Jede Lebensgeschichte fängt mit dem Vornamen an. Bei Tanit Koch ist er besonders spannend, ihre Eltern gaben ihr vor 43 Jahren den Namen einer phönizischen Göttin – diese Tanit sollte dort für Fruchtbarkeit sorgen. Kochs Vater war Historiker für Frühgeschichte an der Universität Konstanz. In diesem Beruf gräbt einer eher antike Namen aus.
Die schwierigste Aufgabe
Tanit Koch hat mit Geschichte wenig am Hut, dafür befasst sie sich umso intensiver mit der Gegenwart. Vor einigen Tagen holte Armin Laschet die geborene Konstanzerin in seine Wahlkampfmannschaft. Dort hat sie eine heikle Aufgabe: Sie soll für ein möglichst günstiges Erscheinungsbild des CDU-Politikers sorgen – und verhindern, dass er in die Fettnäpfchen tappt, die im Wahlkampf verstärkt ausliegen. Und sie soll es einrichten, dass er sich in Talkshows nicht in jenen Fragen verfängt, die ein Markus Lanz ausbreitet. Talkshows sind die Trojanischen Pferde der Moderne: Man weiß nie, wer dabei wie herauskommt.
Was macht sie mit Armin Laschet, dem Rheinländer und Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen? Anruf bei Tanit Koch. Sie ist freundlich, argumentiert ruhig, spricht lupenreines Hochdeutsch, was der Rheinländer oder Alemanne nur bewundert. Doch über ihre Person will sie nicht sprechen. Sie gibt allen Medien einen Korb. Ihr geht es , so sagt sie, um Armin Laschet. Als dessen Spindoktorin und Einflüsterin wurde sie eingestellt, und nicht etwa, um Werbung in eigener Sache zu machen.
Vom Boulevard ins Konrad-Adenauer-Haus
Diese Zurückhaltung überrascht, wenn man den steilen Lebenslauf von Frau Koch betrachtet. Nach einem Jura- und Politikstudium stieg sie beim Springerverlag ein. Mit 38 Jahren rückte sie zur Chefredakteurin von „Bild“ auf – eine Zeitung also, die ihren legendären Ruf nicht durch Feinfühligkeit oder Zurückhaltung erwarb.
Nach zwei Jahren an der Spitze gab sie, offenbar entnervt, auf. Ihr Kollege Julian Reichelt hat dabei nach Einschätzung von Branchenkennern eine unrühmliche Rolle gespielt; nach ihrem Abgang wurden Reichelt Vorwürfe wegen Machtmissbrauch erhoben. Koch gilt als scharfe Analytikerin. Das bescheinigen ihre alle, die mit ihr zu tun hatten – nicht nur ihr wichtigster Förderer Kai Diekmann.
Die Sympathien wandern
Die Chancen für Armin Laschet und seine Image-Pflegerin stehen derzeit gut. Etwa 29 Prozent werden der CDU in Umfragen gegeben, die Grünen landen derzeit bei 22 Prozent. Im Frühjahr stand es schlechter für die CDU, deutlich schwächer waren auch die Werte für Laschet als Führungspersönlichkeit.

Wie rasch die Sympathien der Wähler verwehen, zeigt sich an Annalena Baerbock, der direkten Gegenspielerin des CDU-Mannes. Mit zwei Pannen musste sie in den vergangenen Wochen fertig werden: Einmal wurde bekannt, dass sie als Grünen-Chefin einen Corona-Bonus kassiert hatte, ohne dieses Zubrot bei der Bundestagsverwaltung anzugeben. Wenig später musste sie einräumen, dass ihr Lebenslauf leicht frisiert ist. Die Kombination beider Nachrichten wirkte fatal. Der Eindruck entsteht: Da nimmt es jemand mit der Wahrheit nicht ganz genau – und das bei einer Partei, die sich schnell einmal zum moralischen Richter aufschwingt.
„Bild“ – gefürchtet und gebraucht
Paradox ist vor allem eines: Die meisten Politiker fürchten „Bild“ und ihre scharfen Überschriften. Da wurden schon Karrieren mit einigen Mausklicks vernichtet. Hans-Jochen Vogel weigerte sich zu Lebzeiten, dem Blatt ein Interview zu geben.
Doch ist die Liste jener Politiker lang, die auf den Rat ehemaliger Bild-Größen zurückgriffen, bevor eine wichtige Wahl ansteht. Helmut Kohl vertraute auf Peter Boenisch, auch dieser ein ehemaliger „Bild“-Chefredakteur. Edmund Stoiber engagierte für den Wahlkampf 2002 Michael Spreng. Gerhard Schröder engagierte Bela Anda, vormals „Bild“-Vize, als Regierungssprecher. Der kantige SPD-Mann sagte es auf seine Art, als er nach einem Rezept für einen Wahlerfolg gefragt wurde: „Bild“, „BamS“ (Bild am Sonntag) und Glotze müsse man auf seine Seite bringen, um zu siegen. 1998 wurde dieser Gerhard Schröder Bundeskanzler.