Seit Monaten brodelt die Gerüchteküche, angeheizt von Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Er macht sich für eine Fusion von Deutscher und Commerzbank zu einem deutschen Champion stark. Jetzt favorisiert dies angeblich auch der Finanzinvestor Cerberus, Großaktionär beider Geldhäuser. Auch Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner soll dafür sein. Die beiden Vorstandschefs Christian Sewing und Martin Zielke wollen dagegen alleine ihre Häuser wieder nach vorne bringen. Auch am Finanzplatz Frankfurt sind kaum Befürworter zu finden.
- Warum trommelt Scholz für die Fusion? In Deutschland fehlt eine international wettbewerbsfähige Großbank, die mit US- und europäischen Instituten mithalten und deutsche Unternehmen bei ihren Geschäften im Ausland begleiten kann.
- Warum können das beide Banken nicht wirklich leisten? Die von Skandalen und Milliardenstrafen gebeutelte Deutsche Bank hat 2018 erstmals seit vier Jahren einen leichten Gewinn verbucht. Ihre Aktie ist aber auf Talfahrt, an der Börse ist die Bank nur noch 16 Milliarden Euro wert. Global steht sie weit jenseits von Rang 50.
- Und die Commerzbank? Scholz kann für die Fusion trommeln, weil der Bund mit mehr als 15 Prozent größter Aktionär der Commerzbank ist. Mit einer Milliarden-Finanzspritze hatte er das Institut 2008 vor der Pleite bewahrt. 2018 stand die deutlich kleinere Commerzbank mit einem höheren Gewinn besser da als die Deutsche Bank. Mit einem Börsenwert von 8 Milliarden Euro ist sie aber noch unbedeutender.
- Wie steht es um den Bankenmarkt in Deutschland? Die Konkurrenz ist riesig, es gibt zu viele Geldhäuser. Wegen der niedrigen Preise ist das gut für die Kunden. Bei Banken und Sparkassen aber sind die Gewinnspannen gering. Im Gegensatz zu US-Banken müssen deutsche Kreditinstitute zudem für Einlagen bei der Europäische Zentralbank Zinsen zahlen. Das ist ein milliardenschwerer Nachteil gegenüber US-Banken.
- Was würde eine Fusion bringen? Vordergründig würden die Kräfte gebündelt, rechnerisch käme eine „Deutsche Commerz“ auf einen Börsenwert von etwa 24 Milliarden Euro. Auch damit läge sie selbst In Europa noch deutlich zurück. Faktisch wäre auch das fusionierte Institut ein Übernahmekandidat.
- Wie könnte ein Zusammenschluss gestaltet werden? Die Deutsche Bank könnte den Konkurrenten übernehmen. Analysten zufolge müsste sie den Commerzbank-Aktionären einen Aufschlag von 20 Prozent auf den Kurs zahlen – aktuell wären das etwa 9,6 Milliarden Euro. Bei einem Börsenwert von 16 Milliarden Euro wäre das, so Experten, ohne Kapitalerhöhung kaum zu stemmen. Seit 2010 hat die Deutsche Bank bereits vier Mal insgesamt 30 Milliarden Euro an frischem Kapitel eingesammelt -für die Kapitalgeber ein sehr schlechtes Geschäft. Wer sollte der Bank noch einmal Geld geben?
- Und eine klassische Fusion? Die Commerzbank könnte auf die Deutsche Bank verschmolzen werden. Commerzbank-Aktionäre bekämen Aktien der „Deutsche Commerz“. Auch dafür wäre wohl eine Kapitalerhöhung notwendig. Nicht nur die Gremien der Häuser müssten dies absegnen, auch 75 Prozent der Aktionäre beider Banken. Finanzminister Scholz könnte sein Gewicht nur bei der Commerzbank einbringen.
- Was spricht gegen eine Fusion? Aus zwei Kranken wird nicht automatisch ein Gesunder. So sehen es Beobachter. Die Finanzaufsicht BaFin ist ebenso skeptisch wie Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Fusionen müssten einer betriebswirtschaftlichen, nicht einer politischen Logik folgen.
- Was würde das für das Management beider Häuser bedeuten? Die Vorstände und das Management beider Häuser wären auf Jahre mit der Fusion und der Integration beschäftigt, unter anderen auch der IT. Fraglich ist, ob Kunden der fusionierten Bank treu bleiben.
- Wäre eine fusionierte Bank nicht viel zu groß und mit zu vielen Risiken behaftet – Stichwort Finanzkrise 2008? Es entstünde die mit Abstand größte Bank in Deutschland. Sascha Steffen, Professor an der Frankfurt School of Finance warnt vor einem „Monster“. In einer Krise hätte der Staat, so Steffen, kaum eine andere Wahl als die Bank mit Steuergeld zu retten. Gerade das soll aber nicht mehr passieren.
- Gäbe es einen Mehrwert für die Institute? Die Kosten müssten dafür radikal gesenkt, das Filialnetz gestrafft werden. Zwei Zentralen, doppelte Bereiche für Organisation und Geschäftsabwicklung würden ebenso wenig Sinn machen wie für Controlling und Risikomanagement. Kein Wunder, dass die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nichts von einer Fusion hält.
- Um wie viele Filialen und Beschäftigte geht es? In Deutschland betreibt die Deutsche Bank mit der Postbank rund 1400 Filialen, die Commerzbank rund 1000. Von den insgesamt 2400 Ablegern müsste die Hälfte weg, schätzt ein langjähriger Commerzbanker. Allein in den Filialen wären mehrere Tausend Jobs betroffen. 20 000 bis 30 000 der 150 000 Stellen in beiden Häusern (davon 78 000 in Deutschland) müssten wegfallen, vermutet das Magazin "Der Spiegel" – schwer vorstellbar, dass Sozialdemokrat Scholz einen solchen Kahlschlag billigen würde. Ohne deutliche Kosteneinsparungen aber würde eine Fusion keinen Sinn machen.