Deborah Dillmann

Die Pflege zu Hause und durch Angehörige gewinnt in Deutschland immer mehr an Bedeutung. Denn unter anderem der demografische Wandel treibt die Zahl der Pflegebedürftigen immer weiter nach oben. Während 2021 laut dem Statistischen Bundesamt noch etwa fünf Millionen Menschen einen Pflegegrad von 1 bis 5 hatten, sind es laut der aktuellen Pflegestatistik 2023 bereits knapp 5,7 Millionen. Ein Großteil davon wird zu Hause von Angehörigen und/oder einem ambulanten Pflegedienst versorgt – der Statistik zufolge 85,9 Prozent. 54,5 Prozent werden allerdings allein durch Verwandte gepflegt.

Arbeiten und gleichzeitig pflegen wird dabei häufig zu einem finanziellen Problem. Ideen, um pflegende Angehörige zu entlasten, gab es bereits einige. So hatten Patientenschützer 2024 zum Beispiel eine Erhöhung des Pflegegeldes um 300 Euro gefordert. Laut dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist die Leistung zwar an keinen bestimmten Zweck gebunden, wird jedoch häufig als Anerkennung an die Pflegeperson weitergegeben. Diese würde von einer Erhöhung des Pflegegeldes also profitieren. Eine andere Idee stammt aus einem Positionspapier des BKK Dachverbands: Dieser hatte im August 2024 einen Pflegelohn gefordert, also ein Gehalt für pflegende Angehörige.

In die gleiche Kerbe schlägt nun ein Plan von Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU). Sie will pflegenden Angehörigen ein Pflegegeld als Lohnersatz zahlen. Das sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Hinter die Frage der Umsetzung einer solchen Sozialleistung setzte sie selbst allerdings noch ein Fragezeichen.

Pflegegeld als Lohnersatz für pflegende Angehörige: Was plant Karin Prien für die Pflege?

„Es wird mit unserer demografischen Entwicklung nicht möglich sein, dass Pflege allein von Fachkräften geleistet wird“, sagte Prien laut tagesschau.de den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Deshalb will die Ministerin ein Pflegegeld als Lohnersatz einführen. Für eine solche Sozialleistung müsse nun ein Einstieg geschaffen werden, daran habe Deutschland ein „riesengroßes Interesse“. Bei der Umsetzung seien „viele Varianten denkbar“ – Prien nannte unter anderem Faktoren wie die Bezugsdauer, die Höhe sowie eine soziale Staffelung des Pflegegelds.

Kommen soll die neue Sozialleistung allerdings nur, wenn sie wirtschaftlich umsetzbar ist. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass sich die wirtschaftliche Lage verbessert. Aber auch, wenn das klappt, wird man Schwerpunkte setzen müssen“, sagte Prien. Oberste Priorität habe für sie mehr Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche.

Pflegegeld für Angehörige: Könnte das Elterngeld ein Vorbild bei der Umsetzung sein?

Bei vielen Sozial- und Pflegeverbänden ist Priens Vorschlag auf Zuspruch gestoßen. In einer Pressemitteilung erklärte etwa die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, dass ohne den Einsatz pflegender Angehöriger die „Versorgung hunderttausender Pflegebedürftiger schlichtweg zusammenbrechen“ würde. Es sei daher „dringend notwendig ihre Situation strukturell zu verbessern“. Auch bei der Umsetzung hat die SoVD-Vorsitzende eine Idee: Man könne sich am Elterngeld orientieren. Wichtig sei dabei, dass es eine „sozial gestaffelte Lösung mit klarer Ober- und Untergrenze“ gibt, die sich am vorherigen Einkommen orientiert. Ziel müsse sein, „dass Menschen sich ohne Existenzangst um ihre Angehörigen kümmern können“, sagt Engelmeier.

Gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe äußerte sich der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Joachim Rock, ähnlich. Auch er ist für eine Ausgestaltung „analog zum Elterngeld“. Man könne sich dafür an einem Anteil von 65 Prozent des „letzten Nettoeinkommens, mindestens aber 300 und maximal 1800 Euro“ orientieren.