Bei den Übungen feuerte die chinesische Armee nach taiwanischen Angaben am Donnerstag mehrere Raketen ins Meer. Die beteiligten Kampfflugzeuge und Schiffe kamen bis auf 20 Kilometer an die taiwanische Küste heran. Taipeh verurteilte die Übungen als Bedrohung für den Frieden in der Region.

Das chinesische Militär bestätigte Übungen für „einen Angriff mit konventionellen Raketen an mehreren Orten und mit mehreren Waffentypen“ vor der Küste Taiwans. Alle Raketen hätten „ihr Ziel präzise getroffen“ und „die Schlagpräzision und die Fähigkeit zur Gebietsverteidigung“ getestet.

Militärhubschrauber und Raketen im Einsatz

Taipeh sprach von „irrationalen Aktionen, die den Frieden in der Region untergraben“. China habe elf ballistische Raketen aus der Dongfeng-Reihe abgeschossen, erklärte Taiwans Regierung. Sie machte keine Angaben dazu, wo die Raketen landeten und ob sie über die Insel flogen. AFP-Journalisten auf der Grenzinsel Pingtan sahen mehrere kleine Geschosse am Himmel. In der Nähe eines beliebten Urlaubsortes auf dem Taiwan gegenüber liegenden chinesischen Festland wurden fünf Militärhubschrauber in relativ geringer Höhe gesichtet.

Nach Angaben Japans schlugen während der Manöver offenbar auch erstmals chinesische Raketen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) vor der japanischen Küste ein. Verteidigungsminister Nobuo Kishi sagte vor Journalisten in Tokio, Japan habe über diplomatische Kanäle dagegen protestiert. Teile von Japans südlichster Inselregion Okinawa liegen in der Nähe von Taiwan.

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China reagiert mit den Manövern auf Pelosis Taiwan-Besuch am Dienstag und Mittwoch. Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses war die ranghöchste Vertreterin Washingtons seit 25 Jahren, die Taiwan einen Besuch abstattete. Pelosi hatte erklärt, ihre Anwesenheit mache „unmissverständlich klar“, dass die USA einen demokratischen Verbündeten wie Taiwan nicht allein ließen.

Manöver als Vorbereitung für „einen tatsächlichen Kampf“

Die Nachrichtenagentur AFP erfuhr aus chinesischen Militärkreisen, die Manöver dienten der Vorbereitung „auf einen tatsächlichen Kampf“. Sollten taiwanische Kräfte „vorsätzlich in Kontakt mit dem chinesischen Militär kommen“ oder „versehentlich eine Waffe abfeuern“, würden Pekings Streitkräfte „strenge Gegenmaßnahmen ergreifen“. Die taiwanische Seite müsse in diesem Fall „alle Konsequenzen tragen“.

Die Regierung in Peking, die Taiwan als abtrünnigen Teil des chinesischen Territoriums ansieht, bezeichnete die Übungen als „notwendig und gerecht“ und machte die USA und ihre Verbündeten für die Eskalation verantwortlich. „Die USA sind die Provokateure, China ist das Opfer“, hatte eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums am Mittwoch gesagt.

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Taiwans Verteidigungsministerium kündigte an, die Lage genau zu beobachten. Taipeh suche keine „Eskalation des Konflikts“. Taiwans See- und Hafenbehörde hatte bereits am Mittwoch Schiffe davor gewarnt, in die Gebiete einzufahren, in denen die bis Sonntag dauernden chinesischen Manöver stattfinden. Die Taiwanstraße zwischen China und Taiwan ist eine der meistbefahrenen Schiffsrouten der Welt.

Taiwans Außenministerin warnt vor Eskalation

Die Außenminister des südostasiatischen Staatenbündnisses Asean warnten vor einer Eskalation des Konflikts. Die Situation könne zu „offenen Konflikten“ zwischen Großmächten und „unvorhersehbaren Konsequenzen“ führen, warnten die Minister in einer gemeinsamen Erklärung. An dem Treffen in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh nehmen auch der chinesische Außenminister Wang Yi und sein US-Kollege Antony Blinken teil, ein bilaterales Treffen wurde allerdings nicht erwartet.

Seit der Abspaltung Taiwans von China will Peking die Insel wieder mit dem Festland vereinigen – notfalls mit militärischer Gewalt. Der Konflikt zwischen Peking und Taipeh hatte sich unter dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping zuletzt verschärft. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat zudem Befürchtungen wachsen lassen, Peking könnte im Umgang mit Taiwan auf ein ähnliches Vorgehen setzen. (AFP)