Zum zweiten Mal feiert Deutschland Weihnachten im Schatten der Corona-Pandemie. Angesichts der Belastungen der Gesellschaft durch die anhaltende Virus-Krise rief Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache zum Zusammenhalt auf.

Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue beim Halten seiner Weihnachtsansprache.
Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue beim Halten seiner Weihnachtsansprache. | Bild: Michael Sohn

Traditionell stark besuchte Gottesdienste an Heiligabend finden diesmal teilweise unter 2G-Bedingungen statt – also mit Zugang nur für Geimpfte und Genesene. Es gibt aber beispielsweise auch Angebote unter freiem Himmel ohne Gesundheitsnachweis.

Schärfere Corona-Regeln nach Weihnachten

In Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern traten an diesem Freitag schärfere Corona-Regeln in Kraft. Private Zusammenkünfte sind dort somit bereits an Weihnachten auch für Geimpfte und Genesene beschränkt, und zwar auf maximal zehn Personen. Bund und Länder hatten sich am Dienstag darauf verständigt, diese Vorgabe spätestens zum 28. Dezember einzuführen – die meisten Bundesländer wollen dies nach Weihnachten umsetzen.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Corona-Zahlen in Deutschland waren zwar zuletzt gesunken. Experten befürchten wegen der ansteckenderen Omikron-Variante aber eine baldige Trendumkehr. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rechnet mit einer großen Welle zum Jahreswechsel. Omikron wurde mittlerweile in allen Bundesländern nachgewiesen, wie das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem am Donnerstagabend veröffentlichten Wochenbericht schreibt.

„In der Demokratie müssen wir nicht alle einer Meinung sein“

Steinmeier mahnte vor dem Hintergrund von Auseinandersetzungen über die Corona-Politik: „In der Demokratie müssen wir nicht alle einer Meinung sein. Aber bitte denken wir daran: Wir sind ein Land! Wir müssen uns auch nach der Pandemie noch in die Augen schauen können. Und wir wollen auch nach der Pandemie noch miteinander leben.“

Natürlich gebe es Streit, Unsicherheiten und Ängste. Sie auszusprechen, daran werde niemand gehindert, sagte der Bundespräsident. „Entscheidend ist, wie wir darüber sprechen – in der Familie, im Freundeskreis, in der Öffentlichkeit. Wir spüren: Nach zwei Jahren macht sich Frust breit, Gereiztheit, Entfremdung und leider auch offene Aggression.“

„Der Staat kann sich nicht für uns die Schutzmaske aufsetzen“

Steinmeier bedankte sich „aus vollem Herzen“ bei der „großen, oft stillen Mehrheit“, die seit Monaten umsichtig und verantwortungsvoll handele, und appellierte an die Verantwortung des Einzelnen: „Der Staat kann sich nicht für uns die Schutzmaske aufsetzen, er kann sich auch nicht für uns impfen lassen. Nein, es kommt auf uns an, auf jeden Einzelnen!“ In Großbritannien rief Premierminister Boris Johnson seine Landsleute in seiner Weihnachtsansprache auf, sich vor Familientreffen auf das Coronavirus zu testen.

Besuchseinschränkungen in Pflegeheimen

In Deutschland müssen fast alle Pflegeheimbewohner nach Einschätzung des Patientenschützers Eugen Brysch an den Feiertagen strenge Besuchseinschränkungen hinnehmen. „Vor allem spontane Besuche in den Einrichtungen sind wegen der Corona-Krise leider nur in Ausnahmefällen möglich“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz der Deutschen Presse-Agentur.

Das könnte Sie auch interessieren

Dies liege daran, dass die rund 12 000 Einrichtungen mit etwa 820 000 alten und pflegebedürftigen Bewohnern die Corona-Schnelltests vor Ort selbst organisieren müssten und dafür die Kapazitäten fehlten. Gerade angesichts der neuen Omikron-Variante sei es aber wichtig, dass die Tests direkt vor dem Besuch und nicht mit einem größeren zeitlichen Abstand durchgeführt würden. Deshalb sei die Anmeldung von Angehörigen meist nur mit 24-stündiger Ankündigung im Voraus und in einem kurzen Zeitfenster möglich, was weniger Besuche zur Folge habe.

Impfkampagne in Deutschland

An Weihnachten jährt sich auch der Beginn der Corona-Impfungen in Deutschland. Mit der Organisation der Kampagne ist jeder Zweite unzufrieden: In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zeigten sich 19 Prozent der Befragten „sehr unzufrieden“ und weitere 31 Prozent „eher unzufrieden“ damit, wie das Impfen in den vergangenen zwölf Monaten gelaufen ist. Dagegen sind nur 36 Prozent „eher zufrieden“ und 7 Prozent „sehr zufrieden“. Weitere 7 Prozent machten keine Angaben.

Eine Spritze wird mit Impfstoff gegen Covid-19 aufgezogen. Symbolbild:
Eine Spritze wird mit Impfstoff gegen Covid-19 aufgezogen. Symbolbild: | Bild: Matthias Jundt

Kanzler Olaf Scholz (SPD) will das Impfen über die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel weiter vorantreiben. Er hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis zum 7. Januar 80 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft sind.

(dpa)