Es ist so etwas wie ein Epochenwechsel: Vor Kurzem kündigte Baden-Württembergs Energiekonzern EnBW an, in den kommenden Jahren in der Nordsee einen riesigen Windpark errichten zu wollen. Das Außergewöhnliche dabei: Der einst für Atomkraftwerke bekannte Energieversorger will für Bau und Betrieb keine staatlichen Subventionen in Anspruch nehmen. Das Windfeld, das ab 2025 über eine ähnliche Leistung verfügen soll wie ein kleiner Kernmeiler, soll sich selbst tragen.

Die unscheinbare Nachricht hat in Fachkreisen für ziemlichen Wirbel gesorgt. Denn es ist das erste Mal überhaupt, dass ein Energieversorger ein Öko-Energieprojekt diesen Ausmaßes ohne Stütze vom Staat realisieren will. Und sie widerspricht diametral der landläufigen Meinung, wonach es sich bei Windkraft – aber auch bei Solaranlagen – um hochsubventionierte und gleichzeitig ziemlich ineffiziente Flausen deutscher Ingenieurskunst handelt.

Tatsächlich ist es Zeit, diese Einschätzung zu korrigieren. Die erneuerbaren Energien sind auf dem besten Weg gegenüber Kernkraft, Kohle und Gas konkurrenzfähig zu werden. Vom Prinzip her ist die Sache klar. Während fossile Energieträger und Uran endlich sind und sich ihr Abbau immer kostspieliger gestaltet, sind Sonne und Wind in rauen Mengen verhanden und stellen keine Rechnung. Was Öko-Energie früher teuer machte – eine Mischung aus unausgereifter Technik, hohen Risikoaufschlägen bei der Projektfinanzierung sowie fehlender Massenfertigung der Anlagen – ist heute zusehends passé. Die Produktion von Solarzellen erfolgt in hochautomatisierten Fabriken und gleicht der Speicherchip-Fertigung in der Elektronikindustrie. Und auch die Windradfertigung ist heute in hohem Maß standardisiert. Als Folge werden die Anlagen immer effizienter und produzieren Energie immer günstiger.

Ganz neu ist diese Entwicklung gleichwohl nicht. Bereits seit acht Jahren sind die Kosten, zu denen Ökoenergieanlagen Strom erzeugen, weltweit auf Talfahrt. Aber jetzt purzeln die Preise immer schneller. Mit knapp drei Cent pro Kilowattstunde wird derzeit in Dubai Sonnenstrom zu Preisen angeboten, für die sich Planer von Kohle- oder Gaskraftwerken nicht einmal mehr ans Reisbrett setzen. In Marokko und Peru geht die Einheit Windstrom inzwischen für drei bis vier Cent über den Tisch. Und für Windkraft auf hoher See sind die Kosten 2016 weltweit um beinahe ein Drittel gesunken.

Dass Strom aus der Steckdose in Deutschland im Moment noch nicht billiger wird, steht auf einem anderen Blatt und hat vor allem mit Altlasten zu tun. In der Anfangszeit der Öko-Energie-Förderung konnten Sonnenstromproduzenten noch Vergütungen von bis zu 50 Cent je erzeugter Einheit Energie einstreichen – und zwar über die Dauer von 20 Jahren. Diese Zeiten sind zwar vorbei. Die Förderung ist auf Ausschreibungen umgestellt worden, die Tarife für Dachanlagenbesitzer sind auf acht Cent zusammengeschrumpft. Der Kostenrucksack, den Deutschland mit sich herumschleppt, wiegt aber immer noch schwer. Erleichterung wird sich erst Mitte der 2020er Jahre einstellen, wenn der Großteil der Altanlagen aus der Förderung herausfällt. Außerdem erfordert der schnelle Ausbau von Ökoenergie einen ebenso zügigen Neubau von Speichern und Netzen. Die dafür nötigen Milliarden werden auch auf die Strompreise umgelegt. Die zunehmenden Kostenvorteile von Solar- oder Windstrom werden so verdeckt.

Klar ist dennoch, dass sich der Umstieg auf Erneuerbare Energien am langen Ende für Deutschland rentieren wird. Im Weltmaßstab boomen die Technologien. Als Ausweis mag dienen, dass 2016 mit der Fotovoltaik erstmals eine Ökoenergie die globale Rangliste der beliebtesten Energieträger anführte. Nirgends sonst wurden mehr Erzeugungskapazitäten errichtet. Und im Ausland spricht man seit Jahren mit Respekt über die bei uns viel gescholtene Energiewende. Auch das sollte uns zu denken geben.