Für Amanda Staveley ist es ein Triumph. Die britische Unternehmerin half schon vor 13 Jahren bei der millionenschweren Übernahme des derzeitigen britischen Fußballmeisters Manchester City durch den stellvertretenden Ministerpräsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Mansur bin Zayed Al Nahyan. Jetzt vermittelte die 48-jährige Staveley den Verkauf eines weiteren britischen Spitzenclubs an einen arabischen Investor: Newcastle United ging für 360 Millionen Euro an den staatlichen Investmentfonds Saudi-Arabiens – und Staveley selbst sicherte sich zehn Prozent der Anteile und einen Platz im Vorstand. Sie sieht die Übernahme als großen Erfolg, doch Menschenrechtler kritisieren den Deal als teuren Persilschein für ein Regime, das sich von Vorwürfen der Folter, Mord und Krieg reinwaschen wolle.

Newcastles Fans verkleiden sich seit der Übernahme ihres Clubs gerne als Scheichs. Das erste Heimspiel ging am Wochenende dennoch verloren.
Newcastles Fans verkleiden sich seit der Übernahme ihres Clubs gerne als Scheichs. Das erste Heimspiel ging am Wochenende dennoch verloren. | Bild: Richard Lee/Shutterstock via www.imago-images.de

Die aus Yorkshire stammende Staveley bezeichnet ihr Engagement als Zeichen ihrer Heimatverbundenheit mit Nordengland: Ihr langfristiges Ziel sei der Meistertitel für Newcastle, das in der Premier League auf dem zweitletzten Platz steht, sagte die frisch gebackene Vorständlerin in Medieninterviews. Die Fans des abstiegsbedrohten Clubs feierten die Investition aus Saudi-Arabien, denn mit der Übernahme Anfang Oktober wurde ihr Verein über Nacht zu einem der reichsten in Großbritannien.

Prinz unter Mordverdacht

Geld für neue Spieler gibt es jetzt reichlich. Der saudische Fonds (PIF) mit seinem Vermögen von 370 Milliarden Euro und seinem Vorsitzenden, Thronfolger Mohammed bin Salman, besitzt nun 80 Prozent der Newcastle-Anteile, Staveley und der britisch-indische Milliardär Jamie Reuben teilen sich den Rest. Doch der schlechte Ruf von Mohammed bin Salman, genannt MBS, macht aus der Übernahme ein höchst umstrittenes Geschäft. Der Deal wurde kurz nach dem dritten Jahrestag des Mordes an dem saudischen Dissidenten Jamal Khashoggi bekannt gegeben. Nach Erkenntnissen von amerikanischen Geheimdiensten und UN-Ermittlern wurde Khashoggi am 2. Oktober 2018 von einem Killerkommando aus dem engsten Kreis um MBS ermordet. Saudi-Arabien weist den Vorwurf zurück, der Prinz den Mord in Auftrag gegeben.

Mohammed bin Salman ist der Vorsitzende des Investmentfonds.
Mohammed bin Salman ist der Vorsitzende des Investmentfonds. | Bild: MANDEL NGAN/DPA

Das so genannte „Sportswashing“ – das Engagement im sportlichen Bereich zur Reinwaschung des eigenen Images – sei schon lange eine Taktik des saudischen Regimes, sagt Minky Worden von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Seit dem Khashoggi-Mord fährt das Königreich laut HRW mit Autorennen, Golfturnieren und mit Gastspielen internationaler Stars wie Mariah Carey und Jennifer Lopez eine millionenschwere Image-Kampagne. „Fußballfans dürfen aber nicht nur auf die glänzende Seite und auf das viele Geld schauen“, erklärte Worden über den Newcastle-Deal. Alle, die sich für den Fußball als „das schöne Spiel“ begeisterten, sollten die Übernahme als Weckruf begreifen. Fans, Spieler und Sportjournalisten sollten die Einführung von Menschenrechtslinien beim britischen Fußballverband FA einfordern, meint Worden.

Auch Amnesty International kritisiert, die Übernahme von Newcastle sei Teil einer saudischen Image-Kampagne, für die sich der Fußball nicht hergeben sollte. Die saudische Regierung könne ab sofort über Newcastle „positive Botschaften“ in die Welt schicken. Der deutsche Trainer von Liverpool, Jürgen Klopp, erinnerte Newcastle ebenfalls an die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien. Seitdem Mohammed bin Salman vor vier Jahren Thronfolger und damit de-facto-Herrscher des Landes wurde, sind dort mehr als 500 Menschen hingerichtet worden. Als saudischer Verteidigungsminister begann MBS zudem den Krieg im Jemen, bei dem zehntausende Zivilisten getötet worden sind.

Sport soll Image verbessern

Schon häufiger konnten sich arabische Autokraten als Retter britischer und anderer europäischer Traditionsmannschaften präsentieren, ohne dass sie unangenehme Fragen nach der Unterdrückung von Kritikern befürchten mussten. Das gilt für die VAE als Besitzer von Manchester City ebenso wie die Übernahme von Paris St. Germain durch die staatliche Investitionsgesellschaft QSI aus Katar. Weniger bekannte Mannschaften im britischen Fußball verdanken ihr Überleben ebenfalls arabischen Geldgebern, und auch die saudische Königsfamilie ist bereits vertreten: Vor acht Jahren kaufte der saudische Prinz Abdullah Musaid al-Saud den Club Sheffield United. Ägyptische Investoren geben bei Aston Villa und Hull den Ton an. Staveley sieht in all dem kein Problem. Die saudische Investition helfe einem Club, der Hilfe brauche, argumentiert sie. In einem Interview wies sie auf den schlechten Tabellenplatz von Newcastle United hin. „Wenn es hier um Sportswashing ginge, hätten wir uns für andere Möglichkeiten entschieden.“ Die Unternehmerin betont, der Fonds sei unabhängig von der saudischen Regierung – eine kühne Behauptung über eine Institution, die Kronprinz MBS als Vorsitzenden hat.

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Mit rhetorischen Klimmzügen dieser Art können Staveley & Co. der Realität nicht entkommen. Beim ersten Heimspiel nach dem Deal am Sonntag fuhren Menschenrechtler einen Lieferwagen mit einem großen Transparent, das an den Khashoggi-Mord erinnerte, ums Stadion. In der Arena jubelten Staveley und ihre Partner zwar zunächst über die 1:0-Führung für ihre Mannschaft gegen Tottenham – doch am Ende ging die Partie mit 2:3 verloren.