Massive Verschwendung von Steuergeld, Lügen und Verschleiern – die Vorwürfe der Opposition gegen Unionsfraktionschef Jens Spahn wiegen schwer. Auch der Bundesrechnungshof wirft ihm eine „massive Überbeschaffung“ von Corona-Schutzmasken vor. Kostenpunkt: Mehr als 500 Millionen Euro bisher. Wegen nicht abgenommener Masken sind noch 100 Klagen im Streitwert von 2,3 Milliarden Euro anhängig.

Es geht um Spahns Rolle als Gesundheitsminister während der Pandemie. Damals soll er überteuerte Maskengeschäfte entgegen des Rats seiner Mitarbeiter im Ministerium abgeschlossen haben.

Spahn, der meist rasch mit Kritik an anderen vorprescht, wehrt sich, spricht von „bösartigen Vorwürfen“ und dass die damalige Notlage an heutigen Maßstäben gemessen werde.

Er hat insofern Recht, als die Corona-Pandemie die Menschen und besonders auch die Politiker in eine bisher nie dagewesene Lage versetzte: Das Virus bedrohte das Leben der Bürgerinnen und Bürger massiv, war hochansteckend, Tausende starben. Masken waren rar. Täglich mussten neue Entscheidungen fallen, die einschneidend waren und die Menschen isolierten.

Minister muss sich informieren

Immer wieder hat Spahn gefordert, die Pandemie müsse aufgearbeitet werden. „Impfpflicht, Schulschließungen und Freiheitseinschränkungen“ will er untersucht wissen. Doch auch seine Maskendeals gehören dazu. Denn egal, wie kritisch die Situation war, ein Minister muss sich eingehend informieren, ehe er Milliarden für schon damals überteuerte Masken ausgibt, die teils nicht einmal geliefert wurden. Der frühere Minister will alles prüfen, was damals schiefgelaufen ist – nur nicht seine eigenen Entscheidungen.

Juristin und Sonderermittlerin Margaretha Sudhof hatte in ihrem Bericht festgestellt, dass Spahn gegen den Rat seiner Fachabteilungen zu Beginn der Pandemie 2020 in eine Massenbeschaffung damals knapper Schutzmasken eingestiegen war.

CDU-Gesundheitsministerin Nina Warken.
CDU-Gesundheitsministerin Nina Warken. | Bild: Annette Riedl, dpa

Hier kommt die zweifelhafte Rolle der jetzigen Gesundheitsministerin Nina Warken ins Spiel. Sie hat solche Passagen des Sudhof-Berichts schwärzen lassen – wie sie sagt – aus Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte Spahns. Doch seit der Bericht ungeschwärzt in den Medien auftauchte, zeigt sich, wie sehr der Minister in die Geschäfte involviert war und Ratschläge seiner Mitarbeiter in den Wind schlug.

Bei Masken-Geschäften von 750-Millionen-Euro allein mit der Schweizer Firma Emix und das bis Ende 2020 mit sieben Euro zu deutlich überteuerten Preisen verlässt der Bericht eindeutig den persönlichen Bereich. Verheerend ist es, wenn durch die Schwärzungen ein ehemaliger Minister und Parteifreund aus parteitaktischen Gründen geschützt werden soll.

Er sollte sich Ausschuss stellen

Spahn sollte sich einem Untersuchungsausschuss stellen. Hat er nichts zu verbergen, ist es kein Problem, wenn die Opposition seine damalige Rolle durchleuchtet. Jetzt ist es an ihm, Aufklärung zu liefern, die er von anderen so gerne fordert.

Stattdessen plädiert er für eine Enquete-Kommission. Doch das ist das falsche Gremium. Für die allgemeine Aufarbeitung der Pandemie mag eine solche Kommission geeignet sein. Sie ist es dagegen nicht, um zu klären, ob Spahn sich damals schuldig gemacht hat. In einem Untersuchungsausschuss dagegen müssen die Befragten unter Eid aussagen. So kann den tatsächlichen Missständen im staatlichen Bereich auf den Grund gegangen werden.

Aussage unter Eid

In einem solchen Ausschuss steht auch Spahn unter Eid. Hier geht es um die Wahrheit – ohne Ausflüchte, Vorwürfe und Rechtfertigungen. Spahn wird wohl darum herumkommen. Leider. Denn Grüne und Linke haben nicht die nötige Anzahl Abgeordnete, um die Einsetzung eines solchen Ausschusses durchzusetzen. Mit der AfD machen sie keine gemeinsame Sache. Und ob die SPD den Koalitionsfrieden durch eine Zustimmung gefährden will, bleibt fraglich.

Sich allen Fragen offen zu stellen, Rechenschaft abzulegen und wenn nötig, politische Verantwortung zu übernehmen – möglicher Rücktritt inklusive – das wäre eines Ex-Ministers würdig.