Herr Holm, das geplante Heizungsgesetz sieht vor, dass ab 2024 nur noch neue Heizungen eingebaut werden dürfen, die zu zwei Dritteln aus erneuerbaren Energien betrieben werden. Nun gibt es viele große Wohnhäuser, die ans Gasnetz angeschlossen sind. Ist da ein Wärmepumpeneinbau überhaupt möglich?

In München etwa gibt es schon ein umfangreiches Fernwärmenetz, das weiter ausgebaut werden soll. Wenn eine Fernwärmeleitung in der Nähe ist, wäre der Anschluss daran die einfachste Lösung.

Viele Immobilien sind aber nach wie vor ans Gasnetz angeschlossen. Was kann man tun, wenn die Gasheizung für einen größeren Wohnblock nach 2024 die Grätsche macht?

Es gibt keine allgemein gültige Antwort. Es hängt unter anderem davon ab, wie weit die kommunale Wärmeplanung ist. Kommunale Wärmepläne erhöhen die Planungssicherheit von Hauseigentümern. Aus den Plänen wird klar ersichtlich, welche Wärmeversorgung für sie infrage kommt. Es kommen aber hauptsächlich zwei Technologien in Frage: Wärmepumpen oder Fernwärmeanschluss.

Es ist nicht so, dass Wärmepumpen für Mehrfamilienhäuser nicht einsetzbar wären. Wohnungsbauunternehmen haben schon Sanierungen mit Wärmepumpen durchgeführt. Es ist zwar beim Mehrfamilienhaus deutlich schwieriger als beim Einfamilienhaus, aber nicht unlösbar. Das Gesetz sieht aber auch Hybridheizungen, Biomasse, Biogas, und theoretisch auch Wasserstoff und Brennstoffzellen vor.

Mehrfamilienhäuser in einer Straße. Geht es, hier Wärmepumpen zu installieren?
Mehrfamilienhäuser in einer Straße. Geht es, hier Wärmepumpen zu installieren? | Bild: Soeren Stache, dpa

Hausbesitzer fürchten nicht nur die relativ hohen Anschaffungskosten einer Wärmepumpe, sondern auch die Kosten für die notwendigen energetischen Sanierungen. Wie groß kann der Aufwand bei älteren Immobilien werden?

Ich würde mal als Faustregel behaupten, dass alle Häuser, die nach 1995 gebaut wurden, überhaupt keine Probleme mit dem Wärmepumpeneinbau haben. Gebäude, die vor 1995 gebaut wurden und noch unsaniert sind, haben generell Nachholbedarf. Da kommen die meisten Bauteile in den Bereich des Lebensdauerendes.

Wenn man dann eine ohnehin fällige Sanierung vornimmt, kann man ohne Probleme eine Wärmepumpe einbauen. Hier sei nebenbei erwähnt, dass nicht nur der Einbau der Wärmepumpe, sondern auch die Sanierung der Gebäudehülle gefördert wird.

Eine Wärmepumpe der Firma Vaillant ist an einem Einfamilienhaus zu sehen. Kompliziert wird der Einbau vor allem in Mehrfamilienhäusern.
Eine Wärmepumpe der Firma Vaillant ist an einem Einfamilienhaus zu sehen. Kompliziert wird der Einbau vor allem in Mehrfamilienhäusern. | Bild: Daniel Reinhardt, dpa

Aber auch von den neueren Häusern haben die wenigstens Wand- oder Fußbodenheizungen...

Die braucht man auch nicht unbedingt. Eine Flächenheizung ist nicht Voraussetzung für den effizienten Betrieb einer Wärmepumpe. Eine Flächenheizung macht beim Neubau oder bei einer Generalsanierung Sinn. Viele Gebäude, die noch nicht für den effizienten Betrieb einer Wärmepumpe geeignet sind, kann man mit geringen Investitionssummen Wärmepumpen-fertig machen.

Gebäude können schrittweise verbessert werden, so dass sie im entscheidenden Moment für den Umstieg auf die Wärmepumpe vorbereitet sind. Generell ist der energetische Sanierungszustand unserer Gebäude schlecht, weil viele Jahre nichts gemacht wurde. Da muss was passieren.

Ist zu erwarten, dass die Wärmepumpentechnik billiger und effektiver wird?

Es gibt kontinuierliche Verbesserungsprozesse, aber wir werden keine Quantensprünge erleben. Es wird sicher Wärmepumpen mit höheren Vorlauftemperaturen geben. Aber die Menge der zu erzeugenden Wärme hängt nun mal davon ab, wie gut der energetische Zustand des Gebäudes ist. Um die energetischen Verbesserung der Häuser kommen wir einfach nicht herum. Auch erneuerbare Energien sind endlich. Energiesparen ist immer noch das Gebot der Stunde – ob Gas oder Strom.

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Was können Hausbesitzer jetzt tun?

Nicht blind irgendwas machen, sondern immer den Energieberater einschalten. Eine gute Anlaufstelle ist als erstes die Energieberatung der Verbraucherzentrale. Dann sollte man sich mit einem unabhängigen Energieberater, der in der Expertenliste der Deutschen Energieagentur (Dena) aufgeführt ist, in Verbindung setzen. Der erstellt einen individuellen Sanierungsfahrplan. Die Energieberatung wird gefördert.

Wärmepumpen brauchen Strom, und zwar nicht zu knapp. Mit welcher Größenordnung muss man rechnen?

Je schlechter die energetische Qualität des Gebäudes ist, desto mehr Strom braucht sie. Mit dem Einsatz einer Kilowattstunde Strom können sie drei und mehr Kilowattstunden Wärme bereitstellen. Wenn man also 30.000 Kilowattstunden (3000 Kubikmeter) Gas im Jahr benötigt, sind es mit der Wärmepumpe 10.000 Kilowattstunden Strom. Bei gut gedämmten Gebäuden ist der Faktor Gas zu Strom etwa eins zu vier, bei schlecht gedämmten etwa eins zu zwei.

Strom für viele tausend zusätzlicher Wärmepumpen steht aber derzeit doch nicht rund um die Uhr zur Verfügung...

Von heute auf morgen werden ja nicht 20 Millionen Häuser umgestellt, sondern pro Jahr etwa 500.000. Das ist in etwa so viel wie wir momentan an neuen Gasheizungen einbauen. Der Strommehrverbrauch steigt also langsam an, was natürlich in Koppelung mit der Elektromobilität unser Stromnetz zusätzlich belasten wird. Aber das ist kein Argument gegen die Wärmepumpe.

Die Luft-Wasser-Wärmepumpe ist beinahe überall einsetzbar und kann auch im Freien aufgestellt werden. Allerdings ist sie nicht ganz billig.
Die Luft-Wasser-Wärmepumpe ist beinahe überall einsetzbar und kann auch im Freien aufgestellt werden. Allerdings ist sie nicht ganz billig. | Bild: dpa

Können Sie die Angst von Hausbesitzern nachvollziehen, die fürchten, den Umstieg finanziell nicht stemmen zu können, wenn ihre Gas- oder Ölheizung nach ab 2024 unreparierbar kaputt geht?

Ich hätte mehr Angst davor, dass mich irgendwann die Kosten für Öl und Gas auffressen. Diese Brennstoffe werden sicher in ihren Preisen steigen, allein schon durch die CO2-Bepreisung. Die Investitionskosten für eine Öl- oder Gasheizung mögen jetzt zwar niedriger sein als bei einer Wärmepumpe, aber die Jahresgesamtkosten sind durchaus vergleichbar, wenn nicht auch einmal günstiger. Eine Wärmepumpe wird im Übrigen gefördert, eine Öl- und Gasheizung nicht. Die Investition in eine Wärmepumpe in Kombination mit der Förderung rechnet sich. Außerdem kann ich mir den Strom mit einer Photovoltaikanlage selbst erzeugen.

Das gilt aber nur, wenn man keine zusätzlichen hohen Kosten für die energetische Sanierung aufbringen muss...

Diese Kosten habe ich auch bei einem alten Haus mit einer Öl- und Gasheizung. Wenn das Haus energetisch schlecht ist, werden mich die Öl- und Gaspreise erst recht finanziell überfordern, weil der Verbrauch an Öl oder Gas dann riesig ist. Lange waren die Preise für Öl und Gas konstant. Das wird aber nicht mehr so sein. Das haben wir leider eindrucksvoll im letzten Winter gesehen. Ein verbesserter Wärmeschutz trägt auch entscheidend dazu bei, die Auswirkungen des Energiepreis-Schocks abzumildern ohne beim Nutzer Komfort und Bequemlichkeit zu verlieren.