Seit gut einem Jahrzehnt kommen aus dem Heimat- und Uhrenmuseum am Schwenninger Muslenplatz fast nur noch Hiobsbotschaften. Wegen Brandschutzmängeln ruht der normale Museumsbetrieb dort schon lange, Provisorien prägen seitdem das Bild der Einrichtung. Übrig geblieben sind sporadische Öffnungen und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Doch die Entwicklung der Schwenninger Museumslandschaft stockt.

Eine weitere schlechte Nachricht kommt nun hinzu: Wie Oberbürgermeister Jürgen Roth berichtete, habe ihm Interimskulturamtsleiter Andreas Dobmeier mitgeteilt, dass wertvolle Exponate des Museums inzwischen abtransportiert worden seien.

Standards nicht erfüllt

Betroffen sind 113 Ausstellungsstücke, die nicht länger in Schwenningen zu sehen sind. Dabei handelt es sich um Funde, die nach Auskunft der Museumsleiterin Martina Baleva hauptsächlich aus der Merowingerzeit stammen.

„Da das Haus schon seit geraumer Zeit nicht die vertraglich geforderten international anerkannten musealen Standards erfüllt, forderte das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg in Konstanz alle seine Leihgaben aus dem Heimat- und Uhrenmuseum Schwenningen zurück“, erklärt die Museumsleiterin.

Museumsleiterin Martina Baleva geht davon aus, dass die Exponate nach Schwenningen zurückkehren werden.
Museumsleiterin Martina Baleva geht davon aus, dass die Exponate nach Schwenningen zurückkehren werden. | Bild: Schwenninger Heimatverein

Hohe Versicherungssumme

Alleine die Versicherungssumme von 273.550 Euro mache deutlich, dass es sich hier um sehr besondere Stücke handele, sagt Baleva. Mit den Exponaten war zu einem Großteil die Dauerausstellung „Alamannen in Schwenningen“ im Erdgeschoss des Heimatmuseums bestückt.

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Die besonderen Schätze

Zu den Anfang Mai abtransportierten Objekten zählt auch die forensische Rekonstruktion des Schädels einer Frau aus Grab 200, was zur Eröffnung der damaligen Ausstellung für große überregionale Beachtung in der Presselandschaft geführt hat.

Auch die Grabbeigaben der bestatteten Frau werden künftig in Rastatt verwahrt, darunter als besonderes Schmuckstück die Halskette mit goldenen schneckenförmigen Anhängerchen im Wechsel mit Amethysten.

Weiter waren in der Ausstellung besonders schöne Fibeln mit Almandineinlagen oder sehr gut bewahrte, aufwendig gestaltete Teile von Gürtelbeschlägen mit Verzierungen in Form von Metallintarsien zu sehen – dazu ausgezeichnet erhaltene bunte Schmuckketten aus Keramik und Glasperlen, die Pferdchenfibel, ein Trinkbecker mit Stiel sowie verschiedene Waffen, Gürtelgehänge und Alltagswerkzeuge in Form von Kämmen aus Bein, Zangen und Pinzetten, Feuersteinen und Rötelstücken.

In Grab 200 wurde uner anderem diese Fibel aus dem Ende des sechsten Jahrhunderts gefunden.
In Grab 200 wurde uner anderem diese Fibel aus dem Ende des sechsten Jahrhunderts gefunden. | Bild: Städtische Museen Villingen-Schwenningen

Hoffen auf die Rückkehr

Nun sind die Exponate wohl aber nicht für alle Zeit für Schwenningen verloren: Die Museumsleiterin hofft darauf, dass diese Schätze irgendwann wieder dorthin kommen, wo sie in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ausgegraben wurden.

„Die Objekte gehören zu Schwenningen und werden unbedingt wieder zurückkehren, denn die Zeit der Alamannen ist ein wichtiger Teil der Schwenninger Geschichte“, bekräftigt die Museumsleiterin. Der Wunsch nach einer erneuten Leihe sei bei den Verantwortlichen des Archäologischen Landesmuseums hinterlegt worden.

Doch der Zeitpunkt der Rückkehr ist ungewiss, denn die Entwicklung des neuen Museumsquartiers gestaltet sich zäh. Die Planungen für eine Zusammenführung der Museen auf dem Bürk-Areal sind vom Tisch, weil der Gemeinderat in Zeiten knapper finanzieller Kassen der Entwicklung des Rössle-Projekts den Vorzug gegeben hat. Nun gibt es nicht viel mehr als eine Summe von gut zehn Millionen Euro, die für die Entwicklung eines Museumskonzepts bereitstehen soll.

Warten auf das Museumsquartier

Wenn die Stadt die Funde zurückhaben will, muss sie ein stimmiges Konzept für die Neupräsentation vorlegen. „Umso wichtiger ist nun die Umsetzung des neuen Museumsquartiers Schwenningen“, sagt Baleva, um die Objekte angemessen und im Einklang mit den musealen Standards zeigen zu können.

Derweil tröstet man sich in Villingen-Schwenningen damit, dass der hoffentlich vorübergehende Verlust der Exponate auch sein Gutes hat: In Rastatt, so die Museumsleiterin, werden die fast 1500 Jahre alten Fundstücke in der Zwischenzeit nach neuestem Standard untersucht und inventarisiert, damit sie für Forschungszwecke zur Verfügung stehen.

Nach der Rückgabe könnten sie dann gereinigt und restauriert in bestem Zustand der Öffentlichkeit präsentiert werden. Es liegt nun an der Stadt, dass dieser Tag in nicht allzu ferner Zukunft liegen möge.