Es ist die größte Tauben-Umsiedlung weit und breit, wahrscheinlich eine beispiellose Aktion. Villinger Tierschützer haben Hunderte von Stadttauben aus dem Haus Färberstraße 12 mitten in Villingen in ihr neues Domizil umquartiert.
Der größte Brennpunkt einer wild wuchernden Stadttauben-Kolonie in der Villinger Innenstadt ist damit beseitigt worden. Viele Anwohner können damit aufatmen. Die Tiere sind jetzt im städtischen Taubenschlag am Oberen Tor untergebracht.

Die sieben freiwilligen Helfer der Stadttaubenhilfe mussten viereinhalb Wochen harte Arbeit investieren, um die zahlreichen Tiere unter dem Dach der Färberstraße 12 einzusammeln.
Das Gebäude steht seit rund 25 Jahren leer. In dieser Zeitspanne haben sich dort immer mehr Stadttauben in den Speichern eingenistet und vermehrt. Doch jetzt ist es vollbracht. Der Tauben-Exodus ist abgeschlossen. Mitte Mai wurden die letzten Tiere eingefangen.

Sie herauszuholen war eine Sisyphus-Arbeit. „Wir haben acht Lebendfallen aufgestellt und diese zweimal täglich abgeschöpft“, berichtet Thorsten Kuchenbecker (39), der Initiator der Stadttaubenhilfe und Kopf der Gruppe. Zweimal täglich transportierten die Tierschützer ihren Fang mit einem Bollerwagen von der Färberstraße ans Obere Tor, wo die Tiere in den nagelneuen Taubenschlag umquartiert wurden.
512 Tauben unter dem Dach gefangen
Es waren am Ende exakt 512 Tauben, die aus dem wilden Taubenhaus in der Färberstraße herausgeholt wurden. Eine Zahl, die auch die Taubenhelfer erstaunte. Sie schätzten die Zahl der Tiere auf rund 300. Doch die Tauben haben sich unter dem Dach an allen möglichen und unmöglichen Stellen eingenistet.
Was die handvoll Idealisten der Stadttaubenhilfe in ihrer Freizeit geleistet haben, ist mehr als bewundernswert. Sie haben viereinhalb Jahre lang den wilden Tauben-Unterschlupf in der Färberstraße täglich betreut und domestiziert, um eine unkontrollierte Ausbreitung der Tauben im Stadtgebiet zu verhindern.
Bis zu 5000 Eier entfernt
In dieser Zeit haben sie 3000 bis 5000 Taubeneier aus den Nestern entfernt, und damit die unkontrollierte Vermehrung des Schwarms verhindert. Sie haben sich um zahlreiche weitere Taubenprobleme in Villingen-Schwenningen und Umgebung gekümmert. Und sie haben seit einem Jahr auch noch das neue, vom Gemeinderat bewilligte Taubenhaus fertiggestellt.

Mit technischer und finanzieller Unterstützung der Stadt wurde auf zwei Etagen des Dachbodens ein Taubenschlag im historischen Villinger Zeughaus eingerichtet. In Handarbeit entstand über Monate wabenartige Holzkonstruktionen mit rund 3000 Nistplätzen. In dieser Taubenpension werden nun die Stadttauben dauerhaft konzentriert, damit sie den Menschen nicht mehr zur Plage werden.

Rund 750 Tauben im historischen Zeughaus
Tatsächlich aber tummeln sich auf Dachböden des Zeughauses mittlerweile nicht nur 500, sondern bereits 750 Stadttauben in ihren neuen Nistzellen. Die 250 weiteren Tiere stammen aus mehreren anderen wilden Tauben-Ansiedlungen im Stadtgebiet von Villingen als auch aus Schwenningen, die von den Tierschützern in den vergangenen Monaten aufgelöst worden waren.

Übergangsweise waren auch diese eingefangenen Tauben von den Helfern im wilden Taubenhaus in der Färberstraße 12 untergebracht worden. Und zwar – mit dem Einverständnis des Hausbesitzers – in den Räumen der ehemaligen Wohnungen des Hauses. Sie wurden sozusagen zu Zimmertauben.
Bis auf das Erdgeschoss war das Gebäude mit Tauben damit voll belegt. Doch auch diese Zimmertauben wurden inzwischen ins Zeughaus umgesiedelt.

Die 750 Tauben werden dort von den Helfern der Stadttaubenhilfe weiterhin tierschutzgerecht betreut. Sie bekommen täglich Futter und Wasser, die Räume werden gereinigt, die Eier regelmäßig ausgetauscht. In wenigen Jahren wird sich damit der Bestand der Kolonie deutlich reduzieren.
Für Thorsten Kuchenbecker und seine Gruppe ist die Auflösung des Hotspots in der Färberstraße 12 ein Meilenstein. „Ich kenne keine Stadttaubenhilfe in Deutschland, die ein Projekt mit diesem Volumen hat umsetzen müssen“, berichtet er. Insofern sei dieser Umzug ein Pilotprojekt, das aus seiner Sicht optimal gelaufen ist.

Großteil der Innenstadttauben eingefangen
Der Tauben-Initiative geht es darum, nach dem Vorbild des „Augsburger Modells“ einerseits die Städte von einer unkontrollierten Taubenplage zu befreien, andererseits aktiven Tierschutz zu betreiben und unnötiges Tierleid zu vermeiden.

Dieses Ziel lässt sich, davon ist der Taubenfreund Thorsten Kuchenbecker überzeugt, in der Villinger Innenstadt sehr bald erreichen. Mit der nun vollzogenen Umsiedlung, so konstatiert er, „haben wir mehr als Dreiviertel aller Stadttauben der Villinger Innenstadt eingefangen“.
Im historischen Stadtkern Villingens gebe es jetzt noch ein paar kleinere Stadttauben-Populationen in kleineren Hinterhöfen. „Die können wir im Taubenschlag noch gut unterbringen.“

Rathaus ist voll des Lobes
Groß ist die Freude auch bei der Stadtverwaltung. „Mit dem erfolgreichen Ergebnis und dem gesamten Ablauf sind wir sehr zufrieden und danken der Stadttaubenhilfe für die gute Arbeit“, artikuliert Pressesprecherin Madlen Falke das Lob aus dem Rathaus.