Herr Schwabe, Hybridfahrzeuge, die in einem Auto einen herkömmlichen Antrieb mit einem E-Motor kombinieren, boomen. Die Zulassungszahlen steigen gewaltig, nicht zuletzt, weil der Staat viel Geld beim Kauf zuschießt. Was halten Sie von solchen Autos?

Die Hybridtechnik ist im Grunde ein cleveres Konzept: Es erlaubt beim Bremsen Energie zurückzugewinnen und in der Batterie zu speichern, um dann beim Wiederanfahren oder Beschleunigen mit Elektromotor die gespeicherte Energie zu nutzen. Das entlastet den Verbrennungsmotor, spart Sprit und schont die Umwelt. Zusätzlich kann man die Batterie an Ladestationen laden und damit Strecken bis etwa 70 km rein elektrisch fahren, geräusch- und emissionsarm.

Michael Schwabe führt seit mehr als einem Jahrzehnt den Automobilzulieferer ETO aus Stockach, nahe des Bodensees. Bekannt ist das ...
Michael Schwabe führt seit mehr als einem Jahrzehnt den Automobilzulieferer ETO aus Stockach, nahe des Bodensees. Bekannt ist das Unternehmen vorallem, weil es Motoren durch spezielle Kurbelwellen-Ventil-Steuerungen zu mehr Power – und damit auch zu mehr Effizienz – verhilft. | Bild: ETO Gruppe

Und wo liegen die Tücken?

Da gibt es mehrere. Hybridfahrzeuge sind durch die doppelte Antriebstechnik heute schwerer. Viele Hybridmodelle sind teure Mittel- und Oberklassefahrzeuge, die oft als Geschäftsfahrzeuge auf Langstrecke genutzt werden. Es gibt vielerlei Belege, dass die Elektro-Kabel zum Aufladen über Monate gar nicht ausgepackt werden. Da wäre es oft besser, gleich einen effizienten Diesel zu kaufen. Es gibt aber noch eine Entwicklung, die mir noch mehr Sorgen macht.

Welche?

Ich sage es einmal einfach. Im Moment gibt es mehrere Hersteller, die dazu übergehen bei ihren hybridgetriebenen Automodellen, einfache und günstige Verbrennungsmotoren einzusetzen. Diese Motoren entsprechen nicht dem aktuellen Stand der Technik, sowohl beim Verbrauch als auch beim Abgasausstoß.

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Warum gehen die Automobilhersteller so vor?

In den Testzyklen, die von den Behörden vorgegeben werden, um Autos ihre Straßenzulassung zu erteilen, wird der elektrisch gefahrene Teil der Strecke beim Schadstoffausstoß und beim Verbrauch mit Null angesetzt. Dahinter steckt der Gedanke, dass Strom als Energiequelle per se ökologisch ist, was natürlich nicht stimmt.

Aktuell besteht der deutsche Strommix immer noch zu rund 55 Prozent aus Kernkraft und fossilen Energieträgern. Und keiner kann sicherstellen, ob der Autobesitzer später nur Ökostrom tankt. Und selbst wenn, solange noch Strom aus fossilen Brennstoffen ins Netz gespeist werden muss, führt jeder zusätzliche Ladevorgang zu zusätzlicher Verstromung von fossilen Brennstoffen. Auch der erhebliche Energieverbrauch bei der Herstellung von Batterien fällt unter den Tisch.

Und was ist der Vorteil für die Autobauer?

Durch diese für die Hersteller besonders großzügige Berechnung des elektrisch gefahrenen Anteils beim Test entstehen Spielräume anderswo. Einige Hersteller nutzen diese gerade indem sie beim Verbrennungsmotor Abstriche machen. Es spielt dann schlicht nicht mehr die entscheidende Rolle, dass der im Hybridfahrzeug verbaute Verbrennungsmotor gemessen am derzeitigen Stand der Technik zu viel verbraucht. In der Gesamtbilanz ist ja alles wieder Okay.

Weil bei der Berechnung des Verbrauchs von Hybrid-Autos die Regeln sehr lax sind, werden die Antriebe also schlechter konstruiert als sie eigentlich sein sollten?

Ja, so ist die Tendenz gerade. Ich finde das skandalös. Es gibt Hersteller die bauen in ihre Hybridfahrzeuge 15 Jahre alte Technik ein.

Eine Werbung für Hybridantriebe, auf die die deutsche Autoindustrie ja als Brücke ins Elektrozeitalter gerade angewiesen ist, ist das jedenfalls nicht…

Nein, ganz und gar nicht. Es ist fatal, sowohl technologisch, als auch mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit der Branche, die ja sowieso durch den Dieselskandal schon angeschlagen ist. Das Hybrid-Konzept hat nämlich wie gesagt auch Vorteile.

Über die Optik kann man streiten, effizient und spritsparend ist der Toyota Prius aber. Anders als das von vielen deutschen Herstellern ...
Über die Optik kann man streiten, effizient und spritsparend ist der Toyota Prius aber. Anders als das von vielen deutschen Herstellern favorisierte Plug-In-Konzept, waren die ersten Generationen des Prius nicht an der Steckdose aufladbar. Der Verbrenner lud bei der Fahrt die Batterie, die wiederum einen E-Motor speiste – eine Fahrzeugarchitektur, die auf Effizienz ausgelegt ist. Moderne Plug-In-Hybride sollen vor allem eines bringen: Fahrspass. | Bild: dpa

Was schlagen Sie vor?

Es müssen Regeln her, die klar machen, dass ein Hybridfahrzeug, wenn es nur mit dem Verbrennungsmotor gefahren wird, keine schlechteren Verbrauchs- und Abgaswerte aufweist, als ein herkömmlich betriebenes Vergleichsmodell. Der eingebaute Verbrennungsmotor muss mindestens die gleiche Effizienz aufweisen, auf dem Prüfstand und auf der Straße. Der Gesetzgeber muss darauf hinwirken, dass Hybridfahrzeuge im Betriebsmodus so sauber wie möglich sind.

Welche Hersteller betrifft denn das Phänomen?

Es scheint international ein Thema zu sein. Einzelne Hersteller haben bereits begonnen, verbrauchsoptimierende Technik aus den Antrieben rauszunehmen und durch schlechtere, aber günstigere Lösungen zu ersetzen.

Nimmt das Problem, alte Technik für neue Fahrzeuge zu verwenden, zu?

Bei der aktuellen Gesetzeslage und Subventionspolitik sieht es so aus. Wir merken das, wenn wir mit Kunden Gespräche zum Thema Spritspartechnik führen.

Und was raten Sie als Chef eines Zulieferers Ihren Kunden?

Wir dürfen keine Abstriche bei der Umwelttechnik zu machen. Wir müssen höllisch aufpassen, dass die Autobranche nach dem Diesel-Skandal nicht noch mehr Vertrauen verspielt. Und die Politik muss die richtigen Impulse geben. Gefördert werden sollte nur, was in der Gesamtbilanz vorteilhaft ist.

Tatsächlich hat die Autoindustrie ja enorme Fortschritte beim Bau wirklich sauberer und effizienter Motoren gemacht. Die besten Aggregate saugen heute in der Stadtluft mehr Stickoxide ein, als hinten zum Auspuff wieder rauskommen. Gleichzeitig sind die Verbräuche tatsächlich gesunken. Das ist eine enorme Leistung. Da jetzt aus Kostengründen nicht weiterzumachen, wäre absolut fahrlässig. Wir dürfen die erzielten Erfolge jetzt nicht aufs Spiel setzen.