Oliver Schmale

Martell gilt als einer der ältesten Cognac-Hersteller in Frankreich. Dorthin zieht es Alexander Stein Ende des Jahres für zwei Monate. Er will lernen, wie guter Weinbrand hergestellt wird und vor Ort mit Destillateuren und Kellermeistern sprechen. Der 47 Jahre alte Schwabe liebt die besondere Herausforderung. Der Spirituosen-Unternehmer hat im Frühjahr die Markenrechte des Weinbrands Jacobi 1880 zurückgekauft, die einst schon einmal seiner Familie gehörten. Mit dem Gedanken habe er schon ein Jahrzehnt gespielt.

Der Betriebswirt will antreten und den Weinbrand neu erfinden. „Es ist spannend wieder bei null anzufangen“, sagt der dreifache Vater, der den Gin Monkey 47 zum Welterfolg gemacht hat und seine Anteile schrittweise an den zweitgrößten Spirituosenkonzern der Welt, Pernod Ricard mit Sitz in Paris, verkaufte. Zu dem Konzern gehört auch Martell.

Der Grund des Verkaufs: Der kleinen Gin-Destillerie mit Sitz in Loßburg bei Freudenstadt mit damals knapp einem Dutzend Mitarbeitern war der Vertrieb seiner Top-Spirituose in alle Welt zu komplex geworden.

Die Marke Jacobi soll wiederbelebt werden

Jetzt hat Stein ein neues Projekt. Der deutsche Weinbrand liege am Boden, sagt er und macht es mit an Jacobi fest. 1990 – im Jahr der Wiedervereinigung – seien noch sechs Millionen Flaschen der Marke verkauft worden. Heute seien es vielleicht noch 100.000 oder weniger. Die deutschen Hersteller hätten sich eher am Massenmarkt orientiert und weniger auf Qualität geachtet.

Eine Flasche mit dem Weinbrand Jacobi 1880. Im Frühjahr hat Alexander Stein die Markenrechte gekauft.
Eine Flasche mit dem Weinbrand Jacobi 1880. Im Frühjahr hat Alexander Stein die Markenrechte gekauft. | Bild: imago stock&people

Mit rund 720 Millionen Flaschen lag der Spirituosenmarkt im Jahr 2019 etwa 1,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Deutschland ist damit weiterhin der größte Markt innerhalb der Europäischen Union, so der Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und Importeure (BSI).

Der Anteil von Weinbrand und Cognac liegt nur bei gut sechs Prozent. Da ist noch viel Luft nach oben. „Deutsche Erzeugnisse stehen im Schatten von französischen oder spanischen Produkten, den Cognacs, den Armagnacs oder dem Brandy“, sagt Stein. Das soll sich nun ändern.

Alkohol-Experte Stein: Weinbrand ist so gut wie Cognac, der Ruf ist nur dahin.
Alkohol-Experte Stein: Weinbrand ist so gut wie Cognac, der Ruf ist nur dahin. | Bild: Bernd Kammerer

Zwei bis drei Jahre soll es dauern

„Massenanbieter zu sein, ist nicht meine Philosophie“, sagt der Schwabe, der mit zwei bis drei Jahren rechnet, bis es Jacobi wieder zu kaufen gibt. Schon die Rezept-Entwicklung zusammen mit dem Destillateur Christoph Keller bei Monkey 47 – die Zahl steht für die Anzahl der Zutaten – habe über eineinhalb Jahre gedauert. „Ich bin ein Bauchtyp und folge meiner Intuition.“ So will er auch versuchen, für das Weindestillat junge Winzer mit ihren Weinen zu gewinnen.

Der Betriebswirt ist experimentierfreudig. Bei der Entwicklung des Gin-Rezepts habe er es unter anderem mit Salbei probiert. Das habe aber seifig geschmeckt, erinnert er sich an die Anfänge der Gin-Herstellung im Schwarzwald zurück, die im Jahr 2008 mit den ersten Versuchen für das Wacholdergetränk startete. Seit 2010 ist die Marke auf dem Markt und hat dann sehr schnell ihren Platz an den Edelbars rund um den Globus erobert.

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Stein selbst war jahrelang in der Telekommunikations- und Autoindustrie tätig. Dann kam die Idee auf, sich selbstständig zu machen. Als er anfangs erzählte, dass er Gin im Schwarzwald produzieren wolle, sei er immer wieder belächelt worden, sagt er. Doch der Erfolg stellte sich für ihn und seinen Mitstreiter schnell ein. In den letzten Jahren ist die Gin-Herstellung in Deutschland immer beliebter geworden. Die einen trinken ihn am liebsten mit Tonic, wieder andere ordern ihn als Martini. „Ich mag ihn eigentlich klassisch.“

Ein neues Projekt

Jetzt soll die Marke Jacobi also wieder zu ihren Wurzeln zurück. Steins Vorfahren machten die Marke, die unter anderem einst mit dem Slogan „Jacobi 1880 schmeckt mit 18 wie mit 80“ Werbung machte, zu einer der führenden Brennereien in Deutschland. Dann ging es abwärts.

Ob Stein nun eine Revolution schafft, ähnlich wie beim Gin, ist noch völlig offen. Aus der Ruhe lässt er sich bei seinem Vorhaben nicht bringen. Er mache das so, wie er denke, dass es richtig sei. Und das ganz ohne Zeitdruck. Das sei ein Projekt, welches auf acht bis zehn Jahre angelegt sei. Entwickeln, gestalten und aufbauen sei viel spannender als das Tagesgeschäft bei einem schon bestehenden Produkt.