, Formate wie die Abrüstungsrunden des späten Kalten Kriegs liegen in weiter Ferne.
Dass Nuklearwaffen Politik bestimmen, obwohl vermutlich noch an ihnen gearbeitet wird, zeigt sich in den jüngsten Angriffen auf die Atomforschungsanlagen im Iran. Für Israel wäre die Bombe in den Händen des Mullah-Regimes ein Albtraum, zu dessen Verhinderung das Land ein hohes Risiko eingeht. Denn wer die Bombe hat, ist praktisch unangreifbar. Nordkoreas Diktator Kim Jong-il beweist es.
Eigene Atomwaffen für Deutschland?
Das Prinzip der Nichtverbreitung vom Atomwaffen ist auch mit Blick auf die Gegner Indien und Pakistan, die sich nuklear gewappnet gegenüberstehen, schon lange löchrig geworden. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und der Neuorientierung der US-Außenpolitik unter Donald Trump schleicht sich auch an Deutschland die Frage heran, ob man bei der nuklearen Teilhabe durch Jets der Luftwaffe Halt macht – oder darüber hinausgeht.
Frankreich und Großbritannien wären bereit, Deutschland als Atomwaffen-Partner hinzuzuziehen. Laut einer neueren Umfrage lehnen 72 Prozent der Bürger eine nukleare Bewaffnung jedoch ab. Die Distanz hat Tradition. Als der damalige Kanzler Konrad Adenauer 1957 taktische Atomgranaten für die Bundeswehr anregte, formierte sich umgehend Widerstand. Einem großen Wahlsieg im Herbst stand das nicht entgegen. Adenauer hatte die dynamische Rente eingeführt.