Karten-Hagel bei Meckern in der Bundesliga: Die Regeländerungen des DFB – und was Profis und Fans davon halten
Seit dem Rückrundenstart sitzen die Karten bei den Bundesliga-Schiedsrichtern deutlich lockerer – wer zu viel meckert, fliegt. Damit reagiert der Deutsche Fußballbund (DFB) auf Entwicklungen im Amateurfußball, wo es in der Vergangenheit vermehrt zu Angriffen auf Schiedsrichter gekommen war. Das härtere Durchgreifen stößt aber nicht nur auf Zustimmung.
Rote Karten könnten in der Bundesliga künftig deutlich häufiger gezückt werden, wenn sich die Profis nicht an die neuen Regeln des DFB halten und das Meckern einstellen.
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Svenja Graf und dpa
Werder-Kapitän Niklas Moisander hat sie schon zu spüren bekommen, Gladbachs Alassane Pléa ebenso: Die Regelanpassung des DFB, nach der das Meckern und Reklamieren der Profis seit dem Rückrundenstart weitaus härter bestraft wird als bisher.
Sanktionen, sprich Gelbe und Rote Karten, sollen in solchen Fällen nun deutlich lockerer sitzen und Platzverweise früher ausgesprochen werden. Beim DFB ist man der Meinung, dass die härtere Gangart in der Bundesliga mit der Zeit auch auf den Amateurbereich abfärbt, wo es in der Vergangenheit vermehrt zu Angriffen auf Schiedsrichter gekommen war.
Fortan gibt es also schneller Gelb, wenn Spieler zu stark reklamieren, simulieren, Gegenspieler verbal attackieren oder Karten beziehungsweise den Videobeweis fordern. Bei einer größeren Rudelbildung gibt es jetzt den roten statt den gelben Karton.
Ex-Schiedsrichter Urs Meier: Nur Spielführer sollten diskutieren
Der ehemalige Weltklasse-Schiedsrichter Urs Meier spricht sich dafür aus, das Reklamieren auf dem Fußballplatz nur dem Kapitän zu überlassen. „Ich würde mir wünschen, dass nur die Spielführer mit den Schiedsrichtern diskutieren dürften – so wie es ursprünglich einmal vorgesehen war“, sagte der Schweizer im Interview von „Spox“ und „Goal“. „Heute wird jede Entscheidung, jeder Einwurf, jedes noch so klare Foul von jedem Spieler kritisiert. Als Schiedsrichter denkst Du dir: Verdammt noch mal! Denkt ihr, ich bin ein Idiot?“
„Ich würde mir wünschen, dass nur die Spielführer mit den Schiedsrichtern diskutieren dürften – so wie es ursprünglich einmal vorgesehen war.“
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Grundsätzlich findet der 61-Jährige eine schärfere Regelauslegung beim Reklamieren richtig. Alle Schiedsrichter müssten „das konsequent über mehrere Spieltage hinweg durchziehen, damit die Botschaft bei den Spielern und Trainern ankommt.“ Als „Maß aller Dinge“ für den respektvollen Umgang miteinander auf dem Sportplatz nannte er Rugby.
Nagelsmann fordert Scharfsinn in Vorbild-Debatte
In der Diskussion um die verschärfte Regelauslegung gegen Meckerer fordert Julian Nagelsmann mehr gesunden Menschenverstand. „Man muss unterscheiden zwischen Unsportlichkeiten wie Schwalben oder Zeitspiel und nervigen Situationen“, sagte der 32 Jahre alte Trainer von Fußball-Bundesligist RB Leipzig.
„Man muss unterscheiden zwischen Unsportlichkeiten wie Schwalben oder Zeitspiel und nervigen Situationen.“
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„Es gibt einen Unterschied zwischen Emotionen und Unfairness. Emotionen machen Sport groß und das soll auch so bleiben. Man muss gut miteinander sprechen und dabei ist es ein Schlüssel, Fehler zuzugeben.“ Man kenne das von zu Hause, meinte Nagelsmann: „Ab und zu muss man mal Ja sagen, dann ist Ruhe.“
BVB-Coach Favre begrüßt die neue Regelung
Borussia Dortmunds Trainer Lucien Favre begrüßt die striktere Regelauslegung der Schiedsrichter in der Bundesliga-Rückrunde. „Wenn gepfiffen ist, müssen die Spieler Respekt zeigen und weitermachen“, sagte der Schweizer.
„Wenn gepfiffen ist, müssen die Spieler Respekt zeigen und weitermachen.“
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Alassane Pléa von Favres Ex-Club Borussia Mönchengladbach hatte im Spitzenspiel bei RB Leipzig sogar Gelb-Rot gesehen, weil er nach einer Gelben Karte wegen Meckerns weiter abfällig gestikuliert hatte. „Ich finde das okay, denn die Spieler verlieren da nur Zeit“, sagte Favre.
Wagner kritisiert härteres Durchgreifen: „Das ist konstruiert“
Trainer David Wagner vom Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 hat die schärfere Regelauslegung beim Reklamieren kritisiert. „Ich finde die Herangehensweise nicht richtig, auch falsch“, sagte Wagner.
„Ich finde die Herangehensweise nicht richtig, auch falsch.“
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Speziell ein möglicher Zusammenhang zwischen Attacken auf Schiedsrichter im Amateurbereich und daraus resultierendem härteren Durchgreifen in der Bundesliga mache für ihn keinen Sinn. „Ich blicke den Zusammenhang nicht. Das ist konstruiert. Wir haben in der Bundesliga keine Jagdszenen“, sagte Wagner weiter.
Petersen lobt Anti-Mecker-Regel: „Gut und richtig“
Fußball-Profi Nils Petersen vom Bundesligisten SC Freiburg hat die Anti-Mecker-Regel gelobt. Die von den Schiedsrichtern im neuen Jahr konsequent angewandte Regel sei „sinnvoll“, sagte er dem Onlineportal „deichstube.de“. „Wer den Lauten macht und sich beim Schiedsrichter beschwert, wird mit Gelb verwarnt. Das ist gut und richtig.“
„Wir Spieler müssen uns daran auch erst mal gewöhnen.“
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Gleichzeitig forderte Petersen etwas Zeit für die Fußball-Profis mit dem Umgang der neuen Regelung. „Wir Spieler müssen uns daran auch erst mal gewöhnen“, erklärte er. „Es war bislang ja irgendwie in Ordnung zu diskutieren, sich zu beschweren. Über Jahre „durften“ wir Spieler so agieren – jetzt ist damit plötzlich Schluss.“ Einen Fußball ohne jegliche Gefühlsregungen befürchtet Petersen allerdings nicht. „Es wird oft genug Situationen geben, in denen wir unsere Emotionen nicht im Griff haben, in denen es mal knallt. Dann gibt es eben Gelb – für mich ist das okay“, sagte der zweifache Nationalspieler. Das gehört jetzt zum Fußball, genauso wie die Emotionen – aber das müssen wir erst noch lernen.“
Das sagen die Fans zur neuen Regelung
Viele Fans sind wenig begeistert von der härteren Regelauslegung des DFB und machen ihrem Ärger in den sozialen Medien Luft. Die größte Befürchtung der Anhänger: Die Emotionen im Fußball könnten verloren gehen.