Sie kommt gerade zur falschen Zeit. Da ist fast die ganze Welt dabei, sparsamer mit Energie umzugehen und dafür zu sorgen, dass jene, die immer noch gebraucht wird, wenigstens aus erneuerbaren Quellen stammt.
Und dann grätscht mitten in dieses ohnehin schon schwierige Prozedere ein Phänomen, das genau das Gegenteil bewirkt: Die Künstliche Intelligenz wird massentauglich.
Welche Folgen das auf die Gesellschaft haben wird, lässt sich noch nicht absehen. Was hingegen immer klarer zutage tritt, sind die Probleme, die der leichtsinnige und in vielen Fällen überflüssige Gebrauch von Künstlicher Intelligenz mit sich bringt.
So verbraucht eine Suchanfrage mit ChatGPT etwa zehnmal soviel Strom wie eine einfache Google-Suche, bei der Nutzer aus den Resultaten selbst glaubwürdige Quellen heraussuchen und ihre eigenen Schlüsse ziehen müssen.
Keine besonders neue Idee
Die Idee, dass Digitalisierung und Vernetzung dem Menschen unangenehme Tätigkeiten abnehmen sollen, gibt es jedoch nicht erst seit gestern.
Schon lange können Kühlschränke eigenständig Waren nachbestellen, Audioassistenten spielen auf Zuruf Musik ab und beantworten Fragen, Smartphones erkennen unsere Gesichter und Stimmen. Doch ist das wirklich ein Gewinn?
Natürlich ist es das, lautet zumindest die Antwort von Enthusiasten, die technische Entwicklungen automatisch immer für einen Fortschritt halten. Es ist das Urversprechen des Silicon Valley, dass Technologie jedes Problem zu lösen vermag. Wenn die vergangenen Jahre eines gezeigt haben, dann ist genau das Gegenteil der Fall.
Internetplattformen, die blumig als virtuelle Marktplätze zum gleichberechtigten Meinungsaustausch beworben wurden, sind zu gigantischen Machtinstrumenten einiger Superreicher geworden.
Technisch beeindruckend, inhaltlich banal
Nun droht der Ausbau der Künstlichen Intelligenz genau dieselbe Entwicklung zu nehmen. In der Forschung und Bildung mögen die neuen Suchmaschinen helfen, rasch komplexe Sachverhalte zusammenzufassen, aber ob die Quellen vertrauenswürdig sind und die Ergebnisse tatsächlich mit der Wirklichkeit übereinstimmen, steht auf einem anderen Blatt.
Außerdem verleitet diese Technologie sehr dazu, sie nicht nur unterstützend zu nutzen, sondern auch gleich die kreative Arbeit des Menschen machen zu lassen. Gerade in diesem Bereich ist nach der anfänglichen Euphorie inzwischen Ernüchterung eingetreten.
Die jüngsten Ergebnisse kreativer Arbeit von Künstlicher Intelligenz lassen sich zusammenfassen mit der Formel: technisch beeindruckend, inhaltlich banal. Und trotzdem ist das, was da virtuell produziert wird, gesellschaftspolitisch bisweilen hochgefährlich.
Gefälschte Bilder und Videos werden schon jetzt in Wahlkämpfen eingesetzt, Frauen werden aus Rache in Pornos hineingeschnipselt, ganze Filme können alleine am Rechner erstellt werden.
Potenziell immenser Schaden
Damit wird das grundlegende Problem deutlich, das der Einzug der Künstlichen Intelligenz in fast alle Lebensbereiche mit sich bringt: Der Nutzen ist bestenfalls überschaubar, der Schaden aber potenziell immens.
Denn es ist eben gerade nicht so, dass dieses Werkzeug nur für sinnvolle Zwecke wie die Erkennung von Hautkrebs oder die Täterfahndung im Internet eingesetzt wird. Assistenten wie ChatGPT sind für viele zu einer Spielerei geworden, die zunehmend vertrauter wird.
Mit wachsender Nutzung graben sich aber besonders die massentauglichen Chatbots wie ChatGPT letztlich selbst das Wasser ab. Denn die Ergebnisse ihrer Recherchen sind immer nur eine Zusammenfassung von Wissen, das Menschen zuvor einmal zusammengetragen und veröffentlicht haben.
Nachrichtenseiten, Enzyklopädien, Zeitungsbeiträge, Datentabellen, Grafiken und Bilder sind die Grundlage dessen, was Künstliche Intelligenz am Ende ausspuckt. Und das kann manchmal grotesk falsch sein.
Werden solche Ergebnisse dann aber weiterverbreitet, reproduzieren sie sich mit jeder weiteren Suchanfrage, es entstehen digitale Parallelwelten, die mit der Realität überhaupt nicht mehr übereinstimmen.
Vorstoß von unerwarteter Seite
Schon jetzt zeigt sich: Künstliche Intelligenz trifft auf eine Menschheit, die darauf nicht vorbereitet ist. Energieverbrauch, Missbrauch und die schiere Geschwindigkeit der Entwicklungen überfordern Staaten ebenso wie Einzelpersonen.
Regulierungen wären schon jetzt notwendig, stehen aber noch am Anfang und kommen auch von einer Institution, von der man das in diesem Bereich nicht erwarten würde.
Der Vatikan initiierte kürzlich ein Bündnis, das sich zur ethisch verantwortungsvollen Nutzung von Künstlicher Intelligenz verpflichtet. Mit dabei sind einige der größten Halbleiterhersteller der Welt und Technikgiganten wie Microsoft und der Chiphersteller IBM.
Das wird all die Probleme nicht lösen, die durch diese Umwälzung noch auf uns zurollen. Aber es ist ein Anfang, der keine Minute zu früh kommt.